Henstedt-Ulzburg und Norderstedt wollen Kindergärten groß raus bringen: Tagesstätten sollen in Gewerbegebieten forciert werden.

Henstedt-Ulzburg/Norderstedt. Die Uhr tickt, was die Betreuung von Kindern angeht. Bis 2013 müssen die Städte und Gemeinden die Vorgaben der Bundesgesetzgebung erfüllen und für 35 Prozent ihrer kleinen Bürger unter drei Jahren einen Krippenplatz anbieten. In Norderstedt müssen in den nächsten zwei Jahren etwa 200 Plätze geschaffen werden. In Henstedt-Ulzburg fehlen 120 Plätze. Hinzu kommen die Eltern, die händeringend einen Elementar- oder Hortplatz für ihr Kind suchen. Bei der Schaffung neuer Kapazitäten in der Kinderbetreuung werden die Städte und Gemeinden jetzt kreativer. Sowohl in Henstedt-Ulzburg als auch in Norderstedt sollen Kindergärten in Gewerbegebieten entstehen. Bei der Finanzierung werden Kooperation mit Firmen gesucht.

Ein Kindergarten in ein Gewerbegebiet zu bauen, das könnte ein entscheidender Standortfaktor sein. Diese Ansicht vertritt Henstedt-Ulzburgs Bürgermeister Torsten Thormählen, der alles versuchen will, eine solche Einrichtung in seiner Gemeinde zu etablieren. Eine Umfrage vor drei Jahren hatte ein anderes Ergebnis gebracht: Kein Interesse an einem Kindergarten, bekundeten die Firmenchefs im Gewerbepark Nord. Heute weiß Torsten Thormählen, der damals noch nicht Bürgermeister war, welcher grundlegende Fehler dieser Umfrage zugrunde lag: "Es wurden nur die Firmenchefs befragt", sagt der Verwaltungschef. Er geht davon aus, dass die Belegschaft, vor allem die weibliche natürlich, ganz anders darüber denkt. Ein Kindergarten im Gewerbegebiet wäre, daran glaubt Thormählen ganz fest, ein absoluter Renner. Bei diversen Betriebsbesuchen in den ersten Monaten seiner Amtszeit als Bürgermeister hat er sich umgehorcht und ist auf Interesse gestoßen.

Der Henstedt-Ulzburger Bürgermeister geht davon aus, dass ein solcher Kindergarten ein gutes Vermarktungsargument wäre: Eltern können ihre Kinder während der Arbeitszeit unterbringen und sind im Notfall innerhalb weniger Minuten im Kindergarten, um sich zu kümmern. In Schleswig-Holstein, so weiß der Bürgermeister, gibt es noch keine Einrichtungen dieser Art. Henstedt-Ulzburgs Gleichstellungsbeauftragte Annegret Horn unterstützt ihn in dieser Ansicht und unterstreicht ihrerseits die Notwendigkeit einer solchen Einrichtung.

Der Bürgermeister spielt verschiedene Denkmodelle durch: Unter anderem kann er sich vorstellen, dass Firmen Platzkontingente für ihre Mitarbeiter erwerben. In jedem Falle sollte eine Immobilie gemietet, nicht gekauft oder gebaut werden. Ausschau hält er schon mal: Wenn Angebote auf den Tisch kommen blickt er "reflexartig" darauf, ob die Immobilie geeignet wäre. Das macht er ohne Votum der Politik, das er sich natürlich einholen müsste, wenn seine Gedankenspiele tatsächlich konkret werden. Bedenken hat Torsten Thormählen nicht: "Die Politik in Henstedt-Ulzburg ist so hervorragend, dass sie sich für gute Ideen begeistern lässt." Aber nicht nur die Immobilie müsste geeignet sein, auch der Standort ist seiner Auffassung nach wichtig. Ein Kindergarten neben einer Schrottfirma - das wäre kaum akzeptabel. Ein Kindergartenstandort müsste genügend Platz zum Spielen im Freien haben, es müsste auch Platz für eine eventuelle Erweiterung vorhanden sein. Ein Platz in der Nähe der Fun Arena, die demnächst an der Heidekoppel ihren Betrieb aufnimmt, wäre für Torsten Thormählen ideal, weil dann der dortige Schwimmbereich mitgenutzt werden könnte. "Ich habe klare Vorstellungen, wie ein solcher Kindergarten aussehen müsste." Das Finanzierungsmodell aber ist offen." Denkbar wäre auch eine Kooperation mit Nachbargemeinden.

Ähnlich Überlegungen wie in Henstedt-Ulzburg werden auch in Norderstedt angestellt. "Gewerbegebiete kannst du heute nicht mehr so planen wie früher. Eine Gewerbefläche neben die andere und fertig", sagt Norderstedts Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote. Aufenthaltsqualität, Einkaufsmöglichkeiten und Kinderbetreuung seien die Faktoren, die bei der zeitgemäßen Planung über den Erfolg eines Gewerbegebietes mitentscheiden. In der "Wohn- und Gewerbesiedlung Frederikspark" in Friedrichsgabe will die städtische Entwicklungsgesellschaft Norderstedt (EgNo) nicht nur Flächen für mittelständische Betriebe ausweisen. Wer hier arbeitet, kann in direkter Nachbarschaft ein Reihen- oder Einzelhaus beziehen. Oder gleich in kombinierten Gebäuden das Wohnen und Arbeiten vereinen. "Und wir planen den Bau einer Kindertagesstätte, um dem Bedürfnis nach einer wohnortnahen Betreuung der Kinder nachzukommen", sagt Grote. Drei Krippen- und zwei Elementargruppen soll die Kita umfassen. Was die Finanzierung angehe, sieht sich die Stadt, so wie die Nachbargemeinde Henstedt-Ulzburg, nicht allein in der Pflicht. Grote sagt, die Stadt stehe in "guten Gesprächen" mit unterschiedlichen Firmen. "Wir suchen die Kooperation", sagt er. Generell gebe es drei Modelle: "Große Firmen sind in der Lage, eigene Kitas einzurichten. Mittelständische Firmen können sich zusammenschließen und gemeinsam eine Einrichtung vorhalten. Oder die Firmen beteiligen sich an den Kitas, indem sie sich mit Betreuungskontingenten einkaufen", sagt Grote. Für den Frederikspark sind die letzten beiden Varianten denkbar.

Noch vor fünf Jahren hätten die meisten Firmenchefs beim Thema Kinderbetreuung einfach nur abgewinkt, sagt Grote. Doch in Zeiten des aufkommenden Fachkräftemangels und des gesetzlich garantierten Kinderbetreuungsanspruchs wachse die Gesprächsbereitschaft. "Große Firmen in Norderstedt haben uns angesprochen, welche Kooperationen in der Kinderbetreuung möglich sind. Auch hier laufen intensive Gespräche", sagt Norderstedts Oberbürgermeister.