Hamburg und Norderstedt könnten besser zusammenarbeiten. Norderstedts Oberbürgermeister Grote will Experimentierklausel.

Norderstedt. Hamburg müsse darüber nachdenken, ob man nicht Umlandgemeinden eingemeinden könnte, um Flächen für den Wohnungsbau zu bekommen - diese Aussage des ehemaligen Hamburger Oberbaudirektors im Hamburger Abendblatt hat Norderstedts Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote zum Schmunzeln gebracht. "Das kann natürlich keine Lösung sein. Bevor man solche Ideen realisieren will, sollte man erst Mal über eine bessere Zusammenarbeit zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg nachdenken", sagt der Verwaltungschef.

Die sei allerdings gerade beim Bau von Wohnungen schwierig. Norderstedt betreibe im Unterschied zum großen Nachbarn keinen kommunalen Wohnungsbau und könne keinen Einfluss auf die Vergabe nehmen. Allerdings besitze Hamburg auch hier Flächen, die bebaut werden sollen.

Bisher hat sich Zusammenarbeit über die Stadt- und Ländergrenzen hinweg allerdings als schwierig erwiesen. Hamburgs Ex-Bürgermeister Ole von Beust und sein Norderstedter Amtskollege waren sich zwar einig, dass sie das Gewerbegebiet Nordport gemeinsam entwickeln wollten. Doch dann machte die Großstadt einen Rückzieher. "Das war aus Hamburger Sicht verständlich, weil sie nur drauf gezahlt hätten", sagt Grote. Schuld sei der Länderfinanzausgleich gewesen. Hamburg hätte die Kosten für die Entwicklung der Gewerbeflächen an der Niendorfer Straße mittragen müssen, vom Verkauf aber nicht profitiert. Denn der Erlös wäre auf den Finanzausgleich angerechnet worden und hätte die Einnahmen der Hansestadt, die damals noch zu den Nehmerländern zählte, geschmälert.

Auch beim Ausbau des Verkehrsknotens Ochsenzoll haben sich die Nachbarn anfangs quergestellt. Sie befürchteten mehr Verkehr auf der ohnehin stark befahrenen Langenhorner Chaussee und stimmten dem Millionen-Projekt nur zu, wenn Norderstedt erst die Niendorfer Straße ausbaut. Schleswig-Holstein wiederum lehnte es ab, neue Krippenplätze für Norderstedter Kinder in der Kita St. Annen zu fördern, weil die Einrichtung 40 Meter hinter der Grenze auf Hamburger Gebiet liegt. Dabei werden dort seit Jahrzehnten Norderstedter Kinder betreut.

+++ Kooperation der kleinen Schritte +++

Da Norderstedt nahtlos an Langenhorn anschließt, wäre ein Zusammenarbeit mit dem Bezirk Nord auch bei der Bildung denkbar. Ohnehin besuchen Schüler aus Norderstedt seit Jahrzehnten Schulen im Hamburger Norden - bisher aber müssen sie tricksen, weil das offiziell nicht erlaubt ist. Der grenzübergreifende Schulbesuch führt immer wieder zu Streit zwischen den Ländern, wie das Gastschulabkommen belegt. "Es fahren inzwischen mehr Menschen aus Hamburg nach Norderstedt zum Arbeiten als umgekehrt", sagt Grote. Auch bei diesem Thema biete sich eine Kooperation an, beispielsweise, wenn es um attraktive Radwege oder Elektro-Mobilität geht. Größtes Streitthema aber bleibt der Fluglärm. "Natürlich würden wir es sehr begrüßen, wenn unsere Bürger weniger belastet werden. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass wir andererseits von der Wirtschaftskraft Hamburgs mit seinem Flughafen profitieren", sagt Grote.

Der stellvertretende Segeberger Landrat Georg Hoffmann geht davon aus, dass sich Hamburg und das Umland enger verzahnen werden, Bad Segeberg zum Hamburger Vorort werden könnte. "Wenn die Bahnverbindungen wie geplant verbessert werden, ist man schnell in der City, aber auch in Lübeck, Kiel und an der Ostsee." Die Verbundenheit mit der Metropole zeige der Schiffsbug im Briefkopf. Landrätin Jutta Hartwieg ist Vorsitzende im Bildungsausschuss der Metropolregion. Ziel ist, optimale Bildungs-, Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten zu schaffen. "Wir müssen Betrieben, die sich hier ansiedeln wollen, die entsprechenden Fachkräfte anbieten können", sagt Hoffmann.

Als positives Beispiel verweist Grote auf den Bus- und Bahnverkehr. "Hier klappt die Kooperation gut. Das sollten wir auch in der Verwaltung erreichen. Denn die Bereitschaft in den Köpfen ist da. Dagegen stehen aber häufig unterschiedliche Ländergesetze, die wir natürlich nicht einfach ignorieren können." Der Verwaltungschef fordert eine Experimentierklausel, wie es sie für die Zusammenarbeit unter den schleswig-holsteinischen Kommunen gegeben habe. Nur so konnte Norderstedt Große Kreisangehörige Stadt werden, aus dem Experiment ist inzwischen eine gut funktionierende Realität geworden.