Die Zukunft des Henstedt-Ulzburger Bürgermeisters Torsten Thormählen bleibt weiterhin ungewiss. Eine Befragung ist nun vorgesehen.

Henstedt-Ulzburg/Ellerau. Rathaus, Erster Stock, 22.25 Uhr: Im Zimmer des Bürgermeisters erlischt das Licht. Torsten Thormählen verlässt seinen Arbeitsplatz und geht in die Tiefgarage. Für drei Wochen werden andere an seinem Schreibtisch Platz nehmen. Seit gestern ist der Bürgermeister, gegen den die Staatsanwaltschaft ermittelt, im Urlaub. Auf Antrag hat der Hauptausschuss ihm Erholungsurlaub gewährt. Danach werden die Mitglieder des Ausschusses ihn zu den Anschuldigungen befragen, um dann über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Das ist das Ergebnis einer zweieinhalbstündigen Sitzung hinter verschlossenen Türen.

Die Sitzung des Hauptausschusses, eigentlich terminiert für 18.30 Uhr, beginnt einige Minuten zu früh: Der kleine Sitzungsraum ist zu diesem Zeitpunkt überfüllt, auch vor der Tür auf dem Flur drängen sich noch Besucher. Alle erleben zunächst einen normalen Sitzungsverlauf, der sich kaum von anderen unterscheidet. Bürgermeister Thormählen sitzt direkt neben Karin Honerlah, der Ausschussvorsitzenden. Diese Konstellation entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie: Die WHU-Politikerin war 2010 die ärgste Konkurrentin Thormählens bei der Wahl zum Henstedt-Ulzburger Bürgermeister. Erst in der Stichwahl konnte sich Thormählen damals gegen sie durchsetzen. Heute ist Honerlah zusammen mit den anderen Mitgliedern des Hauptausschusses Dienstvorgesetzte des Bürgermeisters.

Während der Sitzung gibt sich Torsten Thormählen gelassen, nur wer genau hinhört und -sieht, bemerkt eine gewisse Anspannung. Er beantwortet alle an ihn gerichteten Sachfragen wie gewohnt. Erst gegen Ende des öffentlichen Teils merken die Gäste, dass es eben doch keine normale Sitzung ist. Da braust der SPD-Fraktionschef Ostwald auf und verwahrt sich vor weiteren vermeintlichen Alleingängen der Ausschussvorsitzenden. Er prangert an, dass Karin Honerlah gegenüber der Presse die Hinzunahme eines Fachanwaltes verkündet hatte, obwohl er selbst nichts davon wusste.

Amtsführung ist unzumutbar

Henstedt-Ulzburgs Bürgermeister nimmt Auszeit

Gegen 19.30 Uhr schließen sich die Türen. Um 19.50 Uhr setzt sich Bürgermeister Thormählen an seinen Schreibtisch, wo er offenbar beginnt, Dinge aufzuarbeiten. Er starrt lange Zeit vor sich hin, steht gelegentlich auf und macht sich an seinem Aktenschrank zu schaffen. Viele Besucher, darunter auch Gemeindevertreter, die dem Ausschuss nicht angehören, nehmen im Rathaus-Restaurant Platz, von wo aus sie den Bürgermeister am Schreibtisch beobachten können. Um 21.55 Uhr verlässt Thormählen den Raum und geht in Richtung Ausschusszimmer. Zehn Minuten später teilt Karin Honerlah das Ergebnis der Ausschusssitzung mit.

Das Parteibuch hat bei der Entscheidung keine Rolle gespielt

Leicht hat sich der Hauptausschuss die Entscheidung nicht gemacht. Mit Karin Glandt, Leiterin der Kommunalaufsicht und des Rechtsamtes beim Kreis Segeberg, und Fachanwalt Dr. Ulrich Mann aus Kiel, waren zwei Fachleute anwesend. Das Parteibuch hat bei der Entscheidung offenbar keine Rolle gespielt: Es sollen während der Diskussion und der Abstimmung keine "politischen Meinungsströme" erkennbar gewesen sein. Erst nach dem dreiwöchigen Erholungsurlaub wollen die Politiker den Bürgermeister zu den Anschuldigungen befragen.

Gegen Thormählen, wie mehrfach berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Bestechung und der Bestechlichkeit, des Verdachts der gemeinschaftlichen und gewerbsmäßigen Untreue. In seiner Eigenschaft als Vorstand der Kommunalbetriebe Ellerau soll er gemeinsam mit dem Prokuristen Klaus Lange rund 200 000 Euro Steuergeld veruntreut haben. Nach unbestätigten Angaben soll auch die Steuerfahndung auf der Spur von Thormählen sein.

Landrätin Jutta Hartwieg hat noch kein Disziplinarverfahren gegen Torsten Thormählen angestrengt, weil die Kommunalaufsicht noch keine abschließende Entscheidung getroffen hat. "Uns fehlen noch Informationen, aber wir kommen zügig zu einer Entscheidung", sagt Kommunalaufsichtsleiterin Karin Glandt. Für Disziplinarmaßnahmen ist die Landrätin zuständig, dienstrechtliche Dinge müssen vom Hauptausschuss geregelt werden.

Zur Sache äußert sich Fachanwalt Mann nicht, aber er wird die Politiker, falls gewünscht, auch weiter rechtlich begleiten. Er nimmt allgemein Stellung und betont, dass ein Beamter, auch ein Beamter auf Zeit wie Thormählen, nicht von sich aus zurücktreten könne. "Das müssen andere für ihn entscheiden, in der Regel also die Politiker." Wird ein Bürgermeister seines Amtes enthoben, verliert er nach Angaben Manns das Anrecht auf eine beamtenrechtliche Versorgung. Für die Dienstzeit als Beamter würden ehemalige Amtsträger bei der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert. "Das bedeutet einen finanziellen Verlust."

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