Pastoren sind bei Mahnwachen und Menschenketten dabei. Eine Initiative ruft auf zur Demonstration am Ostermontag in Brunsbüttel.

Kreis Pinneberg. Die Nordelbische Kirche unterstützt die Menschen in der Auseinandersetzung über das Ende der friedlichen Nutzung der Atomkraftwerke. Propst Thomas Drope, Uetersens Pastorin Kirsten Ruwoldt, Quickborns Pastor Thomas Meyer und andere haben in den vergangenen Wochen an den Mahnwachen teilgenommen und das Wort ergriffen - für den Atomausstieg.

"Wir müssen aus der Atomenergie aussteigen, weil niemand garantieren kann, dass es keinen Unfall gibt, weil niemand weiß, wie der Atommüll gelagert werden soll", sagt Propst Thomas Drope. Diese Ansicht vertritt die Nordelbische Kirche aber nicht erst seit der großen Atomkatastrophe in Japan. "Die Synode hat bereits 2008 beschlossen, den Ausstieg zügig anzugehen", sagt Drope.

Die Kirche geht dabei mit gutem Beispiel voran: Der Kirchenkreis hat zum 1. Januar einen Vertrag mit einem Ökostromanbieter geschlossen. Auch 38 von 55 Kirchengemeinden in der Region haben sich dieser Vereinbarung angeschlossen ebenso wie Pflegeinstitutionen, 13 Einrichtungen der Diakonie, sieben Friedhöfe und ein Kindertagesstättenwerk. Der Wechsel zu den regenerativen Energien, die unsere Umwelt mehr schonen, ist nach Ansicht des Propstes die beste Möglichkeit, die Risikotechnologie aufzugeben. Deutschland habe die technischen Fähigkeiten, diese Technologien im eigenen Land auszubauen und weltweit zu exportieren.

Sensibilisiert von den Ereignissen vor 25 Jahren in Tschernobyl

Doch auch Thomas Drope weiß, dass der Wille oft groß, aber das Fleisch manchmal schwach ist. Auch er selbst, so gesteht der Vater von zwei Kindern (14, 15), hat den Antrag für den Ökostromanbieter noch auf dem Schreibtisch liegen. Viele Pastoren denken genauso wie der Leiter des Kirchenkreises Hamburg-West/Südholstein.

Thomas Meyer, Pastor in Quickborn, hat lange geschwiegen. Dabei gehörte er als Student 1986 zu denen, die viele Aktionen in Berlin mitmachten und auf die Straße gingen, nachdem die Wolken mit den radioaktiven Niederschlägen vor fast genau 25 Jahren von Tschernobyl über die Bundesrepublik zogen. Sein Sohn war damals ein halbes Jahr alt und die Sorge der Eltern groß. Klar, dass die Familie bewusst Lebensmittel wählte, die möglichst unbelastet waren.

Thomas Meyer blieb nach seinem Berufseinstieg als Pastor ein stiller Unterstützer der Anti-AKW-Bewegung. Doch als die schwarzgelbe Regierung beschloss, den von Rotgrün ausgehandelten Kompromiss zum Atomausstieg aufzukündigen, und im Herbst längere Laufzeiten für alle Atommeiler durchsetzte, ging auch Meyer wieder auf die Straße. "Wir müssen wieder was tun!" Der Vater von mittlerweile drei Kindern reihte sich in die Menschenkette ein, die den Weg von Brunsbüttel nach Geesthacht abdeckte.

Nach den beunruhigenden Nachrichten aus Japan ergriff Thomas Meyer in Quickborn die Initiative. Seitdem organisiert er jeden Montag Mahnwachen am Forum. Die Großdemo in Brunsbüttel kann er allerdings nicht mitmachen, da sein Urlaub lange geplant war. Doch wenn es am Ferienort in Wismar eine Aktion gibt, wird er dabei sein.

Uetersens Pastorin Kirsten Ruwoldt schloss sich vor 25 Jahren der Gruppe "Eltern für unbelastete Nahrung" an. Sie nimmt teil an den Mahnwachen am Markt in Uetersen. "Wir haben Verantwortung für die Schöpfung. Dazu gehören Pflanzen und Tiere und auch wir selbst. In der Bibel steht, dass der Sündenfall mit dem Irrglauben einhergeht, der Mensch könne sein wie Gott - alles wissen und alles in die Hand nehmen, seine Welt selber erschaffen, regieren, kontrollieren. Nicht nur in der Bibel stellt sich dies als folgenschwere Selbstüberhebung heraus. Die Ereignisse in Japan und die Katastrophe von Fukushima haben uns vor Augen geführt, dass selbst in einem hochindustrialisierten Land, eine Situationen entstehen kann, die schnell und wie folgenschwer außer Kontrolle gerät. Die Kernenergie ist eine Technologie, die unkalkulierbare Risiken birgt. Ein Unglücksfall trifft nicht nur die Menschen heute, sondern hinterlässt unübersehbare Folgen bis in die Ewigkeit."

Aufruf zur Solidarität mit den Menschen in Japan

Propst Thomas Drope weiß, dass bei einem ähnlichen Unglücksfall in der dicht besiedelten Bundesrepublik die Lage noch schlimmer wird. Und er weiß, dass die Pastoren dann nicht fortlaufen dürfen, sondern bei den Opfern bleiben müssen. "Diese Situation möchte ich uns allen ersparen."

Bei allem Einsatz für ein Ende der Atomenergie in Deutschland mahnt Drope an die Menschen in Japan zu denken, die jetzt von Erdbeben, Flutwelle und Atomkatastrophe betroffen sind. Uetersens Pastorin Ruwoldt sagt. "Wir wünschen dem Volk, das es seinen Mut behält. Wir achten und bewundern die Menschen die Japan, wir nehmen Anteil an ihrem Leid, so weit wir es können und wir wünschen ihnen Kraft."

Anlässlich des 25. Jahrestages der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl rufen Initiativen, Verbände, Gewerkschaften und Parteien zur Demonstration am Ostermontag in Brunsbüttel auf. Es fahren Busse aus Wedel, Pinneberg, Uetersen und Elmshorn über das Mahnmal am Störsperrwerk und danach zum Atomkraftwerk Brunsbüttel.

Marianne Kolter von der Anti-Atom-Initiative im Kreis Pinneberg: "Vor dem Hintergrund der Atomkatastrophe in Fukushima bekommt der 25. Jahrestag von Tschernobyl eine neue Dimension: auch vermeintlich sichere Atomkraftwerke haben ein Restrisiko - und dieses Restrisiko reicht bei jedem Atomkraftwerk, um eine atomare Katastrophe auszulösen."

"Die Schrottreaktoren von Brunsbüttel und Krümmel dürfen nie wieder ans Netz, aber auch das Atomkraftwerk Brokdorf muss so schnell wie möglich vom Netz. Es liegt im Überschwemmungsgebiet der Elbe und gleichzeitige Sturmflut, Deichbruch und Stromausfall im Atomkraftwerk sind vor dem Hintergrund der Ereignisse in Japan denkbar", sagt Thorsten Berndt von der Anti-Atom-Initiative.