Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote: Die Stadt Norderstedt muss sich vor allem auf Wünsche und Bedürfnisse der “Generation Y“ einstellen.

Norderstedt. Der Kreisel des neuen Verkehrsknotens Ochsenzoll muss saniert werden. Die Stadt hat fast 80.000 Einwohner und Fahrradstraßen, auf denen die Radler unter sich sind, die Oadby-and-Wigston-Straße ist nach Norden verlängert und hat den Verkehrsring um Norderstedt geschlossen. Die neuen Wohngebiete versorgen sich selbst mit Energie, und die Einnahmen aus Kommunikations- und Energiemanagement bilden starke Eckpfeiler im städtischen Haushalt - so sieht Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote Norderstedt im Jahr 2030.

Der OB ist sich sicher, dass sich auch sein eigenes Haus verändern wird: Die Verwaltung muss moderner werden. Sich auf eine Generation einstellen, die extrem technologieaffin ist, twittert und blogt, global vernetzt ist und sich in sozialen Netzwerken wie Facebook und Xing ganz selbstverständlich bewegt. Für eine kommunale Kommunikationsoffensive plädiert Norderstedts Oberbürgermeister, der sich in einer bundesweiten Arbeitsgruppe mit der Frage beschäftigt, wie sich Städte auf die "Generation Y" einstellen können - ein Sammelbegriff für alle, die zwischen 1979 und 1999 geboren sind, jetzt in die Unternehmen drängen und das Verhältnis von Freizeit und Arbeit neu definieren.

Die junge Generation ist es nicht gewohnt zu warten

"Wenn wir heute eine Anfrage, einen Antrag oder eine Beschwerde bekommen, wird der Absender nach einer Woche schriftlich benachrichtigt, dass sein Schreiben eingegangen ist und demnächst eine Stellungnahme folgt. Wenn sie so mit jungen Leuten verfahren, sind die für die Verwaltung und möglicherweise auch gleich für die Stadt insgesamt verloren", sagt Grote. Die junge Generation sei es nicht gewohnt zu warten, die Antwort müsse in einer halben Stunde da sein. Die Grünen zeigten, wie es geht, und hätten damit Erfolg bei jungen Menschen. Wer etwas von Jürgen Trittin oder Claudia Roth wissen will, habe in spätestens 30 Minuten eine Reaktion.

Natürlich säßen die beiden nicht 24 Stunden am PC, aber sie hätten die schnelle Reaktion organisiert. Da müsse auch Verwaltung hin, was veränderte Arbeitszeiten, eventuell mehr Mitarbeiter und vor allem das Okay der Datenschützer brauche.

Noch stärker als die Verwaltung müssten sich die Unternehmen auf die "Generation Y" einstellen, die die Demografie hinter sich weiß, hoch qualifiziert sei, sich die Rosinen-Arbeitsplätze aussuchen könne und entsprechend selbstbewusst auftrete. Kultur und Alltag in den Betrieben werden sich verändern, prognostizieren Sozialwissenschaftler, hin zu mehr Flexibilität und Toleranz gegenüber den Ansprüchen der jungen Mitarbeiter, die gern mal von 14 bis 16 Uhr ins Fitness-Studio oder zum Shoppen gehen, dafür aber von 20 bis 22 Uhr wieder ihren Job erledigen.

Die sogenannte work-life-balance verändere sich: "Wir Babyboomer, die zwischen 1946 und 1964 geboren sind, trennen Berufs- und Privatleben, erledigen den Job und widmen uns dann Familie und Freizeit", sagt Grote. Die jungen Leute trennen nicht mehr, sie wollten Spaß, Wellness und frische Luft dann, wenn ihnen danach sei. Spontan weg vom Schreibtisch, dafür aber abends oder auch am Wochenende wieder hin. Oder rein ins Home-Office. "Auch das Arbeiten zu Hause wird zunehmen, und mit unseren leistungsstarken Datenleitungen von wilhelm.tel bieten wir die nötige Technologie", sagt Grote. Im neuen Wohn- und Gewerbegebiet Frederikspark gibt es die Möglichkeit, Wohnen und Arbeiten zu kombinieren, und zwar nicht nur für Büroarbeit, sondern auch für nachbarschaftsverträgliches Handwerk.

Im Nordport will die Stadt Wünschen der Nachwuchskräfte nachkommen

Was die Arbeitgeber herausfordert, schlägt durch in die Stadtplanung. Gewerbegebiete der Zukunft müssen ganz anders aussehen als heute. "Früher hat man ein Gebäude hingestellt, vielleicht noch Parkplätze gebaut, und das war es dann. Das reicht heute nicht mehr", sagt der Verwaltungschef. Grünzonen zum Entspannen, Wege zum Joggen, Fitness- und Shopping-Center, Kitas und was man sonst noch so braucht müssten mitgeplant werden. Im Nordport will die Stadt den Wünschen der Nachwuchskräfte nachkommen und demnächst zumindest Einkaufsmöglichkeiten schaffen. Schwieriger dürfte das schon in den anderen Norderstedter Gewerbegebieten werden - viele sind in die Jahre gekommen. "Auch hier kauft unsere Entwicklungsgesellschaft Flächen auf, um sie an die modernen Herausforderungen anzupassen", so Grote.

Welche Themen der Oberbürgermeister in den kommenden beiden Jahren ganz konkret anpacken will, lesen Sie morgen bei uns. Was glauben Sie: Wie realistisch sind Grotes Visionen? Und: Was wünschen Sie sich für die Zukunft von und in Norderstedt? Muss die Stadt wachsen? Braucht sie ein Markenzeichen, das sie bundesweit heraushebt? Sagen Sie uns Ihre Meinung per E-Mail unter norderstedt@abendblatt.de oder schriftlich an Hamburger Abendblatt, Regionalausgabe Norderstedt, Rathausallee 64-66, 22846 Norderstedt.