Als erstes Busunternehmen im Land setzt die Kreisverkehrsgesellschaft in Pinneberg einen Elektrobus im regelmäßigen Betrieb ein.

Kreis Pinneberg. Um 10.31 Uhr hat die Kreisverkehrsgesellschaft in Pinneberg (KViP) gestern ein neues Zeitalter im öffentlichen Personennahverkehr eingeläutet. Busfahrer Heinrich Stannek startete seine Tour vom Buttermarkt in Uetersen mit einem nagelneuen Elektrobus auf der Linie 6663 zum Bahnhof in Pinneberg. Damit ist das Busunternehmen mit Sitz in Uetersen das landesweit erste, das einen abgasfreien E-Bus im täglichen Linienverkehr einsetzt. "Wir leisten hier Pionierarbeit", sagte Landrat Oliver Stolz, der zugleich als Vertreter des Mehrheitseigentümers der Gesellschafterversammlung vorsitzt. "Ich bin gespannt, ob der Elektrobus seine Alltagstauglichkeit unter Beweis stellt."

Bereits im Mai dieses Jahres hatte die KViP den in China gefertigten E-Bus vorgestellt. Seitdem hat das Unternehmen zwölf seiner 65 Busfahrer mit dem Umgang geschult und erste Probefahrten gemacht, sagte KViP-Geschäftsführer Hans-Jürgen Lamla. So müssen die Fahrer sich darauf einstellen, dass der Bus durch den Elektromotor schneller beschleunigt als die herkömmliche Dieselvariante und rückwärts genauso schnell wie vorwärts fahren kann. Der KVIP-Chef rechnet damit, dass sich die um 100 000 Euro höheren Anschaffungskosten bei diesem 380 000 Euro teuren Modell in fünf Jahren amortisiert haben werden. Bei einer durchschnittlichen Jahresfahrleistung von 60 000 Kilometern spare das Unternehmen rund 20 000 Euro im Jahr an Diesel- und viel geringeren Wartungskosten. "Ein Elektromotor hat so gut wie keinen Verschleiß." Nach etwa vier Jahren müssten allerdings die zwölf 1,5 Tonnen schweren Lithium-Eisenphosphat-Batterien für 40 000 Euro ausgetauscht werden.

Der vollelektrische Bus der KViP hat eine Reichweite von 250 Kilometern, die für jede der 16 Buslinien der KViP ausreicht, sagte Betriebsleiter Jens-Uwe Früchtenicht. Am Ende seiner Tour kehrt das Fahrzeug zum Betriebshof nach Uetersen zurück, wo die Akkus innerhalb von drei Stunden wieder aufgeladen sind. Die dafür nötige Energie besteht in Gänze aus erneuerbarem Wind- und Solarstrom, erklärt KViP-Chef Lamla. Der Quickborner Energieversorger E.on-Hanse habe der KViP dafür eigens eine separate Stromversorgung zur Verfügung gestellt.

Der erste Eindruck der Fahrgäste war gestern positiv. Christian Birdogan, der in Moorrege zugestiegen ist, sagte beim Aussteigen in Pinneberg: "Der Bus ist sehr leise, das ist sehr angenehm. Er fährt auch dynamischer an. Allerdings passen nicht ganz so viele Leute rein."

Der Mann hat Recht. Mit 11,50 Metern Länge ist der E-Bus tatsächlich einen Meter kürzer als die Diesel-Variante. Damit haben nur etwa 70 statt 85 Fahrgäste Platz. Im Bus sei der Geräuschpegel um zehn Dezibel geringer als sonst, sagte Lamla. Aber sehbehinderte oder unaufmerksame Fahrgäste brauchten keine Angst zu haben. "Die hören auch den E-Bus kommen." Die Rollgeräusche, die Hydraulik und die Ventilatoren am Fahrzeug ließen den Bus nicht völlig geräuschlos durch die Straßen fahren. Auch die Bodenwellen und der Straßenbelag machen sich weiterhin bemerkbar.

Das höhere Gewicht durch die Batterien wird vollständig durch den leichteren Motor ausgeglichen, sodass auch der leere E-Bus 11,8 Tonnen wiegt wie sein Diesel-Pendant, sagte Betriebsleiter Früchtenicht. Ansonsten fahre er genauso schnell wie dieser, nur eben ohne Abgase in die Luft zu pusten. Dies sei auch der Grund, warum sich die KViP nicht für die Misch-Variante mit Diesel- und Elektromotor entschieden haben, sagte Lamla. "Die Hybrid-Technik ist zudem extrem teuer."

Vollelektrische Busse seien in China zu Tausenden im täglichen Linienverkehr unterwegs und hätten sich bewährt, sagte Lamla. In deutschen Städten wie Lörrach und Osnabrück sind sie im Einsatz. Die KViP werde ihr umweltfreundliches Vorzeigestück jetzt auf allen Linien, im Stadt- und Umlandverkehr einsetzen, kündigte der KViP-Chef an. Auch auf den Linien der Mitgesellschafter PVG und VHH, die in ganz Hamburg sowie den Landkreisen Stormarn, Segeberg und Herzogtum-Lauenburg unterwegs sind, werde der neue E-Bus getestet. Im Frühjahr nächsten Jahres werde das Busunternehmen dann Bilanz ziehen und entscheiden, ob noch weitere der 32 Busse der Kreisverkehrsgesellschaft einen Elektroantrieb erhalten sollen. "Wir wissen, dass er leise und genauso leistungsstark wie ein Dieselbus ist", sagt Früchtenicht. Nun müsse sich zeigen, wie das Fahrzeug im alltäglichen Gebrauch zurechtkommt, "wenn die Türen 100-mal am Tag auf- und zugehen."

Lamla jedenfalls ist überzeugt davon. "Der Elektro-Mobilität gehört die Zukunft, und wir machen mit dem Elektro-Bus einen Riesenschritt in diese Richtung."