Erste Warnstreiks im Öffentlichen Dienst heute auch in Lüneburg. Betroffen ist vor allem die Kinderbetreuung. Auch das Bürgeramt bleibt zu.

Lüneburg. Mit einer Kundgebung und ersten Warnstreiks protestieren heute Lüneburger Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes gegen das Scheitern der Tarifverhandlungen. Hunderte Demonstranten werden heute Vormittag auf dem Lüneburger Marktplatz zu einer Kundgebung erwartet, viele städtische Kindergärten und das Bürgeramt bleiben geschlossen.

Matthias Hoffmann, Bezirksgeschäftsführer der Gewerkschaft Ver.di, die zusammen mit Komba zum Streik aufgerufen hatte, ist von der großen Resonanz der Arbeitnehmer freudig überrascht. "Wir hatten nicht mit so vielen Teilnehmern an der Kundgebung gerechnet. Ursprünglich sollte sie in der Ritterakademie stattfinden, aufgrund der vielen Hundert Anmeldungen mussten wir sie auf den Marktplatz verlegen", sagt er. "Es ist deutlich zu spüren: Die Beschäftigten sind wirklich sauer, dass es in der ersten Verhandlungsrunde kein Angebot der Arbeitgeber gegeben hat."

Konkret heißt das in Lüneburg: Die städtischen Kindertagesstätten und das Bürgeramt bleiben heute zu, es läuft lediglich ein Notbetrieb. Ansonsten ist von der Arbeitsniederlegung allerdings nicht viel zu spüren: In der Kreisverwaltung streiken laut Sprecherin Katrin Peter nur wenige Mitarbeiter. Vereinzelt könne es eventuell deshalb zu etwas längeren Wartezeiten kommen. Auch im Städtischen Klinikum und in der Psychiatrischen Klinik werden heute einige Mitarbeiter nicht zur Arbeit erscheinen - die Patientenversorgung sei dennoch gesichert, heißt es in einer Pressemitteilung. Neapolitanische Müllberge sind in Lüneburg ebenfalls nicht zu befürchten. Beim kommunalen Entsorgungsunternehmen, der GfA, werde überhaupt nicht gestreikt, sagt eine Sprecherin: "Hier läuft alles völlig normal."

+++ Mehr Geld für Erzieher! +++

Ganz und gar nicht normal sieht die Situation dagegen in einigen städtischen Kindertagesstätten aus. Die Kitas Stadtmitte, Kaltenmoor, Schützenstraße, Klinikum und Kreideberg bleiben komplett geschlossen, die Kitas Heidkamp und Marienplatz sowie der Hort Hermann-Löns bieten einen Notdienst für Kinder an, die nicht zu Hause, bei Freunden oder Großeltern unterkommen können.

Die meisten Eltern nehmen es verständnisvoll und gelassen, auch wenn der Streik für viele Unannehmlichkeiten mit sich bringt. "Dieser Streik ist notwendig. Erzieher sind viel zu schlecht bezahlt. Die Leistung, die sie jeden Tag bringen, und die hohe Verantwortung, die sie mit der Kinderbetreuung übernehmen, wird überhaupt nicht anerkannt", sagt beispielsweise Nicole Schneider, deren fünfjährige Tochter Maja die Kita Marienplatz besucht. Die Unterbringung Majas ist für die Mutter kein Problem: "Ich bin selbstständig. Meine Tochter kann bei mir im Laden bleiben." Auch ihre dreijährige Cousine, die die gegenüberliegende Kita Stadtmitte besucht, wird Nicole Schneider heute Vormittag betreuen.

Die Solidarität unter den Eltern ist groß: Wer kann, hilft denen, die nicht zu Hause bleiben können. Wie zum Beispiel Martin Prigge und seine Frau. "Meine Frau und ich sind beide berufstätig", sagt er. Tochter Ida muss aber nicht in die Notfallbetreuung - sie besucht Freunde aus dem Kindergarten, deren Mutter zu Hause bleiben kann.

+++ "Vom Lohn bleibt kaum was übrig" +++

Keinerlei Verständnis für einen Streik in Kindertagesstätten und Krippen haben die Mitglieder des Kita-Stadtelternrats, die das Verhalten der Verhandlungspartner als "kindisches Muskelprotzen" bezeichnen. "Das ist inakzeptabel", heißt es in einer Pressemitteilung zum Thema. Es könne nicht sein, dass ein "Streit" zwischen Erwachsenen auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werde. "Gerade für Ein- oder Zweijährige ist es unzumutbar, eine Noteinrichtung zu besuchen. Krippenkinder sind noch viel mehr auf einen klaren Rhythmus, bekannte Orte und vertraute Bezugspersonen angewiesen."

Ob der heutige Donnerstag der einzige Tag ist, an dem die städtischen Kitas in Lüneburg geschlossen bleiben, entscheidet sich nach Aussage von Ver.di-Vertreter Hoffmann nach der nächsten Verhandlungsrunde am 12. und 13. März. "Sollte es da zu keiner Einigung kommen - und das halte ich für sehr wahrscheinlich -, dann werden wir für den 19. März erneut zu Warnstreiks aufrufen." Schon jetzt sollten sich Eltern deshalb nach einer Unterbringungsmöglichkeit für ihre Kinder umsehen. Wenn auch die dritte Tarifrunde und eine folgende Schlichtung kein annehmbares Ergebnis brächten, käme es im Mai zu unbefristeten Streiks, sagt Hoffmann. Ob davon aber auch die Kindertagesstätten betroffen sein werden, stehe noch nicht fest.