Fraktionschef Straub sieht wenig Asbestbelastung am alten Gebäude. Bürgermeisterin Hoß-Rickmann ist empört, nennt Vorgehen fahrlässig.

Halstenbek. Jasper Warncke geht in die 12. Klasse des Wolfgang-Borchert-Gymnasiums in Halstenbek. "Lehnt man sich in unserem Klassenraum gegen die Wand, lösen sich die Leisten am Boden und an der Decke", sagt der 18 Jahre alte Schüler. In der Aula riesele den Schülern bei jeder Erschütterung Dreck ins Gesicht. "Keine Ahnung, was das ist. Asbest?"

Unwahrscheinlich ist das nicht. Fest steht, dass das Schulgebäude aus dem Baujahr 1975 am Bickbargen in Halstenbek asbestbelastet ist. Die Halstenbeker Sozialdemokraten hatten sich Anfang dieses Monats klar für einen Neubau ausgesprochen. Die Christdemokraten streiten seit Bekanntwerden der Asbestbelastung für einen Neubau, ebenso die Grünen.

Nun stellt die FDP die Schwere der Asbestbelastung und damit die Notwendigkeit eines Neubaus infrage. Aus finanziellen Gründen sprechen sich die Freien Demokraten gegen einen Schulneubau aus.

+++ Schüler dürfen auf Neubau hoffen +++

In einem Leserbrief im Abendblatt verkündete Fraktionschef Herwart Straub: "Es handelt sich um ein Gebäude mit schwacher, aber gebundener Asbestbelastung." Die gesundheitliche Unbedenklichkeit sei hier durch Messungen nachzuweisen. Bei einer Gefährdung würden die Behörden das Gebäude sofort schließen.

+++ "Wir bauen hier die teuerste Schule Hamburgs" +++

Diese Aussagen empören Bürgermeisterin Linda Hoß-Rickmann. "Weil es schlicht falsch ist", sagt die Verwaltungschefin der Baumschulgemeinde. "Schwach gebundener Asbest ist die deutlich gefährlichere Variante der krebserregenden Fasern." Durch Alterung, Erschütterung, Beschädigung seien diese Asbestfasern flüchtig und damit krebserzeugend, besagen Gutachten. "Wir haben bei den Neubauüberlegungen von Anfang an alle Politiker einbezogen", sagt Linda Hoß-Rickmann. Alle hätten entsprechende Unterlagen zur Verfügung gestellt bekommen. Es sei daher unverantwortlich von der FDP, jetzt öffentlich zu behaupten, die Lage an der Schule sei nicht gesundheitsgefährdend, der Schulneubau Geldverschwendung. "Wir müssen dieses Gymnasium neu bauen. Alles andere wäre grob fahrlässig. Wir gefährden sonst die Gesundheit der Menschen. Jede Reparatur, jede Baumaßnahme setzt Asbest frei. " Stephan Tödter vom Fachdienst Gebäudemanagement hat die Notwendigkeit eines Neubaus des Wolfgang-Borchert-Gymnasiums aufgrund des im Gebäude vorhandenen schwach gebundenen Asbestes bestätigt. "Eine Sanierung beziehungsweise ein Neubau ist zwingend erforderlich", heißt es in einem Schreiben an die Bürgermeisterin. Untersuchungen durch ein Planungsbüro hätten Asbestbelastungen unter anderem in den Innenwänden, Abdeckleisten, in der Fassade in den Dehnungsfugen und in Stäuben in den Zwischendecken ergeben. Daraus ergebe sich die Sanierungsdringlichkeitsstufe I. Gemäß Asbestrichtlinie müsse unverzüglich begonnen werden.

Jasper Warncke und seinen Mitschülern wird die Lust an einem Aprilscherz, wie sie ihn in diesem Jahr mit ihrem Lehrer veranstaltet haben, damit vergangen sein. Sie hatten ein Handy in der Zwischendecke versteckt, dazu die Platten angehoben. "Dabei ist uns jede Menge Schmutz auf die Stirn gesegelt."