Außergewöhnliches Festprogramm: Stade feiert den 350. Geburtstag der Gräfin von Königsmarck mit barocken Szenen, Kultur und Kulinarischem.

Stade. Schwerer Brokat, federleichte Hutkreationen, Krinolinen und Perücken, weißbestrumpfte stramme Männerwaden und nobles Schnallenschuhwerk bestimmten das barocke Geschehen dieser Tage in Stade. Es gab ein rauschendes Fest, von dem in der Hansestadt wohl noch oft geschwärmt werden wird. Mit Pomp, Pralinen und Preziosen feierte Aurora von Königsmarck in Stade einen runden Geburtstag. Dass es ihr "350." war, sah man der von Edith Bruns hinreißend verkörperten Aristokratin, die als eine der schönsten und geistreichsten Frauen Europas ihrer Zeit in die Annalen einging, nicht an.

"Meine Liebe, ein bisschen Puder und eine wohlgerichtete Robe wirken mitunter Wunder", verriet Maria Aurora von Königsmarck, Jahrgang 1662, ihr Schönheitsgeheimnis. Sie hatte natürlich aus gutem Grund mit Passion zur Puderquaste gegriffen, die Perücke frisch auflocken lassen und zartes Duftwasser aufgesprüht. Denn zu den Gratulanten gehörte auch Friedrich August I., Kurfürst von Sachsen, König von Polen, Großfürst von Litauen, genannt "August der Starke". Er war Auroras Geliebter und Vater des gemeinsamen Sohnes Moritz von Sachsen. Als Aurora im Jahr 1694 nach Dresden ging, um mit Hilfe Augusts des Starken ihren Bruder Philipp Christoph von Königsmarck zu retten, der im Welfen-Schloss zu Hannover verschwunden war, verliebte sich August in die schöne Staderin und machte sie zu seiner Mätresse. Ihre Schönheit betörte den Kurfürsten und ihre Liaison hielt bis kurz nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes Moritz zu Sachsen, am 28. Oktober 1696.

+++ "Ich lebte in einer ständigen Finanzkrise" +++

Ganz verliebt und kosend wandelten der von Rolf Bruns dargestellte August der Starke und Maria Aurora von Königsmarck nun noch einmal auf der Stader Museumsinsel. Dort trafen Geburtstagsgäste aus den Herrenhäusern und Berühmtheiten der Gesellschaft Europas ein. Auch große Meister, wie der Orgelbauer Arp Schnitger (Reiner Neuendorf) kamen, um Aurora, die auf Schloss Agathenburg aufgewachsen war, ihre Aufwartung zu machen und noch einmal auf die alten Zeiten den Pokal zu erheben.

Der Zeremonienmeister, filmreif gespielt vom Geschäftsführer der Stade-Tourismus, Frank Tinnemeyer, hatte alle Hände voll zu tun, die Untertanen auf Trab zu halten. Er dirigierte den Proviantmeister, Mägde und Knechte, damit es den Gästen an der Tafel an nichts mangele. Köstlichkeiten zur Völlerei an langer Geburtstagstafel wurden aufgetragen, dazu floss edler Wein und es erklangen barocke Menuetts, gespielt vom Vincent-Lübeck-Ensemble.

Es war ein außergewöhnliches Festprogramm, mit dem die Stade Tourismus GmbH die Geburtstagsfeierlichkeiten zu Ehren der Gräfin Königsmarck in der Innenstadt einleitete. Bereits am Freitag tauften Otfried Graf von Königsmarck und die Präsidentin des Stader Lionsclubs "Aurora von Königsmarck" eine prachtvolle, sattgelbe Rose auf den Namen der Jubilarin.

+++ Eine der einflussreichsten Frauen ihrer Zeit +++

In vielen Geschäften gab es passende Aktionen, Kulturelles und Kulinarisches zum Jubiläums-Thema.

Beim Aurora-Fest rund um die Große Schmiedestraße, wo die Gräfin geboren wurde, standen barocke Szenenspiele der Stader Gästeführer, Lesungen in der Buchhandlung Schaumburg und musikalische Darbietungen im Mittelpunkt.

Auch zum Arrangement "VerFührung in Barock" gehörten ein Szenenspiel in historischen Kostümen, die überwiegend aus der Kostümwerkstatt von Angela Gottschalk stammten, eine Fleetkahnfahrt auf dem Burggraben und die bei schönstem Wetter überaus gelungene Inszenierung eines "Höfischen Lebens" auf der Museumsinsel. Die Stader und Touristen waren gleichermaßen beeindruckt, wenngleich nicht alle etwas mit dem Namen Aurora in Verbindung bringen konnten.

Die Staderin Kerstin Maurer, die mit ihren Töchtern Christin und Janine die opulenten Kostüme bestaunte, konnte hingegen sehr genau den geschichtlichen Hintergrund zu Aurora aus Stade erklären. Die jüngeren Zuschauer wie Kim Jana Raht aus Twielenfleth und Alexandra Malmon aus Fredenbeck mussten auf Abendblattes kurz überlegen. "Aurora, da gab es mal was zu essen mit dem Sonnenstern und ein Magazin für Kultur, Wissen und Gesellschaft", sagten die Freundinnen kichernd. Und kramten in Erinnerungen nach der richtigen Antwort: "Aber in Geschichte haben wir den 30 Jährigen Krieg und die Zeit danach behandelt. Da spielte nach der Eroberung Stades durch die Schweden eine in Stade geborene Gräfin als Tochter eines Schwedengenerals eine Rolle."