Strittige Themen wurden bei der gemeinsamen Kabinettssitzung von Schleswig-Holstein und Hamburg in Kiel aber ausgeklammert.

Kiel. Wer die beiden Landesväter Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) und Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) gestern nach der gemeinsamen Sitzung des schwarz-gelben Kabinetts in Kiel mit dem Hamburger SPD-Senat erlebt hat, könnte auf die Idee kommen, zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg ist alles in bester Ordnung. Ganz so, als hätte es die politischen Verstimmungen und verbalen Gefechte in den vergangenen Monaten nicht gegeben, lachten und lächelten sie um die Wette und bekundeten, wie "nett" es doch war. Das konnte es aber nur deshalb sein, weil die strittigen Themen, wie etwa der Konkurrenzkampf um die Leitmesse der Windenergie zwischen Hamburg und Husum oder die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid (CCS) gar nicht erst angefasst wurden.

Und so begrüßte Peter Harry Carstensen ausdrücklich die "Gelegenheit, ausführlich mit dem Hamburger Senat über eine Zusammenarbeit im Norden zu sprechen". Den Symbolwert dieser gemeinsamen Sitzung wolle man dabei überhaupt nicht unterschätzen. Die Sitzung mache deutlich, dass Hamburg und Schleswig-Holstein auf "Kooperation und nicht auf Konfrontation" setzen, betonte Carstensen.

Scholz bezeichnete die gemeinsame Kabinettssitzung sogar als "großen Erfolg". Auch aus der Sicht der Stadt Hamburg "war es gut, nach langer Zeit wieder eine gemeinsame Kabinettssitzung" absolviert zu haben, sagte Scholz. Die beiden letzten Zusammenkünfte dieser Art fanden am 17. und 24. Februar 2009 statt - beides Sondersitzungen zum Thema HSH Nordbank.

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Laut Scholz hat sich die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern in den vergangenen Jahren "sehr vernünftig entwickelt" und werde das auch weiter tun. Sowohl die Bürger als auch die politisch Verantwortlichen in beiden Ländern wüssten genau, dass "wir über Landesgrenzen hinweg zusammenarbeiten müssen, und es keinen Anlass gibt für Eifersucht und einseitiges Beharren auf eigenen Interessen".

Inhaltlich ging es hauptsächlich um die Themen Wirtschaft, Verkehr und Energie. Die Regierungen sind sich darin einig, dass Hamburg und Schleswig-Holstein die wirtschaftlichen Potenziale der erneuerbaren Energien gemeinsam ausbauen und fördern wollen. Der Ausbau der Stromnetze sei dabei unabdingbare Voraussetzung. Der notwendige Leitungsbau, um die Energie aus den Offshore-Windparks ins Land zu transportieren, habe deshalb auch einen "erheblichen Teil der Gespräche" eingenommen, sagte Olaf Scholz. Schon bald solle es zum Bau dieser Leitungen und dem Anschluss der Offshore-Windparks kommen.

Beim Thema Windmesse wiederholten die beiden Landesvorsitzenden lediglich ihre Aussagen. Sie gingen davon aus, dass alle Verantwortlichen miteinander reden, um zu einer guten Lösung zu kommen. Im Nachsatz ergänzte Carstensen: "Sie wissen, dass wir da unterschiedliche Auffassungen haben. Die könnten wir jetzt in unterschiedlichen Worten noch mal erklären, aber ich glaube, das hat wenig Sinn." Carstensen sagte: "Wir kleistern überhaupt nicht zu, wo wir unterschiedliche Auffassungen haben." Ihm sei schon sehr bewusst, dass Schleswig-Holstein abhängig ist von einer engen Zusammenarbeit mit Hamburg.

Die Entwicklung des Hamburger Hafens zum Beispiel sei von großem Interesse für Schleswig-Holstein. Auch die Elbvertiefung habe eng zu tun mit einem "schleswig-holsteinischen Problem" beim Nord-Ostsee-Kanal. "Der Ausbau der Schleusen macht keinen Sinn, wenn die Fahrrinnenanpassung nicht kommt", bekräftige auch Scholz.

Darüber hinaus kündigte Hamburgs Erster Bürgermeister eine sehr baldige Entscheidung zur S-Bahn von Hamburg nach Ahrensburg an. "Ich gehe davon aus, dass wir in sehr absehbarer Zeit eine Situation haben werden, in der wir eine sehr endgültige Entscheidung hin zu einer eigenen Schienenstrecke für die S 4 hinbekommen werden", sagte Scholz. Dies sei für den norddeutschen Raum von großer Bedeutung. Ein Projekt, das Schleswig-Holstein unterstützt. Im Gegenzug mache sich Hamburg zum Beispiel für den Ausbau der Autobahn 20 stark.

Zum Bankenstandort Kiel für die HSH Nordbank stellt Scholz noch einmal fest: "Der Staatsvertrag gilt. Die Bank gehört uns gemeinsam. Ich kann zwar nachvollziehen, dass der eine oder andere besorgt ist, aber es gibt eigentlich keine Gründe dafür."

Tatsächlich beschlossen wurde bei der gemeinsamen Kabinettssitzung nichts. Auch sind keine Verträge geplant. Stattdessen hoben beide Seiten die Bedeutung der Kooperation hervor. "Wir haben ein Interesse an Kooperation und nicht an Konfrontation, weil wir nämlich wissen, dass wir beide verlieren, wenn es in Konfrontationen ausartet. Und wir können beide gewinnen, wenn wir dort kooperieren, wo es einfach ist", sagte Peter Harry Carstensen.