Die Öko-Partei will in Schleswig-Holstein mitregieren und setzt auf Politiker aus dem Hamburger Umland. Neuer Schmusekurs im Norden.

Kiel. Gut drei Monate vor der Schleswig-Holstein-Wahl hat ein heißer schwarz-grüner Flirt begonnen. Am Wochenende segnete CDU-Chefin Angela Merkel in Kiel den neuen Schmusekurs der Nord-Union ab. Die Grünen stellten einen Steinwurf entfernt auf einem Parteitag klar, dass sie in der zentralen Frage der Finanzpolitik ähnlich ticken wie die CDU. "Die SPD hat hier noch Erklärungsbedarf", sagte Grünen-Fraktionschef Robert Habeck dem Hamburger Abendblatt. Das entscheidende Signal für eine schwarz-grüne Liaison gab Merkel. "Ich finde das ganz interessant", sagte die Kanzlerin nach einer CDU-Bundesvorstandsklausur an der Förde. Landesverbände sollten auch mal eigene Wege gehen dürfen. Nord-Spitzenkandidat Jost de Jager nickte zufrieden. Er hat nun freie Hand, um in Schleswig-Holstein nach einem Ersatz für die schwächelnde FDP zu suchen und damit auch eine neue Option für die Bundestagswahl 2013 auszuloten.

Bei den Grünen machte Merkels Koalitions-Okay schnell die Runde. Habeck legte sich auf keinen Bündnispartner fest. "Uns kommt es auf die Inhalte an." Die Grünen würden nur einen Koalitionsvertrag unterschreiben, der mit Adam Riese zu machen sei. Für die CDU, die im Schulbereich sogar mehr sparen will als die Grünen, ist das kein K.-o.-Kriterium, für die SPD derzeit noch. Sie will erst Anfang Februar entscheiden, ob und wie sie versprochene Wahlgeschenke etwa für die Kommunen finanzieren will.

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Auf der Forderungsliste der Grünen steht zudem die Energiewende, zu der auch der Verzicht auf weitere Kohlekraftwerke gehört. Die SPD ist hier grüner als die CDU, wobei es in Schleswig-Holstein konkret nur um das geplante Kraftwerk in Brunsbüttel geht. Ob es jemals gebaut wird, ist auch aus wirtschaftlichen Gründen offen. Auf der Wunschliste der Grünen steht zudem eine moderne Schulpolitik, die Gemeinschaftsschulen stärkt. Die SPD funkt auf derselben Wellenlinie, die CDU hält es mit den Gymnasien. SPD-Chef Ralf Stegner ist es um die Grünen deshalb nicht bange. SPD und Grüne hätten die "größtmögliche inhaltliche Übereinstimmung im gesamten Parteienspektrum", sagte Stegner. "Wir setzen deshalb auf Rot-Grün als klarste inhaltliche Alternative zur schwarz-gelben Landesregierung." Auch bei den Grünen liebäugeln einige mit der SPD, machen eine Koalition aber auch vom Wahlergebnis abhängig. Nach den Bundesumfragen könnte Schwarz-Grün eher eine eigene Mehrheit erhalten als Rot-Grün, wobei vieles von kleineren Parteien wie FDP, Linke oder Piraten abhängt. Kommen sie wie der SSW in den Landtag, könnte es eine Neuauflage der Großen Koalition geben. Habeck schloss dies nicht aus.

So oder so ist seit gestern klar, dass im nächsten Landtag mehr Grüne aus dem Hamburger Umland sitzen. Den dritten Platz auf der Landesliste, die von der Finanzexpertin Monika Heinold und Fraktionschef Habeck angeführt wird, sicherte sich in einer Kampfabstimmung die Landesvorsitzende Eka von Kalben (Kreis Pinneberg). Auf Platz acht setzte sich der Anwalt Burkhard Peters (Herzogtum Lauenburg) durch und noch ins Parlament schlüpfen könnten auch Ines Strehlau (Platz 11, Pinneberg) und Ruth Kastner (13, Stormarn). Großer Verlierer bei der Platzvergabe war Thorsten Fürter, einer der Leistungsträger der Fraktion und Ex-Bürgermeisterkandidat von Lübeck. Er zog in Kampfabstimmungen mehrfach den Kürzeren und gab auf.

Den bunten Schlusspunkt des Polit-Wochenendes im Norden setzten gestern in Neumünster die Piraten. Sie fordern in ihrem Wahlprogramm eine bessere und kostenlose Bildung von Krippe über Kita bis Hochschule, ließen aber offen, wie das überschuldete Schleswig-Holstein das bezahlen soll.