Ryanair streicht wegen der neuen Luftverkehrssteuer seine Flüge zusammen. Doch der Bürgermeister hält an den Ausbauplänen fest.

Lübeck. Wenn zwei sich streiten, leidet der Dritte. Das politische Machtspiel um die Einführung der Luftverkehrssteuer zwischen der Bundesregierung und dem Billigflieger Ryanair schadet dem kleinen Regionalflughafen Lübeck-Blankensee. Und treibt ihn noch tiefer in die Schulden.

Für diesen Flughafen ist es wie ein Dolchstoß in den Rücken. Aufgrund der zum neuen Jahr eingeführten Luftverkehrsabgabe streicht Ryanair seine Flüge in Deutschland kräftig zusammen. Nur noch 16 statt früher 56 Flugzeuge werden pro Woche im Sommer 2011 in Blankensee starten. Mit der Streichung von Flugkapazitäten will Ryanair weiter Druck auf die Bundesregierung ausüben, die für Kurzstreckenflüge innerhalb Europas eine zusätzliche Abgabe von acht Euro beschlossen hat.

Den seit Jahren schon unrentablen Flughafen in Lübeck trifft die Entscheidung des irischen Unternehmens besonders hart: "Schon jetzt gleicht Blankensee einem Geisterflughafen", sagt Hans-Georg Weißkichel (CDU), Bürgermeister der angrenzenden Gemeinde Groß Grönau. Mit der Entscheidung zur Streckenreduzierung gießt das irische Unternehmen weiter Öl ins Feuer der politischen Debatten um die Schließung des Flughafens.

Dabei waren die Prognosen vor einem Jahr noch durchaus positiv. Mit dem Ausbau der Landebahn und der Einrichtung eines Instrumentenlandesystems wollten der Flughafen und die Stadt Ryanair davon überzeugen, mindestens eine Maschine fest in Blankensee zu stationieren. Nach der Einrichtung einer solchen Basis, so prognostizierte die Stadt Lübeck, sollte bei den Passagierzahlen bereits in diesem Jahr die Millionenmarke geknackt werden und der Flughafen endlich wieder schwarze Zahlen schreiben.

Die Bürger unterstützten das Vorhaben und gaben ihre Stimme für den Erhalt. Im April 2010 sprachen sich 67,4 Prozent der Lübecker in einem Bürgerentscheid für den weiteren Betrieb des Flughafens und die Modernisierungsmaßnahmen aus. Die Bürgerschaft und allen voran Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) sicherten die Finanzierung des Flughafens bis 2012 und bewilligten 2,4 Millionen Euro für den Ausbau.

Eine Investition, die nicht nur angesichts des Lübecker Rekordschuldenhaushalts mit über 100 Millionen Euro Defizit geradezu waghalsig ist. "In ersten Untersuchungen kam heraus, dass sich der Flughafen erst rechnet, wenn er drei Millionen Passagiere hat", erklärt Groß Grönaus Bürgermeister Weißkichel. Bis einschließlich Oktober verzeichnete Blankensee im abgelaufenen Kalenderjahr allerdings nur knapp 500 000 Fluggäste. "Die angestrebten Passagierzahlen werden damit bei Weitem unterschritten, und die Kosten steigen stetig. Man rechnet damit, dass jedes Jahr acht bis zehn Millionen Euro Defizit auftreten", sagt Weißkichel. Gemeinsam mit anderen Parteien hat er deshalb beim Oberverwaltungsgericht Klage gegen die Ausbaupläne von Bürgermeister Saxe und damit auch gegen die Umsetzung der Bürgerentscheids eingereicht.

Das irische Unternehmen seinerseits hat seine Pläne sowieso längst geändert. Mit der Einführung der Luftverkehrssteuer wird das Fliegen auch für Ryanair teurer, und so hat Unternehmenschef Michael O'Leary bereits zum laufenden Winterflugplan Kürzungen vorgenommen. Auch die versprochene Einrichtung einer Basis wurde von einer Ryanair-Sprecherin inzwischen für "unwahrscheinlich" erklärt.

"Ryanair versucht hier, politischen Druck gegen die Luftverkehrsabgabe aufzubauen", sagt Lübecks Bürgermeister Saxe. Für die von ihm geplanten Baumaßnahmen hätten die neuen Entwicklungen keine Konsequenzen. Ob die Lübecker unter den gegebenen Bedingungen jedoch noch zu ihrem Entscheid vom Frühjahr stehen, lässt sich nur spekulieren. "Der Bürgerentscheid hat gezeigt, dass die Lübecker Bevölkerung den Ausbau des Flughafens will. Dieser Wille ist in einer Demokratie zu respektieren", sagt Saxe. Durch die Modernisierungsmaßnahmen hoffe er, auch andere Fluggesellschaften vom Standort Lübeck-Blankensee überzeugen zu können.

Raimund Mildner von der Fraktion Bürger für Lübeck (BfL) gibt ihm in diesem Punkt recht: "Eine Stadt kann nicht darauf warten, dass irgendwelche Airlines zum Flughafen kommen, sondern muss auch aktiv etwas unternehmen, damit dieser auch benutzt wird." Bisher ist neben Ryanair die ungarische Billigfluggesellschaft Wizz Air die einzige Fluglinie, die nach Lübeck fliegt.

"Wir brauchen den Ausbau, um den Flughafen mittel- bis langfristig wirtschaftlich betreiben zu können", sagt auch Michael Lange, Geschäftsführer des Flughafens Lübeck und stellt sich damit hinter die Bestrebungen des Bürgermeisters, den Ausbau zu forcieren.

Den Bürgermeister hält auch eine weitere Klage gegen den Flughafen Lübeck nicht ab, die momentan beim Bundesgerichtshof verhandelt wird. Lufthansa und Air Berlin vermuten staatliche Beihilfen für Ryanair in Form von Rabatten bei Start- und Landegebühren. Müsste Ryanair diese, wie von den beiden Fluggesellschaften angestrebt, zurückzahlen, könnte dies, wie in einem vergleichbaren Fall in Straßburg geschehen, eine Abwanderung des Billigfliegers in eine andere Stadt bedeuten.

Saxe aber gibt sich optimistisch: "Die Klagen haben zu keinem Zeitpunkt unsere Entscheidung zum Ausbau infrage gestellt."

Momentan wartet der Bürgermeister noch auf den Entscheid des Oberverwaltungsgerichts, "um dann schnell mit dem Ausbau beginnen zu können". Um dem Planfeststellungsbeschluss zuvorzukommen, hat der Flughafen beim Gericht die Duldung der Baumaßnahmen beantragt. Der Zeitpunkt der Entscheidung ist noch nicht bekannt.

Ob Ausbau oder nicht - für das neue Jahr hat der Flughafen gerade eine miserable Prognose von lediglich 400 000 Passagieren herausgegeben und liegt damit weiter hinter den Erwartungen von vor einem Jahr. "Wir hoffen aber, dass die Problematik um die Luftverkehrssteuer im Jahr 2011 bereinigt werden kann. Dann gehen wir von einem wieder steigenden Passagieraufkommen für die Folgejahre aus", sagt Flughafen-Geschäftsführer Lange.