Nach Niedersachsen hilft nun auch Schleswig-Holstein seinen klammen Kommunen. Das Programm ist mit 950 Millionen Euro sehr teuer.

Kiel/Hannover. Kreise, Städte und Gemeinden in Norddeutschland stöhnen über eine wachsende Schuldenlast. Schleswig-Holstein zieht daraus jetzt erstmals Konsequenzen und legt nach niedersächsischem Vorbild ein Programm auf, um den 18 ärmsten Kreisen und Städten finanziell unter die Arme zu greifen. So groß ist der Druck, dass in Niedersachsen gerade eine neue Diskussion über den Zusammenschluss von Kreisen beginnt. In Mecklenburg-Vorpommern ist die Bildung von sechs Großkreisen bereits vom Landtag beschlossen, in Schleswig-Holstein aber liegen alle Planungen für zukunftsfähige Kreise auf Eis.

"Wir setzen auf Konsolidierungshilfen für Kommunen mit besonderen Finanzproblemen", sagte Kiels Innenminister Klaus Schlie (CDU). Das Programm, das gestern im Kabinett beschlossen wurde und nach einer Zustimmung des Landtags 2012 anlaufen könnte, sieht Hilfszahlungen von insgesamt 950 Millionen Euro bis zum Jahr 2021 vor. Das Land beteiligt sich mit lediglich 150 Millionen Euro. Der Rest kommt aus kommunalen Töpfen.

Anspruch auf die Armenhilfe haben im Hamburger Umland Elmshorn, Pinneberg, Uetersen, Schwarzenbek, Lauenburg, Bad Segeberg sowie die Kreise Pinneberg und Herzogtum Lauenburg. Alle Kommunen würden mit den Hilfsgeldern besser dastehen als mit den bisherigen Bedarfzuweisungen, versprach Schlie. Geld gibt's allerdings nur, wenn die Kommunen zuvor einen Sparplan mit dem Land vereinbaren.

Etwas neidisch blickte Schlie auf Niedersachsen, das seinen Kommunen auch beim Abbau der Altschulden hilft. "Das würde ich als Kommunalminister auch gern anbieten." Schleswig-Holstein fehle aber leider das Geld.

Niedersachsen hat bereits 2009 einen sogenannten Zukunftsvertrag mit den kommunalen Spitzenverbänden geschlossen. Der sieht eine deutlich höhere Landesbeteiligung vor. Kommunen und Land zahlen jährlich 35 Millionen Euro in einen Fonds ein, aus dem Not leidenden Kommunen bis zu 75 Prozent der Schulden erlassen werden. Im Gegenzug müssen sie belastbare Konzepte ausgeglichener Haushalte vorlegen, die meist durch Fusionen auf Gemeindeebene erreicht werden. Der Vertrag reicht bis ins Jahr 2030, rund 240 Millionen Euro wurden für rund 20 Vorhaben bereits vereinbart, rund 100 weitere Projekte sind andiskutiert.

+++ 1,3 Milliarden Euro neue Schulden für Niedersachsen +++

Der eigentliche Knackpunkt aber sind die hoch verschuldeten Landkreise, von denen bislang noch keiner vom Zukunftsvertrag Gebrauch gemacht hat. Erwartet aber wird, dass jetzt nach der Kommunalwahl mit neuen Mehrheiten unter dem Druck der leeren Kassen Bewegung in die Diskussion kommt. Die schwarz-gelbe Landesregierung in Hannover hat nämlich klargemacht, dass sie nach der Landtagswahl zur Jahreswende 2012/2013 notfalls Fusionen verordnen wird. Auch SPD und Grüne im Landtag haben erst vor einer Woche im Landtag neue Konzepte für eine Kreisreform angemahnt, das Innenministerium hat zudem neue Gutachten für solche Vorhaben in Auftrag gegeben. Zu den Problemkreisen gehört Cuxhaven ebenso wie der Landkreis Lüchow-Dannenberg mit der höchsten Verschuldung überhaupt, aber auch Landkreise in Südniedersachsen und im Harz.

In fast allen Fällen sind die Fusionskandidaten Kreise mit besonders stark abnehmender Bevölkerung, was den Handlungsbedarf und die Finanzprobleme vergrößert. Während sich aber Lüchow-Dannenbergs Kreistag bislang jeder ernsthaften Diskussion verweigert, hat etwa der Landkreis Osterode die Wahl eines neuen Landrates mit Blick auf mögliche Fusionen ausgesetzt. Kenner der Materie gehen davon aus, dass eine Lösung für den Raum Lüchow-Dannenberg, Uelzen, Lüneburg und Celle wohl nur durch Zwang zu erreichen ist. Auch in Schleswig-Holstein ist der Handlungsbedarf groß. Von den elf Landkreisen sind sieben überschuldet. Die CDU/FDP-Regierung lehnt eine Gebietsreform aber ab. Im Norden wird am 6. Mai gewählt, und selbst kleine Kreise wie Dithmarschen pochen auf Eigenständigkeit. Das Kreis-Klein-Klein dürfte also mindestens bis zur Kommunalwahl 2013 andauern.