Die bis zu 25 Meter langen Riesen-Lkw sollen während des bundesweiten Testlaufs auch auf den Norderstedter und Ellerauer Straßen fahren.

Kreis Segeberg. Die Gigaliner kommen und werden auch durch den Kreis Segeberg rollen. Das Bundesverkehrsministerium will ab Herbst in einem groß angelegten Feldversuch über mehrere Jahre testen, ob die bis zu 25 Meter langen Lkw den Schadstoff-Ausstoß reduzieren und die Transportkosten deutlich verringern können. Die Riesenlaster, die eineinhalbmal so lang sind wie herkömmliche Fahrzeuge und 50 Prozent mehr Ladevolumen bieten, sollen auch auf Landstraßen und innerörtlichen Straßen eingesetzt werden.

Zu den Teststrecken, die das schleswig-holsteinische Verkehrsministerium festgelegt und veröffentlicht hat, zählt auch die Oststraße in Norderstedt. Die Gigaliner sollen die Autobahn 7 an der Anschlussstelle Quickborn verlassen, um über die Kohtla-Järve-Straße (K 113) und die Schleswig-Holstein-Straße ins Gewerbegebiet an der Oststraße zu fahren. Dort betreibt die Handelskette Rewe ihr Auslieferungslager für die Lebensmittelmärkte im Norden, dort hat auch VW sein Vertriebszentrum für Ersatzteile - beides geeignete Anlaufstellen für Großtransporter.

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Betroffen vom Feldversuch ist auch die andere Seite der A 7: Von der Anschlussstelle Quickborn führt die Teststrecke über die Friedrichsgaber Straße, Bahnstraße und Ellerauer Straße auf die B 4 und dann weiter Richtung Hasloh und Bönningstedt. "Die Bahnstraße ist für Trucks mit solchen Dimensionen völlig ungeeignet", sagt Peter Groth vom Bürger-Forum in Ellerau, an deren Grenze zu Quickborn die Bahnstraße verläuft. Schon jetzt staue sich der Verkehr auf der Bahnstraße, wenn die Schranken geschlossen sind, um die AKN-Triebwagen passieren zu lassen. Durch die Gigaliner würde sich die Situation noch verschärfen.

Das hätte die Gemeinde dem Land auch mitteilen können, wenn sie denn informiert worden wäre. "Wir haben keine Informationen über die Strecken oder weitere Details zum Feldversuch bekommen", sagt Klaus Lange, Leiter der Stabsstelle im Ellerauer Rathaus. Ihm geht es wie allen anderen Kollegen. "Nichts Genaues weiß man nicht", heißt es auch im Norderstedter Rathaus. "Bisher liegen uns beispielsweise keine Angaben darüber vor, wo die Gigaliner genau fahren sollen und wie viele es sind", sagt Hauke Borchardt, Sprecher der Norderstedter Stadtverwaltung. Ohne diese Grundlage sei eine Stellungnahme unmöglich.

Auch die Politiker tappen im Dunkeln. "Wir wurden bisher nicht informiert", sagt SPD-Fraktionschef Jürgen Lange, zugleich Vorsitzender im Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr, in dem das Thema besprochen werden müsse. Lange lehnt es ab, dass die Riesenlaster durch Norderstedt fahren. "Die Straßen sind für solche Lasten nicht ausgelegt, und es ist nur eine Frage der Zeit, wann sie kaputt sind", sagt er. Zudem würden die Lang-Lkw den Verkehr gefährden, sie könnten kaum überholt werden und reizten zu gewagten Manövern. Wenn die SPD die Fakten kenne, könne er sich durchaus vorstellen, dass sie zum Protest gegen den Feldversuch auf Norderstedter Stadtgebiet aufrufe.

CDU-Fraktionschef Günther Nicolai kann sich grundsätzlich mit dem Feldversuch anfreunden: "Es gibt im Gewerbegebiet an der Oststraße durchaus Unternehmen mit entsprechendem Lieferbedarf." Aber auch er kann sich nicht vorstellen, dass die Gigaliner im gesamten Stadtgebiet unterwegs sind. "Und ich würde keinen einzigen Baum opfern, um Platz für diese Laster zu schaffen", sagt er.

Kritik kommt auch von der FDP: "Wir möchten die Schlachtschiffe nicht auf unseren Straßen haben", sagt Fraktionschef Klaus-Peter Schroeder. Zwar sei der Testlauf auf die Kohtla-Järve-Straße, Schleswig-Holstein- und Oststraße beschränkt, aber: "Aus jahrelanger Erfahrung wissen wir ja, dass sich die Fahrer immer wieder verirren, und ich möchte keinen Gigaliner auf der Ochsenzoller Straße erleben", sagt Schroeder. Zudem verfüge das Gewerbegebiet an der Oststraße über eine "hervorragende Schienenanbindung, die nur reaktiviert werden muss".

Das Land hätte sich weigern oder zumindest vor einem Ja zur bundesweiten Erprobungsphase mit den Städten und Gemeinden sprechen sollen, kritisiert GALiN-Fraktionschefin Maren Plaschnick. "Da auch die Fahrer von Gigalinern keine Maut zahlen wollen, werden sie nach Ausweichstrecken suchen. Und da ist Norderstedt geradezu ideal, sodass wir hier mit unverträglichen Gefährten belastet werden." Statt auf die Straße gehöre der Güterverkehr auf die Schiene - eine Auffassung, die Miro Berbig, Fraktionschef von Die Linke, teilt: "Hinzu kommt, dass die Ökobilanz der Riesen-Trucks wohl doch nicht so gut ist, wie bisher angenommen. Daher müssen die Ergebnisse des Feldversuchs sehr genau analysiert werden."

Zu den Teststrecken zählen auch die A 20 bis zur Anschlussstelle Weede und im Anschluss die Bundesstraße 206 bis zur A 21, Anschlussstelle Bad Segeberg-Nord - in der Kreisstadt hat sich schon Widerstand formiert.