Geesthacht. Der Fraktion der Partei ist die Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes viel zu langsam. Was die Stadt Geesthacht sagt.

„Irgendwann reißt der Geduldsfaden“, sagt Jens Kalke von den GeesthachterGrünen. Grund seines Ärgers: Das Geesthachter Klimaschutzkonzept sei aus Sicht seiner Fraktion nicht mehr zeitgemäß, ist mit der Verabschiedung auf dem Stand von 2015 stehengeblieben. „Und dabei war Geesthacht 2015 die erste Kommune, die ein kommunales Klimaschutzkonzept hatte“, erzählt Jens Kalke.

Die Schuldigen verortet er im Geesthachter Rathaus. „Die Ratsversammlung hat im November 2019 beschlossen, das Klimaschutzkonzept der Stadt Geesthacht fortzuschreiben. Seit diesem Beschluss sind sage und schreibe dreieinhalb Jahre vergangen, und wir warten immer noch auf seine Umsetzung“, schreibt der Ratsherr zusammen mit Fraktionskollegin Laura Schwabe in einem offenen Brief an Bürgermeister Olaf Schulze.

„Wir fragen uns inzwischen, ob dieser Beschluss überhaupt umgesetzt werden soll“

„Es hieß zunächst, wir holen uns dafür einen externen Gutachter. Das fanden wir auch nachvollziehbar“, meint Jens Kalke. „Im vergangenen Jahr hieß es dann von der Stadtverwaltung, ,wir wollen es alleine machen’“. Dabei sei es geblieben. Für den Februar wurde dann eine Liste mit Vorschlägen für die Tagesordnung des Umweltausschusses angekündigt, dann für den März. Dieser fiel aus, aber für den April stünde das Thema nun auch nicht auf der Tagesordnung.

„Passiert ist wieder nichts, und wir fragen uns inzwischen, ob dieser Beschluss überhaupt umgesetzt werden soll. Wir fühlen uns veräppelt“, sagt Jens Kalke. „Wir bewerten den bisherigen Umgang mit dieser Thematik als krasse Missachtung eines Beschlusses der Ratsversammlung“, heißt es in dem Brief.

Deutschland strebt mittlerweile eine Klimaneutralität bis 2045 an

Die Erarbeitung eines integrierten Klimaschutzkonzeptes für Geesthacht wurde Ende 2012 beschlossen, die Auftragsvergabe zur Erstellung erfolgte ein Jahr später an die Arbeitsgemeinschaft der Diplom-Ingenieure Peter Bielenberg und Jörg Wortmann. „Das nach wie vor gültige Klimaschutzkonzept der Stadt Geesthacht formuliert als Ziel, dass die Stadt Geesthacht – ausgehend vom Jahr 2012 – bis zum Jahr 2050 die CO2-Emissionen um 80 Prozent reduzieren will auf der Basis eines Zwei-Grad-Szenarios. „Heute wird vielfach bis 2040 eine Klimaneutralität angestrebt. Es ist ein völlig überholtes Klimaschutzkonzept“, meint Jens Kalke zur Dringlichkeit des Themas.

Deutschland strebt mittlerweile eine Klimaneutralität bis 2045 an. Eine Kommune gilt dann als klimaneutral, wenn ihre Bewohner nur noch ein „klimaverträgliches Maß“ an Treibhausgasen verursachen, nach aktuellem Stand sind das jährlich weniger als zwei Tonnen CO2 pro Einwohner. Der Durchschnittswert in Deutschland liegt aktuell bei etwa elf Tonnen.

50.000 Euro für die Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes in Geesthacht

Für die Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes in Geesthacht wurden zunächst 50.000 Euro veranschlagt. Das Geld soll nach der Aufhebung eines Sperrvermerkes im vergangenen Jahr nun für einen externen Dienstleister in Sachen Wärme- und Kälteplan ausgegeben werden – „einem integralen Bestandteil des Klimaschutzkonzeptes“, heißt es aus dem Rathaus.

Die Ausschreibung wird gerade vorbereitet. So ein Plan zeigt Kommunen, wie bestehende, noch auf fossilen Brennstoffen beruhende Wärmenetze auf erneuerbare Energien umgestellt und wo neue, klimafreundliche Wärmenetze aufgebaut werden können.

Auch die Investition eines Laufwasserkraftwerkes sollte ins Auge gefasst werden

Das Vorhaben folgt einer Analyse aus dem Klimaschutzkonzept. Die Ingenieure waren damals zu dem Schluss gekommen, dass die Zielerreichung einer 100-prozentigen erneuerbaren Stromversorgung ausschließlich durch die eigene Erzeugung auf dem Geesthachter Stadtgebiet nicht darstellbar sei – weil es über zu wenig Fläche verfüge für Wind-, Biomasse- und Solarprojekte. Stadteigene Potenziale für eine hohe Reduktion der CO2-Emissionen sahen die Experten vielmehr durch „Investitionen im Wärmenetzbereich, dem Aufbau von KWK-Systemen für Wärme und Stromversorgung, dem Bezug zertifiziertem Ökostroms sowie der forcierten Erschließung der Wärmeschutzpotenziale im Gebäudebestand“. Auch die Investition eines Laufwasserkraftwerkes am Elbstauwehr, über das immer mal wieder diskutiert worden war, sollte ins Auge gefasst werden.

Situation wäre mit externen Dienstleistern die gleiche

Die Stadtverwaltung verteidigt sich gegen die Vorwürfe der Grünen. So sei seit dem Beschluss im November 2019 zur Fortschreibung – „kurz vor Corona und seinen Folgen auch für die Arbeit in der Verwaltung“ – intensiv an der Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes gearbeitet worden. „Allerdings im Rahmen der personellen Möglichkeiten im Hause nicht immer so schnell, wie es eventuell wünschenswert wäre“, erklärt Olaf Schulze.

„Wir wollten von Anfang an Externe, deshalb kann man jetzt nicht von Überlastung reden. Darum gelten solche Argumente für uns nicht“, sagt Jens Kalke. „Die Situation wäre mit externen Dienstleistern die gleiche“, beteuert Stadtsprecherin Katharina Richter gegenüber unserer Zeitung. „Denn die ganzen Daten und Zahlen müssten ja erst einmal im Hause erarbeitet werden. Der Dienstleister könnte ja auch erst loslegen, wenn er die Daten von uns hat.“

„Fortschreibung baut auf bereits initiierte und umgesetzten Maßnahmen auf“

Olaf Schulze verweist als Beispiele von Projekten für das Klimawohl auf Richtlinie für PV-Anlagen auf Privatdächern, Gründachförderung, Fernwärmesatzung, nachhaltige Waldwirtschaft und zahlreiche Verbesserungen insbesondere für die Mobilität mit dem Fahrrad, den verstärkten Ausbau für kommunales Energiemanagement und eben auch den Wärme-Kälteplan.

„Diese Maßnahmen sind für uns gelebte Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes (KSK) 2015. Es sind zum Teil komplett neue, zum Teil aus dem KSK 2015 weiterentwickelte Maßnahmen.“ Gerade in den vergangenen zwei Jahren seien viele neue Gesetze auf Bundes- und Landesebene beschlossen worden, so Schulze.

Die Grünen warten nun erst mal ab, wie es weitergeht

Dies habe auch Auswirkungen auf das Geesthachter Klimaschutzkonzept. „Eine Fortschreibung baut auf bereits erfolgreich initiierten und umgesetzten Maßnahmen auf und entwickelt zielgerichtet Maßnahmen weiter. Im Rahmen der Fortschreibung musste zunächst einmal eine Überprüfung erfolgen. Der Verwaltung ist es jedoch im Zweifel wichtiger, Maßnahmen aus dem Klimaschutzkonzept 2015 umzusetzen und neue Ziele im Sinne der dort formulierten Maßnahmen anzustoßen, als theoretische Ziele zu formulieren“, sagt Olaf Schulze. „Wir arbeiten lieber daran, das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, als sie nur auf dem Papier stehen zu haben.“

Die Grünen warten nun ab erst mal ab, wie es weitergeht. „Wir wollten nicht gleich mit dem letzten Mittel drohen (wie es die Einschaltung der Kommunalaufsicht wäre). Wir machen das stufenweise. Wenn der Brief ignoriert wird, behalten wir uns weitere Schritte vor. Wir sind gespannt auf nächste Reaktion“, meint Jens Kalke.