Elbstrasse: Bürger können vorerst in ihren Häusern bleiben

"Hier ist doch noch gar nichts los. Die Auewiesen sind noch zu sehen und auf dem Lösch- und Ladeplatz gibt es nicht eine Pfütze. Ein Tag Vorlaufzeit bis zur Evakuierung ist viel zu knapp bemessen für die Räumung eines Hauses." In vielen Fenstern der Straße hängen Plakate, die den Unwillen der Bürger ausdrücken.

Sie können abgehängt werden: Gestern Nachmittag hat der Katastrophenstab seine Pläne revidiert und die für heute geplante Evakuierung vorerst ausgesetzt. Grund sind neue Prognosen, die nur noch einen Höchststand der Elbe von 9,20 Meter am kommenden Mittwoch vorhersagen. 115 Zentimeter weniger als befürchtet und drei Zentimeter weniger als im Jahr 2011 (siehe Seite 1).

Zusätzlich zur Lauenburger Altstadt muss aufgrund des Elbe-Hochwassers aber auch die Situation am Elbe-Lübeck-Kanal und im Industriegebiet verstärkt beobachtet werden. Darauf hat sich die Einsatzleitung vorbereitet. Bereits heute soll ein Deich am Kanal im Bereich Dalldorf mit Sandsäcken stabilisiert werden, um den Wasserdruck aufnehmen zu können. Hintergrund: In den vergangenen Jahren hatte es immer wieder Situationen gegeben, in denen Teile des Deiches abrutschten. Das gilt als problematisch, weil weite Teile der umgebenden Landschaft deutlich unter dem Niveau des Kanals liegen.

Im Elbe-Lübeck-Kanal wird ein höherer Wasserstand als üblich erwartet, weil er nicht mehr wie normalerweise an der Schleuse in die Elbe entwässern kann. Natürliche Zuflüsse speisen die Wasserstraße ständig mit Nachschub. "Das Wasser- und Schifffahrtsamt hat uns um die Sicherung gebeten. 2011 war es dort beim Hochwasser zu Sickerungen gekommen. Das, was wir jetzt machen werden, ist aber eine reine Vorsichtsmaßnahme", sagt Wehrführer Lars Heuer. Er inspizierte gestern Mittag gemeinsam mit einem Statiker die Gebäudesubstanz an der Elbstraße. Heuer: "Wir müssen wissen, wo wir wie pumpen können." Die Gebäude sind sicher, solange der Wasserdruck von außen innen aufgenommen werden kann. Das funktioniert, wenn entsprechend Wasser in den Kellern steht.

Das Industriegebiet hinter dem nach der Flut 2002 erneuerten Elbdeich gilt als sicher. Allerdings gehen die Experten davon aus, dass sogenanntes Qualmwasser unter dem Deich hindurchdrücken wird und dann die vorhandenen Gräben flutet. "Dafür hat der Wasser- und Bodenverband Spezialpumpen aus dem Raum Husum angefordert", sagt Bauamtsleiter Reinhard Nieberg. Nach Innenminister Andreas Breitner (SPD), der sich am Mittwochabend vor Ort informierte, kam gestern auch Umweltminister Robert Habeck (Grüne) zu einem Treffen mit der Einsatzleitung nach Lauenburg. Sonntag wird Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) erwartet. "Es ist gut, dem einen oder anderen, den man nachher bei konkreten Projekten mit in unser Boot holen kann, die Situation einmal persönlich vor Augen zu führen", sagt Bürgermeister Thiede.

Konkrete Aussagen waren und sind von den Landespolitikern zum derzeitigen Zeitpunkt nicht zu erwarten: "Ich bin schwer beeindruckt vom Einsatz der Helfer und der Nachbarschaftshilfe", sagte Breitner nach einem Gang durch die Elbstraße: "Lauenburg scheint auf das Hochwasser gut vorbereitet zu sein." Auf die Frage nach Landeshilfe für den Schutz der Altstadt wich er aus: "Darüber werden wir sprechen, wenn die Flut abgelaufen ist."