Silke Jaspert ist Verbraucherschutz-Anwältin in Lüneburg. Sie rät, Widerspruch gegen die neuen Tarife der Versorger einzulegen.

Lüneburg. Die nächste bundesweite Gaspreisrunde trifft auch Kunden in Stadt und Landkreis Lüneburg. Der Grundversorger E.on-Avacon erhöht den Gaspreis um neun Prozent zum 1. September. Carolin Westermann, Sprecherin von E.on-Avacon Vertrieb in Helmstedt, begründet die steigenden Tarife mit höheren Beschaffungskosten für Erdgas auf dem Weltmarkt.

"Die Entwicklung in den vergangenen Monaten zeigt, dass Erdgas immer teurer wurde. Den veränderten Wettbewerbsfaktoren tragen wir mit der Tarifanpassung Rechnung", sagt sie. Westermann betont, dass die Preiserhöhung in Stadt und Landkreis unter dem Bundesdurchschnitt von elf Prozent liege. Ihr zufolge betragen die Mehrkosten für eine vierköpfige Familie mit einem jährlichen Gasverbrauch von 20 000 Kilowattstunden 114,24 Euro im Jahr. Bundesweit sind es laut Internetverbraucherplattform Verivox 133 Euro für einen Musterhaushalt mit dem gleichen Jahresverbrauch.

"Die neuen Preise gelten bis zum Ende der Heizperiode im März 2012. Das garantieren wir." Wie es danach weiter geht, sei offen. "Denn in der Zwischenzeit wird immer wieder neu kalkuliert, weil wir zu verschiedenen Zeiten und in unterschiedlichen Mengen Gas kaufen, um die Versorgung der Kunden zu sichern und die Preise so stabil wie möglich zu halten", so Westermann.

Der aktuelle Dreh an der Kostenschraube für Erdgas sei der erste seit Ende 2008, als der Preis um zwölf Prozent gestiegen war, so die Unternehmenssprecherin. "Mit der Tarifanpassung ab September liegen wir aber weiterhin unter dem Preisniveau von 2008", sagt sie. Gründe dafür seien, so Westermann, dass die Gebühren nach ihren Worten 2009 drei Mal um insgesamt 30 Prozent gesenkt worden waren und sie im vergangenen stabil geblieben sind.

Der zweitgrößte Gaslieferant mit 2800 Kunden in Stadt und Kreis, die Stadtwerke Barmstedt aus Schleswig-Holstein, hat das Entgelt bereits erhöht. Allerdings wesentlich moderater um 4,7 Prozent. "Wir haben beim Einkauf günstige Konditionen bekommen, die wir langfristig den Kunden anbieten können und zwar als Festpreis bis Ende 2012", sagt Bernd Szwirblatt von den Stadtwerken. Die Mehrkosten nach der Preisanhebung beziffert er für einen Vier-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden mit 50 Euro im Jahr.

Die Lüneburger Verbraucheranwältin Silke Jaspert rät Eon.Avacon-Kunden bei dem Unternehmen genau nachzufragen, um konkrete Gründe für die Gaspreiserhöhung zu bekommen. "Der Anstieg ist schon recht hoch. Kein anderes Verbrauchsgut außer Benzin ist so stark im Preis gestiegen wie Gas", sagt sie. Die Mehrkosten seien für viele durchschnittliche Familien nicht mehr tragbar. "Mindestens der Urlaub bleibt bei der Mehrbelastung bei vielen vierköpfigen Familien auf der Strecke."

Deshalb sollten Kunden den neuen Tarif nur unter Vorbehalt zahlen und gleichzeitig Widerspruch gegen die Preiserhöhung einlegen.

Sie bezeichnet die Argumente für den höheren Gaspreis als diffus. "Zumal der Bundesgerichtshof 2008 die Ölpreisbindung für Erdgas kassiert hat." Vielmehr glaube sie, dass sich bei E.on konzernintern die Gewinne zugeschoben werden. "Denn die Netze gehören E.on, sodass die Nutzungsgebühr für die Tochter Avacon nicht steigen kann."

Silke Jaspert betreute bereits insgesamt rund 200 Gerichtsverfahren gegen E.on-Avacon, 50 davon in Sachen Gas. Sie ist gleichzeitig stellvertretende Sprecherin der Interessengemeinschaft Energiepreise (Igel) Lüneburg, die sich 2005 gegründet hat. Damals war E.on-Avacon noch Monopolist in Lüneburg (die Rundschau berichtete). "Wir werden die Kunden dahin gehend beraten, dass sie den Markt beobachten und den Anbieter wechseln", sagt sie.

Die Anwältin favorisiert Stadtwerke in der Nähe des Wohnortes. "Weil sie oft günstiger sind und die Kundenbetreuung besser ist", sagt sie. Stadtwerke in der Region gibt es unter anderem in Winsen/Luhe und Geesthacht. Aber auch zu Energiegenossenschaften rät sie. "Die sind allerdings schwer zu finden, weil sie etwa bei Verivox oder anderen Plattformen nicht gelistet sind." Doch über die Recherche im Internet seien sie dennoch zu finden. Wer den Anbieter wechselt, müsse nach Ansicht von Silke Jaspert unbedingt eine goldene Regel beachten. "Keine Vorauszahlungen, die über den üblichen Monatsabschlag hinausgehen." Die Pleite des Strom- und Gasanbieters Teldafax vor einigen Wochen habe gezeigt, dass Vorauszahlungen für einen längeren Zeitraum bei der Insolvenz des Unternehmens verloren gehen.