Modellversuch des Bundes mit langen Lastwagen wackelt. Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen wollen Trucks testen.

Kiel/Hannover/Hamburg. Im Streit um den Einsatz von Riesen-Lkw (Gigaliner) kämpfen Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen möglicherweise auf verlorenem Posten. Alle drei Länder haben zwar bereits Teststrecken für die "Monstertrucks" festgelegt. Ob der vom Bund geplante Feldversuch mit den Lang-Lkw aber wie geplant in einigen Wochen anlaufen kann, ist angesichts des wachsenden Widerstands aus anderen Bundesländern offen.

"Es ist unser Ziel, den Feldversuch in Kooperation und nicht in Konfrontation vorzubereiten", sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Andreas Scheuer (CSU), dem Abendblatt. Das Ministerium habe die Meldefrist der Bundesländer daher bis zum 16. September verlängert. "Anschließend werden wir diese Stellungnahmen gründlich auswerten und dann alles Weitere angehen." Stichtag war eigentlich der 1. September, um noch in diesem Herbst bis zu 400 Gigaliner probeweise auf die deutschen Fernstraßen zu schicken. An dem mehrjährigen Test wollten sich ursprünglich sieben Bundesländer beteiligen, neben dem Nordtrio Sachsen, Thüringen, Bayern und Hessen. Das wichtige Transitland Hessen, durch das die Autobahn 7 führt, meldete vor Kurzem aber Bedenken an und sorgte damit in Norddeutschland für Entsetzen. "Wenn Hessen aussteigt, müssen wir uns Gedanken machen", sagte der Sprecher des niedersächsischen Verkehrsministeriums, Christian Budde. "Es wäre schön, wenn möglichst viele Länder mitmachen", ergänzte sein Kollege im Kieler Verkehrsministerium. Hier wie dort dürften die Landesminister nun in Gesprächen mit Berlin versuchen, den Trucktest zu retten.

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Schleswig-Holstein will etwa 20 Strecken für Gigaliner freigeben, darunter alle Autobahnen bis Hamburg, zahlreiche Bundesstraßen, einige Landesstraßen wie die Landesstraße 284 von Norderstedt nach Hamburg sowie wichtige innerörtliche Routen zu Gewerbegebieten etwa in Pinneberg oder Uetersen. Der Katalog aus Niedersachsen enthält auch Kreisstraßen, damit die Gigaliner ihre Ware bis zum Kunden fahren können. Hamburg ist zurückhaltender. "Der Feldversuch soll auf die Autobahnen und den Hafen beschränkt bleiben", sagte die Sprecherin der Verkehrsbehörde, Susanne Meinecke, dem Abendblatt. "Das Straßennetz in der Stadt ist ausgenommen."

In allen drei Nordländern wird versichert, dass die Teststrecken genau auf mögliche Hindernisse wie enge Kurven oder Kreisverkehre "gecheckt" wurden und Straßenschäden nicht zu erwarten seien. Grund: Die Testtrucks sind mit bis zu 25,25 Meter zwar länger als übliche Lkw (maximal 18,75 Meter), dürfen aber ebenfalls nur bis zu 44 Tonnen auf die Waage bringen. Der Vorteil der Lang-Lkw liegt in dem höheren Transportvolumen. Ein Gigaliner soll in zwei Touren so viel befördern wie ein Lkw in drei Fahrten, so insgesamt auch Kraftstoff sparen.

Die Gigaliner, die Fans als "Ökolaster" loben, sind zugleich heftig umstritten. SPD und Grüne, aber auch einige Automobilklubs und Pro-Bahn-Initiativen warnen davor, dass mit "Monstertrucks" die Stau- und Unfallgefahr wächst, mehr Güterverkehr von der Schiene auf die Straße verlagert wird. "Mit Gigalinern ist das steigende Verkehrsaufkommen nicht in den Griff zu bekommen", sagte die SPD-Verkehrsexpertin im Kieler Landtag, Marion Sellier. Um das festzustellen, brauche man keinen Feldversuch. "Die Infrastruktur des bundesdeutschen Fernstraßennetzes ist für solche Transporte nicht ausgelegt." Die SPD setze auf den Ausbau des Schienennetzes: "Die Eisenbahn wird das Transportmittel der Zukunft sein."

In Niedersachsen hat man vor fünf Jahren mit Gigalinern bereits gute Erfahrungen gemacht. In einem Landesversuch waren einige XXL-Trucks erfolgreich unterwegs. "Es gab auch keine Unfälle", berichtete Budde.

In Schleswig-Holstein sind derzeit bereits einige Riesenlastwagen mit einer Ausnahmegenehmigung für bestimmte Routen ganz legal auf Tour. Ein dänisches Unternehmen befördert etwa auf der Strecke Kaltenkirchen-Odense Blumen, ein anderes fährt zwischen Neumünster und Stapelfeld im Kreis Stormarn.