Wentorf. Alle wollen ein Carsharing-Projekt, doch die Politik lehnt Dorfstromer ab. Unternehmer laden zum E-Mobilitätstreffen ein.

Die Enttäuschung bei den Bürgern war groß: Die Idee, in Wentorf ein lokales Carsharing-Angebot zu schaffen, ist im ersten Anlauf gescheitert. Die anderen Fraktionen haben im jüngsten Planungsausschuss einen entsprechenden Antrag der Grünen abgelehnt. Gemeint war mit dem lokalen Angebot der gemeinnützige Verein „Die Dorfstromer“. Reiner Freund, engagiertes Mitglied im Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC), hatte die Idee auch für Wentorf angeregt. Allerdings haben sich alle Fraktionen der Gemeinde ausdrücklich für ein Carsharing ausgesprochen, die Verwaltung noch einmal damit beauftragt, die Angebotslage zu prüfen und für Wentorf einen besseren Anbieter zu finden.

Reiner Freund winkt ab: „Das haben wir doch alles schon versucht. Wir arbeiten seit Mai 2022 daran“, sagt er. Zuvor waren alle Versuche, die bekannteren Anbieter in die Region Wentorf, Reinbek, Glinde und Oststeinbek zu holen, bei diesen auf wenig Interesse stießen. Torsten Dreyer (Grüne), Vorsitzender des Planungsausschusses, bestätigt: „Wir haben das alles schon ein paarmal probiert.“

Wentorfer geben Hoffnung auf Verkehrswende nicht auf

Der passionierte Radfahrer und Vertreter der Verkehrswende Reiner Freund wollte sich damit nicht zufriedengeben. Auf seiner Suche nach Alternativen landete er beim gemeinnützigen Verein „Die Dorfstromer“ aus Niedersachsen. Der ist mit seinem Carsharing „von Bürgern zu Bürgern“ schon in 20 Kommunen, darunter im Hamburger Stadtteil Finkenwerder, auf Gegenliebe gestoßen.

Torsten Dreyer (Grüne), Vorsitzender des Planungsausschusses, bedauert, dass der Antrag der Grünen für Carsharing gescheitert ist.
Torsten Dreyer (Grüne), Vorsitzender des Planungsausschusses, bedauert, dass der Antrag der Grünen für Carsharing gescheitert ist. © Susanne Tamm | Susanne Tamm

Nicht so in Wentorf. Die CDU wünscht sich hier eine Anbindung an Moia und an das Stadtrad-Modell aus Hamburg, plädiert für eine „ideologiefreie“ Verkehrspolitik. Dazu gebe es bereits konkrete Gespräche mit der CDU-Landesregierung.

CDU Wentorf für „ideologiefreie“ Verkehrspolitik

Hartmut Zeine, CDU-Ortsvorsitzender, stellt klar: „In den vergangenen Jahren wurde die Diskussion zu stark polarisiert: entweder Auto oder Fahrrad. Fußgänger oder Busverkehr. Dadurch haben sich viele Fronten verhärtet.“ Wenn nun auf der Hauptstraße deutlich weniger Autos fahren sollten, würden sich die Probleme nur verlagern. „Die Mobilitätswende wird nicht mit Druck und einem Gegeneinander erreicht, sondern mit guten und pragmatischen Lösungen“, sagt Zeine. Man müsse die Autofahrer mitnehmen, da immer noch die Hälfte aller Fahrten in Wentorf per Pkw erledigt würden.

Torsten Dreyer führt an, dass Moia bislang nur bis in den Hamburger Stadtteil Billstedt aktiv geworden sei. „Sie sind noch zehn Kilometer entfernt und noch nicht einmal in Bergedorf“, betont er. Das Hamburger Stadtrad wäre in Wentorf bereits möglich gewesen, hätten die Gemeindevertreter es nicht abgelehnt, die Kosten für die Stadtrad-Parkplätze zu übernehmen. „Soweit zur ideologiefreien Politik. Alle sind für ein Carsharing-Angebot und setzen es dann nicht um. Man gönnt den Grünen im Wahlkampf den Punkt für dieses Thema nicht.“

Moia und Stadtrad stehen auf dem Wunschzettel

Dr. Thomas Peters, Kreistagskandidat für die CDU will sich für einen Ausbau der E-Lade-Infrastruktur starkmachen. Denn Wentorfs Wirtschaft und die Bürger sind schon weiter als die Politik. Auto-Vorbeck, seit 25 Jahren vorwiegend als Kfz-Werkstatt am Südredder ansässig, setzt voll auf E-Mobilität. Für Sonnabend, 6. Mai, ab 11 Uhr lädt Geschäftsführer und Inhaber Stefan Vorbeck zum ersten Wentorfer E-Mobilitätstreffen ein. Ob für Pkw, Fahrrad oder Motorrad – alle an Elektrofahrzeugen Interessierten sind willkommen.

Vorbeck hat bereits 2014 auf dem Firmengelände eine Ladesäule mit zwei 22-kW-Ladepunkten mit Ökostrom vom E-Werk Sachsenwald installieren lassen. Jetzt gibt es dort einen neuen Schnell-Ladepark mit zwei 50-kW- und sechs 22-kW-Ladepunkten, der rund um die Uhr frei zugänglich ist.

Carsharing in Wentorf wird kommen

Der Wentorfer E-Auto-Stammtisch, Lisa Bohm von den electrifiedwomen, den elektro-infizierten Frauen, sowie Mitgliedern der beiden deutschen Tesla-Clubs wollen informieren, außerdem können natürlich Elektroautos getestet werden: alle Tesla-Modelle, Renault Zoe, VW ID3 und 4, BMW I3, Polestar, Hyundai Kona, Nissan Leaf, Fiat 500 E und viele andere.

Ralf Waitschies berichtet von seiner Reise mit seinem Elektro-Smart zum Nordkap, Ralf Lesko erzählt über die Dorfstromer. Und es gibt Kurzvorträge über die E-Mobilität bei Aral und BP, über die Lademöglichkeiten durch das E-Werk Sachsenwald. Dr. Hans-Georg Werder gibt einen Überblick über das autonome Fahren, die Berufsfeuerwehr Hamburg erläutert das Thema Sicherheit und Rettung im Elektrofahrzeug.

Auch Reiner Freund und Torsten Dreyer sind sicher, dass auch Wentorf ein Carsharing-Angebot bekommen wird. „Die Verkehrswende wird sich von der Politik nicht aufhalten lassen“, sagt Reiner Freund. Torsten Dreyer tippt, dass noch in diesem Jahr ein Anbieter sein Geschäftsgebiet auch nach Wentorf ausweiten wird: „Moia ist keine Alternative für Carsharing. Denn das wird zunächst nur in eine Richtung funktionieren, nach Hamburg. Damit kann niemand zum Baumarkt oder Richtung Schwarzenbek fahren“, sagt er.