Noch drei Brände auf Sylt. Polizei und Feuerwehr arbeiten an Rettungsplänen für Kliniken und Altenwohnanlagen

Sylt. Sozialneid oder gar Hass auf reiche Touristen scheidet als Motiv nach den neuesten Taten endgültig aus: Die drei Brände, die in der Nacht zu Mittwoch, zwei Tage nach der Feuerserie mit Millionenschaden auf Sylt, gelegt wurden, beschädigten das Carport eines schmucklosen Privathauses in Wenningstedt, den Gartenschuppen eines gewöhnlichen Ferienapartments und die Wandfarbe im Keller der Asklepios-Nordseeklinik, ebenfalls in Wenningstedt. Drei weitere Brände also.

Die Suche nach dem Feuerteufel auf der Ferieninsel ist bisher noch nicht von Erfolg gekrönt. Mehr als 50 Hinweise gingen zwar bis gestern Abend bei der örtlichen Polizei ein, ohne dass eine allzu heiße Spur darunter wäre. In Westerland, Wenningstedt, List und Kampen bereiten sich Feuerwehr, Retter und Ordnungsdienst unterdessen auf weitere mögliche Einsätze vor.

Hans Wilhelm Hansen, 57, ist kein Mann der großen Worte. Im grauen Alltag gehören Verstöße im ruhenden Verkehr, Nichteinhaltungen der Räumpflicht und die Sicherheit bei Veranstaltungen aller Art zu seinem Verantwortungsbereich. Seit Beginn der Woche ist er plötzlich Krisenmanager. Hansen: "Das Handy ist immer an, Tag und Nacht - und es klingelt auch ständig." Vor allem natürlich der Montag, jener Tag, an dem er plötzlich ein Camp mit 380 Evakuierten bei Laune zu halten hatte, der hatte es in sich. Aber auch die Folgetage: Gestern trafen sich Vertreter von Ämtern, Polizei und Feuerwehr, um Rettungspläne für die großen Kliniken, Altenwohnanlagen und Kindereinrichtungen durchzusprechen. Auf Sylt leben und erholen sich neben den Schönen und Reichen gerade im Sommer viele, denen es nicht so gut geht - und auch jene, die schwer krank oder massiv gehandicapt sind.

Zwischen den Besprechungen organisiert Hansen Nachschub an Verbrauchsmaterial für die Wehren, schaut beim schwer beschädigten Hotel Windrose und der Akademie am Meer vorbei. Die halbe Insel ruft ihn an. "Leute von größeren Hotels, Heimen und Kliniken fragen mich, ob sie einen privaten Wachdienst organisieren sollen, der nachts Streife geht. Ich stelle es ihnen frei, sage aber auch, dass sie alle Maßnahmen mit der Polizei abstimmen sollen." Heim- und Klinikleitern rate er, so Hansen, zusätzliche Kontrollgänge zu machen und vor allem im Erdgeschoss sämtliche Fenster und Türen verriegelt zu halten.

50 Hinweise auf eventuelle Täter hat die Polizei seit den Bränden erhalten. Darunter auch einige auf Personen, die schon in den 70er-Jahren mal Feuer gelegt hatten. "Alle Hinweise werden akribisch geprüft", sagt Kristin Stielow, Sprecherin der Polizei in Husum. "Bislang ist noch keine wirklich heiße Spur dabei gewesen. Natürlich werde auch geprüft, ob sich inzwischen Trittbrettfahrer auf der Insel austoben. Brandermittler untersuchten auch gestern noch einmal die Orte, an denen der Serientäter die größten Schäden anrichtete. Neben der Akademie am Meer war dies das Hotel Windrose.

Dort sollten eigentlich auch die Musiker der Hamburger A-cappella-Combo LaLeLu unterkommen. Sie spielten gestern Abend auf der Bühne des Meerkabaretts in Rantum. Bandmitglied Sören Sieg: "Wir hatten fünf Zimmer reserviert. Aber die konnten wir ja nun nicht mehr nehmen." In weiser Voraussicht packten die LaLeLu-Sänger ihre Schlafsäcke ein. "Zur Not muss auf der Bühne geschlafen werden", sagt Sieg. Gerade für ihn schwierig, weil er seinen kleinen Sohn mit zum Auftritt gebracht hatte. "Ich hatte es ihm schon so lange versprochen", sagt der Vater. Die beiden kamen schließlich "bei Bekannten von Bekannten" unter.

Nach wie vor sind so gut wie alle Betten auf der Nordseeinsel belegt. "Größere Stornierungen gab es nicht", sagt Tourismus-Sprecherin Tanja Lübcke. Unter Wirten und Touristen war die Brandserie gestern kaum noch ein Thema: "Darüber redet hier keiner. Das ist gar kein Thema", sagt Herbert Seckler, der legendäre Sansibar-Chef. Dirk Ipsen, Bürgervorsteher der Gemeinde Sylt, vermutet einen Menschen mit pyromanischer Veranlagung hinter den Taten: "Das ist doch krankhaft, ein Altenheim oder ein Hotel anstecken zu wollen."

Ordnungsamtschef Hansen will sich nicht an Spekulationen über den Brandstifter beteiligen. Er sehnt sich nach einer Nacht ohne Handyklingeln. Und eins weiß er jetzt schon: "Wenn das hier alles vorbei ist, dann schenk ich mir einen ein. Der Feuerwehrchef, so berichtet er, habe sämtliche rund 400 freiwilligen Feuerwehrleute und die Rotkreuz-Retter der Insel zu einem Grillfest eingeladen. Es steigt, wenn der Feuerteufel gefasst ist.