Viele Angebote locken immer mehr Tagestouristen in die Stadt. Führungen durch die Altstadt ködern die Gäste für längere Aufenthalte.
Lüneburg. Es ist 11 Uhr vormittags an diesem Sonnabend Ende Februar: Vor der Touristeninformation in der Waagestraße sammeln sich schon die Gäste, die auf ihre Stadtführung warten. Es ist windig, der Himmel überwiegend bedeckt - doch den insgesamt 80 Touristen aus allen Ecken der Bundesrepublik macht das wenig aus. Interessiert lauschen Sie den einführenden Bemerkungen von Stadtführerin Ulrike Grudda.
Lüneburg boomt im Tourismus - das, sagt Lüneburgs Stadtmarketing GmbH, zeigen die stetig wachsenden Zahlen im Bereich der Stadtführungen. Im vergangenen Jahr brachten es Lüneburgs Stadtführer auf 5009 Einsätze, ein Plus von fast acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch die Übernachtungszahlen sind gestiegen, Lüneburg erreicht inzwischen niedersachsenweit Spitzenwerte: Im ersten Halbjahr 2011 gab es laut Stadtmarketing ein Plus von knapp 14 Prozent bei Übernachtungen.
Während früher die Saison auf die kurze Phase der Heideblüte Ende August und Anfang September beschränkt war, kommen die Touristen inzwischen das ganze Jahr. Heute Morgen ist die Gruppe sogar so groß, dass sie geteilt werden muss - auch das ist an einem Termin Ende Februar ein bemerkenswerter Vorgang. Ulrike Grudda ist seit 18 Jahren dabei und konnte hautnah beobachten, wie der Strom der Besucher in der Hansestadt von Jahr zu Jahr wuchs. "Als ich vor 18 Jahren angefangen habe, waren wir 20 Stadtführer. Inzwischen gibt es insgesamt 50 Kollegen und Kolleginnen, die im Einsatz sind", sagt sie.
Zu denen, die sich Wind und Wetter zum Trotz dazu entschlossen haben, der alten Salzstadt im Winter einen Besuch abzustatten gehört Stefan Eichler aus Northeim. "Die Stadt hat einfach einen guten Namen, und meine Frau und ich kannten sie noch nicht", sagt er. Den gestrigen Regentag hat er mit seiner Frau in der Salztherme Salü verbracht, auch das Angebot in dem Freizeitbad ist ein echtes Plus für die Stadt, findet er.
Für Birgit Anger aus Rendsburg ist es nicht die erste Begegnung mit Lüneburg und seinen geschichtsträchtigen Gassen. "Beruflich war ich schon mal da, aber jetzt wollte ich mir die Stadt privat auch einmal in Ruhe ansehen", sagt sie. Und gegen das Wetter ist ihrer Ansicht nach überhaupt nichts zu sagen. "Wieso? Es regnet doch nicht", meint sie - für eine Städtetour sei es genau richtig.
Die Geschichten aus der Stadtgeschichte sind schließlich im Sommer und im Winter spannend. Da geht es tief zurück ins Mittelalter, denn im 15. und 16. Jahrhundert hatte Lüneburg seine große Zeit. Das Salz machte die Stadt reich, die großen, roten Backsteinhäuser mit ihren imposanten Treppengiebeln zeugen noch heute davon. "Der Treppengiebel war einfach Schmuck für die Fassade, einen konkreten Nutzen hatte der nicht", erklärt Stadtführerin Ulrike Grudda den Besuchern. Auch der berühmte Taustein, der die Fassaden noch heute an vielen Häusern schmückt, sollte Eindruck machen und vom Reichtum der Hauseigentümer künden.
Dass es danach steil bergab ging mit der Stadt, auch davon zeugen heute noch die Gebäudefassaden überall in der Innenstadt. Weil man später für Neubauten kaum noch Geld hatte, blieb vieles aus Gotik und Renaissance in Lüneburg erhalten. "Ausgewechselt wurden dann oft nur noch die Haustüren. Die stammen in vielen Fällen aus dem Barock", erklärt Ulrike Grudda. Ob Lüneburg auch heute noch im Geld schwimmen würde, möchte einer der Besucher wissen: doch leider ist dem nicht so, die Stadt muss sparen.
"Diese Innenstadt ist doch ein Glücksfall", findet Ingrid Rotemund aus Bremen. Auch in ihrer Heimatstadt hat man das eine oder andere an mittelalterlichen Bauten vorzuweisen. "Aber Lüneburg ist hübscher", findet sie. "Alles ist so klein und verschachtelt, das wirkt richtig idyllisch, auch im Winter", sagt sie.
Der ARD-Fernsehserie "Rote Rosen" wegen ist jedenfalls heute Morgen offenbar kaum einer hier, auch Astrid Lux aus Vechta nicht. "Nein, wenn die Serie läuft, habe ich noch keine Zeit, um Fernsehen zu gucken", sagt sie. Sie unterstützt ihren Ehemann in dessen Betrieb in Vechta bei Osnabrück, beide fahren öfter über das Wochenende in eine fremde Stadt. "Von zu Hause können wir des Betriebes wegen nicht so lange weg", sagt Christian Lux.
Das idyllische Bild, das die Besucher von der Altstadt, dem bunten Wochenmarkt vor dem Rathaus und dem alten Hafen an diesem Tag mit nach Hause nehmen, wird wohl dafür sorgen, dass die alte Salzstadt dank Mundpropaganda noch eine Menge Gäste empfangen wird. "Im Juni feiern wir den Hansetag mit einem großen Fest, kommen Sie doch dann wieder. Wir freuen uns auf alle Besucher", empfiehlt Stadtführerin Ulrike Grudda.