Städte und Gemeinden haben kaum noch Streusalz. Dabei hat der Winter offiziell noch gar nicht begonnen. Jetzt wird Granulat und Sand eingesetzt

Kreis Segeberg. Der kalendarische Winter hat noch gar nicht begonnen, aber schon ist das Chaos perfekt: Nach der bisher dreiwöchigen Schnee- und Frostperiode geht den Städten und Gemeinden im Kreis Segeberg das Streusalz aus. Die Vorräte sind fast aufgebraucht, Nachlieferungen bleiben aus. Die Lehren aus dem vergangenen Winter sind offenbar verpufft.

Während der vergangenen Winterperiode war es erst nach etlichen Wochen zu Problemen mit den Streusalzlieferungen gekommen. Jetzt zeichnen sich diese Schwierigkeiten schon ab, bevor der Winter richtig loslegt. Dabei hatten die Städte und Gemeinden im Kreis Segeberg versucht, schon im Sommer günstig größere Mengen Salz einzukaufen.

Noch vor vier Wochen waren die Bürgermeister und Baubetriebshofleiter zuversichtlich, dass alle für diesen Winter gewappnet sind (die Norderstedter Zeitung berichtete). Jetzt sieht es vollkommen anders aus: Niemand ist mehr gewappnet, keiner weiß, wie es weitergehen soll.

Der Wege-Zweckverband und der Kreis Segeberg, die gemeinsam einen Baubetriebshof unterhalten, hatten bereits im Sommer 1000 Tonnen Streusalz für 68 Euro je Tonne geordert - mit der Option für Nachlieferungen. 1000 Tonnen wurden tatsächlich geliefert, mehr aber nicht. "Die Salzhersteller nehmen die Verträge nicht ernst", klagt Sven Osnabrügge, technischer Leiter des Wege-Zweckverbandes. "Beliefert werden jetzt nur noch Autobahn- und Straßenmeistereien." Die Hauptverkehrsadern wie Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen haben Vorrang, wenn es darum geht, die Fahrbahnen von Eis und Schnee zu befreien.

100 Tonnen Streusalz waren gestern, vor dem großen Schneefall, noch vorhanden. "Wir haben ein Riesenproblem", sagt Osnabrügge. Auf den Kreisstraßen wurden im vergangenen Winter 3500 Tonnen Streusalz verbraucht, in normalen Wintern sind es gerade einmal 700 Tonnen. Jetzt muss vermehrt Sand gestreut werden.

Auch in der Stadt Norderstedt sieht es nicht besser aus. Die Vorräte sind fast aufgebraucht. Von 500 Tonnen, die auf dem Bauhof der Stadt eingelagert wurden, sind rund 90 Prozent schon weg. "Wir sollen heute eine Lieferung bekommen. Ob das Salz wirklich eintrifft, ist aber mehr als fraglich, denn der Lieferant vertröstet uns seit Tagen", sagt Bauhofleiter Joachim Krüger.

Mit 500 Tonnen seien die zwei Streusalz-Silos bis oben hin gefüllt gewesen. "Mehr können wir nicht einlagern", sagt Krüger. Die Stadt setze darauf, dass die Vorräte kontinuierlich ergänzt werden. Entsprechende Verträge seien mit den Salzlieferanten geschlossen worden. Zugesagt sei eine Gesamtmenge von rund 800 Tonnen. Im vorigen Jahr habe es für den Restwinter Verträge über 400 Tonnen gegeben. Da müsse die doppelte Menge eigentlich ausreichen, lautete die Kalkulation.

"Wenn das Streusalz ausgeht, müssen wir eben Granulat ausbringen", sagt Krüger. Das sei nicht ganz so komfortabel für die Autofahrer und bringe auch andere Nachteile mit sich. So könnten Siele verstopfen, und das Granulat müsse mit Kehrmaschinen wieder beseitigt werden. Das bedeute zusätzlichen Aufwand.

Henstedt-Ulzburg und Kaltenkirchen haben im Sommer gemeinsam Salz für 65 Euro pro Tonne eingekauft. Henstedt-Ulzburg hat 250 Tonnen eingelagert, hat aber insgesamt ein Kontingent von 400 Tonnen geordert. Baubetriebshofleiter Arnim Steffens ist skeptisch: "Es ist sehr fraglich, ob der Rest noch geliefert wird." Er hat inzwischen festgestellt, dass die Streusalzpreise erheblich anziehen: Bis zu 200 Euro pro Tonne werden nach seinen Erfahrungen jetzt bereits von den Herstellern verlangt.

Wie schon im letzten Winter wird in Henstedt-Ulzburg wahrscheinlich ein Salz-Sand-Gemisch gestreut, wenn die Salzvorräte zur Neige gehen. Das aber kann teuer werden: "Die Kanäle leiden", sagt Bürgermeister Torsten Thormählen. "Sie müssen anschließend untersucht, gereinigt und eventuell repariert werden." In Kaltenkirchen neigt sich der Salzvorrat ebenfalls dem Ende entgegen. Rund 20 Tonnen lagern noch, georderte Nachlieferungen kommen nicht.

Der Städteverband Schleswig-Holstein gibt den Städten keine Schuld an dem aktuellen Problem. "Wenn die Lieferanten Verträge brechen, ist das natürlich ein großes Dilemma", sagt Geschäftsführer Jochen von Allwöhrden. Eine Vorgabe seitens des Verbandes über den Einkauf von Streusalz habe es nicht gegeben.