Ex-Finanzminister Rainer Wiegard von der CDU will nun als Abgeordneter Druck machen, damit die Erhebung in Bargteheide wegkommt.

Bargteheide. Der Bargteheider Buckel prangt nach wie vor unübersehbar an der Einmündung der neuen Westumgehung. Beachtliche 1,40 Meter hoch, macht er die Überquerung der Kreuzung an der Alten Landstraße zu einem risikoreichen Abenteuer. Ob er jemals verschwinden wird, ist fraglich. Dabei schien die Sache klar zu sein. "Der Buckel kommt weg", verkündete der damalige Finanzminister Rainer Wiegard (CDU). Nun wird ihm Wahlkampfgetöse vorgeworfen. Das Abendblatt hat nachgefragt, ob er zu seinem Wort steht und wie es um die Zukunft des berühmten Buckels bestellt ist.

Hamburger Abendblatt:

Vor der Landtagswahl hieß es: Der Buckel kommt weg. Haben Sie zu viel versprochen?

Rainer Wiegard:

Nein. Überhaupt nicht. Wenn wir heute regieren würden, wäre das eine klare Sache. Ich hatte die Mittel für den Ausbau von Landesstraßen im Haushaltsentwurf für die nächsten beiden Jahre verdoppelt. Das Kabinett hatte dem zugestimmt. Und da war noch mehr für Stormarn drin: der Lückenschluss beim Radweg an der B 75 zwischen Bad Oldesloe und Lübeck, der Ausbau der L 71 in Reinfeld, die Ortsdurchfahrt in Trittau und die Umgehungsstraßen in Hammoor und Bargteheide. Wenn wir weiter regieren würden, wären alle diese Projekte in trockenen Tüchern - auch der Buckel-Umbau.

Sie regieren aber nicht mehr.

Wiegard:

Das stimmt. Und ich bin einigermaßen überrascht, was die Bargteheider Vertreter der jetzt in Kiel bestimmenden Parteien so von sich geben. Wo ist denn Frau Kastner von den Grünen? Sie ist doch jetzt Landesvorsitzende und damit Koalitionspartner. Sie hat hier groß getönt, der Buckel muss weg und bei der Bürgerinitiative unterschrieben. Jetzt trägt sie im Land Verantwortung und ist seitdem erstaunlich still. Und wo ist die SPD?

Die CDU hatte bei der Aktion der Anti-Buckel-Initiative nicht unterschrieben.

Wiegard:

Nein, weil mit Unterschriften allein noch nichts getan ist und weil sie falsche Hoffnungen wecken können. Stattdessen hatten mich meine Parteifreunde gebeten, als Landtagsabgeordneter und Minister etwas zu tun. Ich habe daraufhin den Leiter der Verkehrsabteilung im Wirtschaftsministerium, den Leiter der Lübecker Niederlassung des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr und den Bürgermeister von Bargteheide zusammengerufen. Alle haben gesagt, dass die jetzige Lösung ungeeignet ist.

Direkt mit dem Verkehrsminister haben Sie nicht gesprochen?

Wiegard:

Nein. Das wäre ja noch schöner. Für eine solche Sache! Mit dem Ministerium allerdings schon. Ich habe mit den drei maßgeblichen Verwaltungschefs gesprochen, die für die Umsetzung solcher Maßnahmen zuständig sind. Natürlich kann man alles so lassen, die Situation über zwei Generationen ertragen und damit 50 Jahre weiter leben. Aber alle haben gesagt: Wir wollen damit nicht leben.

Aber wer soll den rund 700 000 Euro teuren Umbau der Kreuzung bezahlen?

Wiegard:

Es gibt ein Kostenteilungssystem für den Fall, dass unterschiedliche Baulastträger beteiligt sind. Hier treffen Gemeindestraßen und Landesstraße aufeinander. Über den Daumen gepeilt wird Bargteheide danach wohl 30 Prozent der Kosten tragen müssen.

Und wenn die Politik das Geld nicht bewilligt? Da scheint es zu knirschen.

Wiegard:

Das würde mich sehr wundern. Ich kenne niemanden, der nicht vor der Wahl gesagt hätte, er will das Ding weghaben. Jetzt alles so zu lassen, weil es Geld kostet, kann nicht funktionieren. Das hat man vorher gewusst. Sonst gehe ich auf die Barrikaden. Das sollte man vermeiden.

Zahlt das Land dann den Rest?

Wiegard:

Das wird sich zeigen. Die Frage ist, ob die jetzt regierenden Parteien sich von dem abkehren, was ihre Vertreter hier vorher versprochen haben. Die Frage richtet sich jedenfalls nicht mehr vorrangig an mich. Und die Regierung wird nicht über den Buckel entscheiden. Da hätte sie viel zu tun.

Wer denn?

Wiegard:

Das ist Sache der Verkehrsabteilung und des Landesbetriebs und natürlich der Stadt Bargteheide. Genau die Parteienvertreter, die vor Ort gegen den Buckel getönt haben, müssten sich einsetzen. Sie könnten jetzt darauf drängen, dass der Radweg an der B 75 weitergebaut wird, dass Trittau seine Ortsdurchfahrt erhält, dass die Umgehungen in Hammoor und Bargteheide gebaut werden - und dass in diesem Zusammenhang der Buckel wegkommt, damit das nicht alles dem Regierungswechsel zum Opfer fällt.

Wenn Sie noch Finanzminister wären, hätten Sie ein Händchen drauf?

Wiegard:

Aber ja.

Woher hätten Sie das Geld genommen. Über einen Nachtragshaushalt?

Wiegard:

Nein. Man braucht keinen Nachtrag, um den Buckel wegzukriegen. Es wird auch nie im Haushalt einen Titel "Bargteheider Buckel" geben. Es gibt einen Etat für Straßenbau, in dem Landes- und Bundesmittel stecken. Und ob davon nun rote Gehwege, ein Buckel oder doch lieber ein Kreisel gebaut wird, das entscheiden die Verwaltungen. Und die haben hier, wie ich finde, bisher Murks abgeliefert. Auch wenn sie die Regeln eingehalten haben, denn diese Regeln passen einfach nicht für diese Kreuzung. Ich werfe den Verwaltungen und dem Planer vor, dass sie die Politiker nicht vorher darüber informiert haben, was hier entstehen wird. Kein Stadtvertreter kann aus einem technischen Plan die Höhenunterschiede erkennen. Das könnte ich auch nicht.

Gibt es Regressansprüche gegenüber dem Planungsbüro?

Wiegard:

Das muss konkret geprüft werden. Das Problem ist, in Deutschland halten sich viele akribisch an die Vorschriften, um eben nicht regresspflichtig zu werden. Gerade dann kann kurioserweise so etwas dabei herauskommen. Hätte man den Politikern vorher gesagt, das wird hier eine blöde Lösung, entspricht aber den Vorschriften, wäre man vermutlich zu einer anderen Lösung gekommen. Trotzdem. Die Landesverwaltung muss in jedem Fall noch einmal mit Sorgfalt prüfen, ob nicht doch fachliche Fehler gemacht wurden.

Manche sagen: Der Umbau ist zu teurer, zumal noch keine Unfälle passiert sind.

Wiegard:

Das ändert nichts an der Situation. Auch die Polizei gibt keine Garantie dafür ab, dass das so bleibt. Was geschieht in einem strengen Winter oder wenn Motorräder über den Buckel rasen? Ich halte das für höchst gefährlich. Neulich sagte eine Mutter in einer öffentlichen Veranstaltung, sie könne das ganze Theater nicht verstehen. Sie würde jeden Tag einmal mit ihren Kindern extra dahin fahren, um zu erleben, wie schön das ist, wenn man mit Schwung über die Rampe fährt. Ich war entsetzt. Wenn den Kindern was passiert, ist natürlich nicht die Mutter schuld. Dann geht sie zur Stadt. Und dann ist das Geschrei groß. Bisher ist noch keiner ums Leben gekommen, sagt die Polizei. Aber mit Verlaub: Es geht doch um die politische Bewertung. Wie schätzen wir das Risiko ein? Wenn man Murks angerichtet hat, dann muss man ihn auch beseitigen. Das ist meine Position.

Also ein Kreisverkehr?

Wiegard:

Das muss die Neuplanung ergeben. Es gibt in der Kreuzung gegenläufige Höhenunterschiede. Und dann soll hier 70 gefahren werden, weil es eine Umgehung ist - außerhalb des Ortes. Das ergibt problematische Situationen für Radfahrer. Es könnte schließlich auch in einer Abflachung der Kreuzung enden. Wichtig ist, dass die Entscheidung bis zum Frühherbst fällt, denn der Umbau erfordert ein Planfeststellungsverfahren. Und das dauert rund zwei Jahre. Bis dahin muss alles klar sein, sonst sind die Fördermittel und der Weiterbau der Umgehung in Gefahr.

Welche Möglichkeiten haben Sie, als Abgeordneter am Rad zu drehen und in der Buckel-Frage etwas zu bewegen?

Wiegard:

Meine Möglichkeiten haben sich total geändert. Ich kann jetzt ohne Rücksicht auf Regierungsdisziplin meinen Wahlkreis vertreten. Und davon werde ich Gebrauch machen.

Wie wird das aussehen?

Wiegard:

Noch bin ich einigermaßen moderat. Aber ich kann auch anders. Ich kann durchaus mobilisieren. Und hier ist schon eine Aktion, auf der man aufbauen kann: die Bürgerinitiative von Herrn Knoll. Oder ist die sonst stets gewünschte Bürgerbeteiligung nicht mehr gefragt, wenn sie Geld kostet? Schau'n wir mal. Ich habe zum 25. Jahrestag des Mauerbaus mit einer Mauer die Bargteheider Rathausstraße abgeriegelt. Mir fällt schon was ein.

Sind sie ein Aktionskünstler?

Wiegard:

Nein, kein Künstler. Aber wenn man etwas als richtig erkennt, muss man sich ohne Rücksicht auf wen auch immer dafür einsetzen. Das konnte ich als Minister nur beschränkt. Davon bin ich jetzt befreit.

Es gibt also immer noch die Chance, dass der Buckel verschwindet?

Wiegard:

Selbstverständlich. Vor allem, wenn sich die jetzt Regierenden daran erinnern, was sie gesagt haben, als sie noch in der Opposition waren.