Großbaustelle auf den Wiesen an der Pinnau. In der Rellinger Feldmark entsteht neues Naturschutzgebiet als Ausgleich für die Westumgehung.

Pinneberg/Rellingen. Reger Fahrzeugverkehr herrscht seit Tagen in einem Revier, wo sich sonst eher Fuchs und Hase gute Nacht sagen: In der Rellinger Feldmark zwischen der Autobahn 23 und dem Feldweg An der Hirtenwiese wird entlang der Pinnau gebuddelt und gebaggert, was das Zeug hält. Riesige Radlader, geländegängige Lkw sowie Traktoren mit Anhängern sind auch bei Frost und Schnee fast im Minutentakt unterwegs, um Hunderte Kubikmeter Bodenaushub zu transportieren. Teilweise wird das Erdreich fortgeschafft, teilweise zur Flächengestaltung per Planierraupe verwendet. Die Großbaustelle dient jedoch nicht der Erschließung eines neuen Wohn- oder Gewerbegebiets, sondern steht im Zusammenhang mit der geplanten Westumgehung Pinnebergs. Die Trasse der Ausweichstraße, die nach Jahrzehnten vergeblicher Bemühungen nun im kommenden Jahr wohl endlich realisiert werden dürfte, ist allerdings in Luftlinie mindestens knapp zwei Kilometer von der Baustelle in der Feldmark entfernt.

Was das eine mit dem anderen zu tun hat, erklärt Klaus Stieghorst. "Die Wiesen an der Pinnau werden umgestaltet, um Ausgleichsflächen für die Westumgehung zu schaffen", erläutert der Pinneberger Stadtbaudirektor. Der Flächenausgleich ist nach seinen Worten bei größeren Bauvorhaben wie der geplanten Umgehungsstraße für die Kreisstadt gemäß dem Bundes- sowie dem Landesnaturschutzgesetz vorgeschrieben. Größtenteils werden die Ausgleichsflächen allerdings entlang der künftigen Umgehungsstraße geschaffen. Die zweispurige Entlastungsstrecke soll von der Einmündung des Westrings in die Mühlenstraße am westlichen Stadtrand aus fortgeführt und in Höhe der Autobahnanschlussstelle Pinneberg-Nord an die Einmündung Elmshorner Straße/Quickborner Straße angeschlossen werden. Neben der sieben Meter breiten zweispurigen Fahrbahn soll ein 2,50 Meter breiter Radweg verlaufen. Entlang der Strecke sind auf Teilabschnitten Lärmschutzeinrichtungen geplant. Die Kosten belaufen sich auf 28,85 Millionen Euro.

Die Planer erhoffen sich ebenso wie Tausende Anwohner der großen Verkehrsadern im Pinneberger Stadtgebiet, dass es mithilfe der Umgehungsstraße endlich eine wirksame Verkehrsentlastung geben wird.

Das bisher fertig gestellte Teilstück der Westumgehung zwischen dem Kreisverkehr Wedeler Weg/LSE und der Mühlenstraße brachte immerhin auf dem nördlichen Abschnitt des Wedeler Wegs eine gewisse Entlastung. Doch auf der Mühlenstraße und der Elmshorner Straße bilden sich nach wie vor während der Hauptverkehrzeiten lange Staus.

Ungeachtet eines noch offenen juristischen Verfahrens gegen das Projekt Westumgehung hat Pinneberg mit der Herrichtung der Ausgleichsflächen begonnen. Wie berichtet, hat die Firma Rowa mit Sitz an der Siemensstraße gegen den Trassenverlauf im unmittelbaren Einzugsbereich des Unternehmens geklagt.

Nachdem die Klage abgewiesen worden ist, steht die Entscheidung über die von Rowa beantragte Zulassung eines Berufungsverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht noch aus. Klaus Stieghorst ist jedoch zuversichtlich, dass mit dem Bau der Westumgehung Ende die ses Jahres oder Anfang 2014 begonnen werden kann.

Vor einem ersten Spatenstich müssen allerdings die Ausgleichsflächen funktionsfähig hergestellt sein. Weil im Pinneberger Stadtgebiet nicht genügend Areale zur Verfügung standen, hat sich die Verwaltung beim Nachbarn bedient. Auf Rellinger Gebiet wurden 16,6 Hektar Ausgleichsfläche aus Privatbesitz erworben. Die zuvor landwirtschaftlich genutzten Wiesen und Felder sollen nach Stieghorsts Worten naturnah umgestaltet werden. "Ziel ist es, eine extensiv genutzte Feucht-Grünland-Offenlandschaft mit wechselfeuchten Vernässungsflächen zu entwickeln", zitiert der Stadtbaudirektor die Vorgabe.

In der Praxis geht es darum, eine mit Mulden gestaltete Fläche zu schaffen, die bei höheren Grundwasserständen oder bei Hochwasser auf der Pinnau auf natürlichem Weg geflutet werden. Das neue Naturschutzgebiet soll jedoch den Bürgern nicht für Naherholungszwecke zur Verfügung stehen.

Der Ausgleichsraum zum Schutz von Flora und Fauna wird nicht öffentlich zugänglich sein, heißt es im Pinneberger Bauamt. Stieghorst rechnet damit, dass die Umgestaltung der früheren Landwirtschaftsflächen auf Rellinger Gebiet im Frühjahr abgeschlossen sein wird. Danach soll sich dann die Natur von selbst weiterentwickeln. Anders als bei ähnlichen Projekten wird es keine zusätzlichen Bemühungen geben, um die Ausgleichsflächen zu bevölkern. Eine Umsiedlung von Kleintieren oder Insekten sei nicht erforderlich, sagt Stieghorst.