Auf der neuen Horst-Embacher-Allee im Garstedter Dreieck sind Radfahrer ausdrücklich gewünscht - auch, um den Verkehr zu verlangsamen.

Norderstedt. Sie wird so etwas wie die Hauptschlagader des neuen Stadtteils im Garstedter Dreieck sein, die Horst-Embacher-Allee. Die neue Verbindung zwischen der Kohfurth und dem Friedrichsgaber Weg soll die in den nächsten drei Jahren entstehende Wohnbebauung für etwa 3000 Neubürger erschließen. Außerdem die Kunden des Herold-Centers auf direktem Weg zu und weg vom Einkaufszentrum führen. Am 8. Oktober wird die Stadt mit den Bauarbeiten beginnen.

Doch zuvor präsentierten die Planer der Stadt im Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr am Donnerstagabend die Gestaltung der neuen Verkehrsachse. Und sorgten mit ihren ungewöhnlichen Ideen für die Verkehrsberuhigung auf der Straße für erhebliche Diskussionen und Emotionen bei den Kommunalpolitikern. Denn auf der nach dem Norderstedter Alt-Bürgermeister benannten Straße sollen nicht nur zwischen 12 000 und 15 000 Autos pro Tag fahren können. "Wir laden zusätzlich die Radfahrer ein, die Straße völlig gleichberechtigt mit den Autofahrern zu benutzen", sagte Norderstedts Baudezernent Thomas Bosse.

In vergangenen Diskussionen um die Straße hatte die Politik beschlossen, die Straße solle möglichst zur 30-Kilometer-Zone werden. Doch verkehrsrechtlich kann die Stadt das nur anordnen, wenn besondere Gefahrenlagen bestehen. Auf der neuen Horst-Embacher-Allee ist das nicht der Fall. "Also mussten wir uns Gedanken machen, wie wir den Verkehr auf der Straße mit anderen Mitteln verlangsamen", sagt Bosse.

So entstand die Idee der gleichberechtigten Fahrrad-Auto-Straße. Unter Radlern auch Radautobahn genannt. Zwar wird es auf der neuen Allee 2,50 Meter breite Fahrradwege auf beiden Seiten der Straße geben. "Aber eine Benutzungspflicht für Radfahrer besteht nicht", sagte Britta Einsiedler vom Fachamt für Verkehrsflächen bei der Stadt. Seit 1998 gibt es Gerichtsurteile, die Radler nur auf die mit blauen Schildern gekennzeichneten Radwege zwingen. Ansonsten gilt: Freie Fahrt auf allen Straßen. "Studien besagen, dass Radfahrer auf der Straße auch am sichersten unterwegs sind", sagte Einsiedler.

Für Baudezernent Bosse sind die Radwege ein Angebot an die älteren, unsicheren und kleinen Radfahrer. "Auf der Straße können die fahren, die sich schnell und sicher fortbewegen wollen." Die Radfahrer auf der Straße sollen dabei zusätzlich den Verkehr verlangsamen, wenn sie mit etwa 25 Stundenkilometern vor den Autos herfahren.

Verkehrsinseln auf der Straße mit Überschreitfuhrten für Fußgänger und eine beidseitige Bushaltestelle auf Höhe des kreuzenden Buchenweges, bei der die Busse auf der Straße halten und den Verkehr aufhalten, sind weitere den Verkehr beruhigende Elemente der Planung. 50 Stundenkilometer sollen auf der Horst-Embacher-Allee also erlaubt sein, aber nur selten ausgefahren werden können.

Schon während des Vortrags von Britta Einsiedler wurden in den Reihen der CDU ungläubig Köpfe geschüttelt. "Wenn man viel Geld in die Hand nimmt und gepflasterte Radwege baut, dann sollten die Radfahrer sie auch benutzen. Sie gehören nicht auf die Straße", sagte Stadtvertreter Arne Michael Berg. Als Lachnummer bezeichnete er überdies wartende Busse auf der Fahrbahn, die den Verkehr aufhalten. Fraktionskollege Arne Schumacher nannte das "unzeitgemäß", da sich stauende Autos Abgase und Lärm erzeugen würden. "Das ist nicht gut für die CO2-Bilanz!"

Dezernent Bosse konnte mit seinem Ärger über die Ablehnung der Pläne nicht hinter dem Berg halten: "Ihr Verhalten ist absolut inkonsequent", warf er den Politikern vor. Wer die Verkehrsberuhigung wolle, könne sich nicht gegen Radfahrer und wartende Busse auf der Fahrbahn wehren. "Da klappt Ideologie auf. Wenn sie das nicht wollen, dann beschließen sie es doch weg!", sagte Bosse ungehalten. Der Ausschussvorsitzende Jürgen Lange (SPD) glättete die Wogen und mahnte, das "Kriegsbeil" zu begraben und über die konkreten Maßnahmen auf der Straße im weiteren Verfahren zu diskutieren.

Zunächst wird am 8.Oktober mit den Bauarbeiten an der Anschlussstelle Friedrichsgaber Weg und am Kreisverkehr mit der Kohfurth begonnen. Am Friedrichsgaber Weg soll eine Ampelanlage den Verkehr in die Horst-Embacher-Allee regeln. Durch das künftige Baugebiet wird zunächst nur eine Baustraße gelegt, unter der die Versorgungsleitungen für das Viertel verlegt werden. Der eigentliche Ausbau der Horst-Embacher-Allee folgt erst in etwa drei Jahren, wenn die Wohnbebauung schon steht. Dann wird über die Fahrrad-Auto-Straße mit Bussen als Hindernissen endgültig entschieden.