Der Grapengießer-Entwurf wird in der Hansestadt kontrovers diskutiert. Kaufleute wollen bis Ende des Monats noch 30 000 Euro sammeln.

Lüneburg. Wer Geburtstag hat, bekommt Geschenke, normalerweise. Das sieht die Lüneburger Kaufmannschaft ein bisschen anders. Anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Vereins in diesem Jahr wollen die Mitglieder der Stadt etwas schenken. Am Sande, vor der Industrie- und Handelkammer, wo jetzt noch Lena-Sophie, Marlon und Doreen über den Platz toben, soll bald ein Brunnen stehen, wenn es nach den Kaufleuten geht. Vor vier Wochen haben sie begonnen Geld zu sammeln, inzwischen sind 130 000 Euro zusammengekommen.

Lena-Sophies Vater Nicki Marquardt hat noch nichts von dem Projekt gehört. Der Entwurf entlockt ihm auf den ersten Blick ein knappes "Aha". Nach einem Augenblick Bedenkzeit findet der Lüneburger die Idee ganz charmant. "Warum denn nicht? Ich kann mir vorstellen, dass hier ein Brunnen gut passt." Die Dimensionen des Grapengießers, immerhin knapp vier Meter hoch soll er in die Höhe ragen, findet der 33-Jährige beachtlich. "Das sind ja gewaltige Ausmaße."

Das sieht Martin Aude, Vorsitzender des Vereins der Lüneburger Kaufleute ganz anders. Geradezu zierlich werde sich der Brunnen ausnehmen mit seinem runden Becken, das zwölf Meter von der historischen Fassade Am Sande 1 entfernt stehen soll. "Die Brunnen die hier früher standen, nahmen deutlich mehr Raum ein", sagt Martin Aude. Der Lüneburger Kaufmann ist optimistisch, dass der 365 Mitglieder zählende Verein die fehlenden 30 000 Euro bis Ende des Monats aufbringt. Die ersten Bauarbeiten sollen nach dem Hansetag beginnen. Ende des Jahres soll der Grapengießer dann eingeweiht werden. Seitdem die Kaufleute mit ihren Plänen an die Öffentlichkeit gegangen sind, wird über den geplanten Bau im Herzen der Stadt kontrovers diskutiert.

Carsten Haase ist kein Freund des ausgewählten Entwurfes. "Ich finde die Idee, einen Brunnen an der Stelle aufzustellen gut, aber der Entwurf nicht besonders schön." Auch in seinem Freundeskreis werde der Entwurf der Hamburger Künstlerin Doris Waschk-Balz kontrovers diskutiert, sagt der Zahnarzt. "Unglücklich" findet er es, dass die Lüneburger bei der Auswahl des Entwurfs nicht gefragt wurden. Er habe gehört, es gäbe Menschen, die viel Geld ausgeben würden, um diesen Entwurf zu verhindern. Martin Aude weist die Kritik zurück. "Die Stadt hat damals vor zwölf Jahren die Ausschreibung gemacht und die verschiedenen Entwürfe im Glockenhaus ausgestellt. Die Bürger wurden um ihre Meinung gefragt."

+++ Projekt Grapengießer: Brunnenbau soll im April starten +++

Vor wenigen Tagen erst haben die Mitglieder des Kulturausschusses der Stadt sich noch einmal für den Brunnen stark gemacht und entschieden, dass die Stadt die Wartungs- und Instandhaltungskosten in Höhe von 10 000 Euro im Jahr übernehmen soll. "Damit wollen wir der Stadt etwas zurückgeben und helfen, die Attraktivität des Platzes Am Sande zu steigern", sagt Aude.

Claudia Holzer hat von den Plänen in der Zeitung gelesen und spricht sich für den Brunnen aus. Einwände wie der von Curt Pomp vom Arbeitskreis Altstadt, dass das Bauwerk die historische Fassade der Industrie- und Handelskammer verdeckt, teilt die 43-Jährige nicht. "Ich kann mir gut vorstellen, dass an diese Stelle bald der Grapengießer steht." Die Lüneburgerin ist neugierig, welche neue Prägung er der Innenstadt verleiht.

"Dass es unbedingt jetzt sein muss", empört sich eine Dame, die lieber nicht ihren Namen verraten will. "Dieser Wettbewerb liegt doch schon ein paar Jahre zurück und jetzt soll er gebaut werden", sagt die gebürtige Hamburgerin, die schon lange an der Ilmenau lebt. Die Lüneburger Kaufmannschaft hat das Projekt bislang vor allem aus finanziellen Gründen nicht umgesetzt. In diesem Jahr ist das ganz anders. Der Siegerentwurf überzeugt die 60-Jährige nicht, auch wenn sie die Idee Am Sande einen Brunnen zu bauen, grundsätzlich begrüßt. "An sich ist das eine geeignete Stelle für einen Brunnen, aber der Grapengießer gefällt mir nicht. Aber das ist Geschmackssache."

Damit, dass nicht alle den Siegerentwurf gelungen finden, hat Martin Aude von vornherein gerechnet. "Wir haben erwartet, dass es Diskussionen gibt. Aber wir stehen nach wie vor zu dem Entwurf, der sich künstlerisch und konzeptionell durchgesetzt hat", sagt der Vereinsvorsitzende der Lüneburger Kaufleute.