Niedersachsen und Schleswig-Holstein lehnen die Pläne der Bundesregierung ab, das klimaschädliche Gas unterirdisch zu speichern.

Kiel/Hannover. Der Norden protestiert gegen die Pläne der Bundesregierung, unterirdische Lagerstätten für Kohlendioxid (CO2) zu schaffen. "In Schleswig-Holstein wird es gegen den Willen der Bevölkerung keine CO2-Endlager geben", sagte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) dem Abendblatt. "Wir stehen der unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid kritisch gegenüber", sagte auch der niedersächsische Regierungschef David McAllister (CDU).

Die Ministerpräsidenten reagierten auf eine Greenpeace-Veröffentlichung. Die Umweltschutzorganisation hat eine bislang geheime Deutschlandkarte der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) bekannt gemacht. Auf der Landkarte sind 408 Standorte markiert, die sich für die Langzeitlagerung von Kohlendioxid in gepresster und verflüssigter Form eignen sollen. Die meisten liegen in Ostfriesland und im schleswig-holsteinischen Wattenmeer. Auch der Hamburger Stadtteil Billstedt kommt als Endlager des klimaschädlichen Treibhausgases infrage. Wedel ebenso.

Hintergrund ist ein Gesetzentwurf zu den CCS-Technologien, der demnächst im Bundeskabinett eingebracht werden soll. CCS steht für Carbon Dioxide Capture and Storage und bezeichnet das Abtrennen und Speichern des klimaschädlichen Treibhausgases CO2, das in großen Mengen bei der Erzeugung von Strom in Kohlekraftwerken entsteht. Das Abtrennen des Gases ist ein chemischer Prozess, der in einer Spezialanlage vorgenommen wird. Das konzentrierte CO2 wird per Pipeline zu einem Endlager transportiert. Dort wird es mithilfe eines Kompressors unter hohem Druck in bis zu 800 Meter tiefe Gesteinsschichten gepresst.

Greenpeace lehnt das vorliegende CCS-Gesetz ab. Verpressung löse das CO2-Problem nicht, sondern schiebe es nur um ein paar Jahre auf, sagte Greenpeace-Klimaexperte Karsten Smid. Beispiel Moorburg: Das Steinkohlekraftwerk soll 8,6 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr produzieren. Ein Endlager von der Größe wie das in Billstedt könne maximal 64 Millionen Tonnen aufnehmen. Darin könnte Moorburg allenfalls acht Jahre endlagern.

Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister pocht auf ein "starkes Mitspracherecht" des Landes bei Standortentscheidungen der CO2-Speicherung. Die Region Ostfriesland mit dem höchsten Anteil an Speicherkapazitäten mit den Kreisen Aurich, Leer, Wittmund und der Stadt Emden hat sich in der Vergangenheit nicht nur gegen die Anlage immer neuer Erdgasspeicher, sondern auch schon gegen den Bau von CO2-Speichern gewehrt. Der Landrat des Kreises Leer erinnert an die große Bedeutung des Tourismus für die Region. "Das CO2 zu lagern, ist das Gegenteil einer nachhaltigen Lösung des Problems", sagte er dem Abendblatt. Die Nordseeküste ist die wichtigste Tourismusregion Niedersachsens.

Schleswig-Holstein gilt seit Jahren als einer der Top-Standorte für unterirdische CO2-Speicher und kämpft vehement gegen den Einsatz der neuen Technologie. Im Landesteil Schleswig organisiert eine Bürgerinitiative den Widerstand gegen CCS-Lager.

Auf Bundesebene setzt sich Carstensen für ein CCS-Gesetz ein, das Schleswig-Holstein eine Art Vetorecht gegen Endlager oder zumindest ein Mitspracherecht einräumt.

Schleswig-Holstein war einst Vorreiter der CO2-Speicherung. Vor drei Jahren einigten sich die Kieler Regierung und der Konzern RWE darauf, in drei Regionen die Anlage von Erdspeichern zu untersuchen. Prüfgebiete waren Nordfriesland samt Sylt, die gesamte Westküste und der Kreis Ostholstein mit Lübeck. Die Pläne lösten einen Proteststurm aus. Seit mehr als zwei Jahren lehnen alle Parteien im Kieler Landtag CO2-Lager kategorisch ab.