Schleswig-Holsteins Innenminister Klaus Schlie warnt vor Kameradschaften, die mehr Mitglieder hätten und gefährlicher seien als die NPD.

Ahrensburg/Kiel. Der schleswig-holsteinische Innenminister Klaus Schlie (CDU), 57, hält die sogenannten freien Kameradschaften für derzeit gefährlicher als die NPD. "Die NPD hat in Schleswig-Holstein 230 Mitglieder, die freien Kameradschaften haben mehr als 1330", sagte er in einem Interview der Regionalausgabe Stormarn des Hamburger Abendblatts. "Das Gefahrenpotenzial ist definitiv größer." Die nicht fest organisierten Kameradschaften seien schwieriger zu beobachten als eine Partei. "Wenn ein Verbot der NPD dazu führt, dass wir Parteimitglieder in diese Kameradschaften hineintreiben, dann haben wir ein Problem", sagte Schlie.

Im Hamburger Umland sind die Kameradschaften besonders in den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg aktiv. In Stormarn haben sie sich unter der Bezeichnung "Autonome Nationalisten Stormarn" zusammengetan. "Dazu zählen etwa 30 Personen", sagte der Innenminister. "Das ist eine nicht zu vernachlässigende Größe. Gewaltbereitschaft ist nicht auszuschließen."

+++Das Interview mit Klaus Schlie+++

Den thüringischen Verfassungsschutz hat Schlie scharf kritisiert. "Er hat in Sachen NSU offensichtlich schwere Fehler begangen", sagte Schlie. Der rechtsextremistischen Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) wird vorgeworfen, mindestens zehn Morde begangen zu haben. Der Thüringer Verfassungsschutz soll dazu beigetragen haben, dass die Mitglieder der Gruppe, die jahrelang im Untergrund operierte, nicht gefasst werden konnten. Sogar die Behinderung der Polizei wird der Behörde vorgeworfen.

Schlie ist der Ansicht, dass die Thüringer Verfassungsschützer die Arbeit ihrer Kollegen in anderen Bundesländern in Misskredit gebracht haben. In den Medien werde nun von einem "Systemfehler" gesprochen, mit dem die Arbeit aller Verfassungsschutzbehörden behaftet sei. "Die Verfassungsschützer in Schleswig-Holstein sind schon ein bisschen verärgert über diese öffentliche Diskussion", sagte Schlie. "Wir in Schleswig-Holstein haben uns nichts vorzuwerfen. Wir waren nicht auf dem rechten Auge blind."

Das ganze Interview mit Innenminister Schlie lesen Sie in unseren Regionalausgaben Norderstedt, Pinneberg und Stormarn