Er legte auf der Insel Sylt 17 Feuer in zehn Tagen und verursachte einen Millionenschaden. Täter lebt seit drei Jahren auf der Urlaubsinsel.

Westerland/Husum. Der mutmaßliche Serienbrandstifter von Sylt hat für seine Taten keine konkreten Motive genannt. „Vielleicht habe ich es gemacht, um auf mich aufmerksam zu machen“, zitierte Oberstaatsanwältin Ulrike Stahlmann-Liebelt den 46-jährigen Taxifahrer. Diese Aussage hatte der Mann in seinen Vernehmungen gemacht. Der Beschuldigte legte nach eigenem Geständnis 17 Brände innerhalb von zehn Tagen. Der Mann ist geschieden und lebte seit drei Jahren auf der Nordseeinsel. Zuvor hatte er sich mit Gelegenheitsjobs im Raum Gelsenkirchen (Nordrhein- Westfalen) über Wasser gehalten.

So richtig glauben können es die Sylter noch nicht, dass der Feuerteufel nun gefasst ist und nach dem Haftbefehl in Untersuchungshaft sitzt. "Ist es wirklich sicher, dass sie den Richtigen haben?", fragt die Vermieterin des Reetdachhauses, das der 46-Jährige zuletzt versucht hatte, in Brand zu stecken. Dort hatten Polizisten den Mann in der Nacht zu Sonnabend festgenommen. Immerhin: Die Polizei war sich schon sicher, dass er für die 17 Brände, die seit dem 11. August auf Sylt gelegt wurden, verantwortlich ist - und nun hat der Mann ein Geständnis abgelegt.

"Es bestand dringender Tatverdacht gegen den Mann", sagt die Husumer Polizeisprecherin Kristin Stielow. Ihre Erkenntnisse schließen die Ermittler aus Aussagen und Spuren. Welche das genau sind, wollen die Behörden bislang jedoch nicht sagen. Und das ist auch einer der Gründe, warum viele Sylter nur sehr zurückhaltend aufatmen. "Warten wir einfach mal die nächsten Tage ab", sagt so auch ein Retter der Freiwilligen Feuerwehr in Westerland.

Die Sylter Bürgermeisterin Petra Reiber ist da schon positiver gestimmt. Als sie von dem dringenden Tatverdacht gegen den 46-Jährigen, der auf der Insel als Taxifahrer gearbeitet haben soll, erfuhr, hielt sie sich auf einer Veranstaltung des Roten Kreuzes auf. "Viele der Mitarbeiter hatten bei der Hotel-Evakuierung in der vergangenen Woche geholfen. Die Leute haben gejubelt, als ich ihnen erzählen konnte, dass der Festgenommene für alle Brandstiftungen infrage kommt." Sie freue sich nun darüber, dass die Sylter wieder in Ruhe schlafen könnten.

Zuletzt hatte es in der Nacht zu Sonnabend an insgesamt fünf Orten in Westerland gebrannt. Schon am Freitag um 23 Uhr bemerkten Anwohner am Wenningstedter Weg einen Buschbrand. In dieser Straße hatte es bereits wenige Tage zuvor gebrannt. Um 1.47 Uhr ging der nächste Alarm bei der Feuerwehr und der Polizei ein. Im ersten Stock der Kneipe Old Pieten an der Ecke Kjeirstraße/Kirchenweg entdeckte Bewohner Björn Christiansen brennende Pappe in einem Sicherungskasten. Das Haus liegt nur etwa 100 Meter von der Westerländer Polizeiwache entfernt. Der Kellner war gerade vom Dienst nach Hause gekommen. "Ich habe die Pappe aus dem Sicherungskasten gerissen und ausgetreten. Der Täter muss kurz vor mir hier gewesen sein", sagt Christiansen. Außerdem hatte ihn stutzig gemacht, dass der Feuerlöscher nicht mehr in seiner Verankerung hing. Es war vermutlich der Brandstifter, der ihn abmontiert hatte. "Für mich ist das ein Mordanschlag", sagt Christiansen. "Wäre ich wenige Minuten später gekommen, hätte alles brennen können." Sechs Wohnungen gehen von dem schmalen Flur ab.

+++ Suche nach den Motiven des Sylter Brandstifters +++

Nachdem Björn Christiansen die Polizei gerufen hatte, bemerkte er, dass gegenüber am Bahnhof Westerland ein Müllcontainer brannte. Er selbst löschte noch die Flammen. "Ich ärgere mich, dass ich nicht noch ein wenig früher gekommen bin. Dann hätte ich den Kerl womöglich erwischt", sagt Christiansen.

Doch dieser war auf dem Weg zum nächsten Tatort - und musste dabei an der Polizeiwache vorbei. Er hatte es auf ein Reetdachhaus mit Ferienwohnungen in einer kleinen Wohnstraße abgesehen. Während die Vermieter schliefen, war der 13-jährige Andreas Reuß noch wach. Der Schüler aus Bonn verbrachte mit seiner Familie Ferien auf der Insel. Seine Eltern hatten bereits mit ihm geschimpft, da er vor der Heimreise noch bis tief in die Nacht vor dem Fernseher saß. Dabei sollte genau dieser Umstand das Leben der Bewohner retten.

Als er gegen 2.30 Uhr ins Bett gehen wollte, bemerkte er Rauch und Flammen am Reetdach. Der 13-Jährige rief die Feuerwehr, weckte seine Eltern, goss Wasser auf die Flammen. Dass er so vorbildlich reagierte, liegt womöglich daran, dass Andreas Reuß sich zu Hause bei der Jugendfeuerwehr engagiert.

Offenbar beobachtete der 46 Jahre alte Brandstifter die Löscharbeiten an dem Reetdachhaus. Polizisten entdeckten ihn in der Nähe des Tatortes. "Er versuchte noch wegzulaufen, aber die Beamten waren schneller", sagt Polizeisprecherin Kristin Stielow. "Er gab dann sofort auf und ließ sich widerstandslos festnehmen." Kurz danach meldeten Anwohner ein weiteres Feuer. Ein Schuppen brannte restlos aus.

Über den Täter ist bislang wenig bekannt. Es soll sich nicht um einen geborenen Sylter handeln. Der 46-Jährige soll in der Wohnung des Mehrfamilienhauses gelebt haben, in dem die Brandserie am 11. August begann. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft geht diese Serie komplett auf das Konto dieses Mannes. Bereits am Sonntag hatte ein Haftrichter auf Antrag der Ankläger Haftbefehl erlassen und der mutmaßliche Täter ist nun in Untersuchungshaft.

Sieben Menschen wurden während der Brände verletzt, 400 Menschen mussten aus Gebäuden gerettet werden. Sie wurden in einem ehemaligen Flugzeughangar untergebracht. Und dieser Hangar bleibt nun überraschenderweise bestehen. "Wir wollten den Hangar abreißen lassen und das angrenzende Gebiet renaturalisieren", sagt Bürgermeisterin Reiber. "Jetzt zeigt sich, dass es hilfreich ist, auf der Insel einen Ort für Evakuierungen zu haben." Demnächst lässt Bürgermeisterin Reiber deshalb über die Rücknahme des bereits beschlossenen Abrisses abstimmen.