Schulden, Sparkurs, Steuererhöhungen - in der Rolandstadt wird die Kommunalwahl von der Finanzmisere überschattet

Wedel. Es ist für die Wedeler Politiker schon ein Kreuz mit der diesjährigen Kommunalwahl. Denn das derzeit alles beherrschende Thema der Stadt ist so gar nicht populär. Mit einer Finanzmisere und damit verbundenen unpopulären Gegenmaßnahmen lassen sich Wähler schlecht locken. Doch da Wedels einst sprudelnde Einnahmequelle, die Gewerbesteuern, nicht mehr so reichlich fließen, braucht es Lösungen. Obwohl die Politiker bereits kräftig den Rotstift angesetzt haben, schlägt für 2014 voraussichtlich ein Minus von einer Million Euro zu Buche, 2015 von 700.000 Euro. Das lässt keinen Spielraum für kostspielige Wahlkampf-Ideen. Die 32.400 Einwohner der Stadt müssen sich vielmehr auf Einschnitte gefasst machen. Die Frage ist: welche? In ihren Programmen zur Wahl am 26. Mai gehen die fünf antretenden Parteien - CDU, SPD, Grüne, FDP und die Linken - unterschiedlich intensiv auf das heikle Thema ein.

Ausgaben runter, Einnahmen rauf: Mit dieser simplen Formel wollen die Christdemokraten Wedels erhebliches strukturelles Defizit von 4,5 Millionen Euro pro Jahr in den Griff bekommen. "Die Haushaltskonsolidierung hat bei uns oberste Priorität", sagt Stadtverbandschef Ulrich Kloevekorn, dessen Partei in der Bahnhofstraße 20 eigens ein Wahlkampfbüro eingerichtet hat. Liebgewonnene Standards im sozialen und kulturellen Bereich müssten auf den Prüfstand. Nur eins lehnt die CDU ab: weitere Steuererhöhungen. Bereits 2011 wurden bei der Grund- und Gewerbesteuer die Hebesätze nach oben geschraubt. "Damals haben wir uns schon schwergetan", so Kloevekorn. "Steuererhöhungen sind das letzte Mittel, zu dem wir greifen, um das über uns schwebende Damoklesschwert noch abzuwenden." Damit spielt er auf die drohende Intervention des Innenministeriums an, die Problem-Städten Einsparungen notfalls diktiert.

Für die Sozialdemokraten sind weitere Steuererhöhungen dagegen kein Tabu. Sie wollen mithilfe von höheren Gebühren die Einnahmeseite der Stadt verbessern und gleichzeitig die Ausgaben reduzieren. Damit Letzteres gelingt, wollen sie Prozesse und Kosten innerhalb der Stadtverwaltung optimieren. Doch bei allen anstehenden Preissteigerungen und Einsparungen legen die Sozialdemokraten Wert darauf, dass sozial Schwächere sich am Ende das soziale und kulturelle Leben in Wedel noch leisten können. Zum Beispiel soll die Einführung einer Sozialstaffel das gewährleisten.

Die Grünen plädieren wie die Linken im Kampf gegen das Millionen-Euro-Defizit dafür, auf das Expertenwissen der Bürger zurückzugreifen; Stichwort: Bürgerhaushalt. Halten sich die Grünen in ihrem Programm beim Thema Finanzen bedeckt, reden die Liberalen dagegen Tacheles. Angesichts von 50 Millionen Euro Schulden gibt es für die Wedeler FDP keine Tabus mehr. Den Bürgern mehr Aufgaben zumuten, Mitnahmeeffekte verringern, Gebühren erhöhen, Bauprojekte in bessere Zeiten verschieben und als letzter Ausweg eben auch Steuern erhöhen - das sind die Thesen der Liberalen. Zudem schlagen sie vor, Tafelsilber zu verkaufen. Konkret überlegen sie, 20 Hektar Grünland in der Marsch an die Stiftung Naturschutz abzugeben. Die Linken machen in ihrem Programm deutlich, dass mit ihnen "Luxus"-Projekte nicht zu machen sind. Als luxuriöse Altlasten führen sie beispielhaft die Maritime Meile und den Elbhöhenwanderweg an.

Kommt das Haushaltsloch die Wedeler schon teuer zu stehen, drücken die steigenden Miet- und Wohnpreise zusätzlich aufs Portemonnaie. Es ist das zweite große Wahlthema, dem die Linken gleich einen ganzen Maßnahmenkatalog widmen. Sie wollen Bauherren verpflichten, ab zehn Wohnungen aufwärts mindestens 30 Prozent sozialen Wohnungsbau zu schaffen. Ähnliche Festsetzungen befürwortet auch die SPD. Zudem wollen die Linken durch Erhaltungssatzungen und Erbpachtverträge Einfluss auf den Markt nehmen und eine kommunale Wohnungsgesellschaft gründen. Die Sozialdemokraten gehen sogar noch einen Schritt weiter. Sie wollen ein Prüfgutachten zur sinnvollen Realisierung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft forcieren. Zudem sprechen sie sich für eine Bodenbevorratungspolitik, maßvolle Verdichtung, Geschosswohnungsbau und die Einrichtung einer neutralen Wohn- und Tauschbörse auf der Seite www.wedel.de aus.

Die Grünen stehen für energiesparendes Bauen mit ökologischem Material sowie die Förderung von alternativen Wohnformen und ein nachhaltiges Konzept für das im Norden geplante riesige Neubauprojekt. Auch die Liberalen legen ihre Hoffnungen für neuen sozialen Wohnungsbau auf das südlich der geplanten Nordumfahrung gelegene riesige Bauvorhaben. Zudem wollen sie Hinterlandbebauung fördern und ebenfalls die Einrichtung einer Wohnungstauschbörse forcieren. Auch die CDU sieht in der Verdichtung des Stadtkerns und der Entwicklung der nördlichen Wohngebiete primäre Aufgaben der kommenden Jahre.