Stadtentwicklung: Planer hoffen auf hohe Umweltstandards bei den Investoren. Das Vorzeigeviertel wird bei der Energieversorgung, beim Stadtverkehr und für die Flora und Fauna der Hafenbecken ökologische Vorteile bringen. Das sagt der Projektleiter der Stadtentwicklungsbehörde, Dieter Polkowski.

Die HafenCity gilt als ein Stadtteil, der Zeichen setzt. Etwa 12 000 Menschen sollen hier einmal wohnen, 40 000 Arbeitsplätze entstehen. Welche Rolle spielt der Umweltschutz bei dem Vorzeigeprojekt? Diese Frage diskutierte das Hamburger Abendblatt mit Dieter Polkowski, Leiter der Projektgruppe HafenCity in der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt.

ABENDBLATT: Wird es ökologische Leuchtturm-Projekte in der HafenCity geben?

DIETER POLKOWSKI: Herausragende ökologische Modellprojekte werden kaum zu finden sein. Wir setzen eher auf hohe Standards in der Breite. Dabei kommt letztlich mehr für die Umwelt heraus als mit einzelnen Modellvorhaben, die einen noch höheren Standard hätten.

Das Projekt an sich hat eine große ökologische Komponente: Wir nutzen ehemalige Hafenflächen. Wir gehen nicht in die Fläche an den Stadträndern, sondern reaktivieren innerstädtische Bereiche. Durch die Umnutzung werden sich zudem die Wasserqualität sowie Flora und Fauna in den Hafenbecken verbessern.

ABENDBLATT: Weshalb verbessert sich der Naturraum durch die Bebauung?

POLKOWSKI: In den Becken schaffen wir Flachwasserzonen. Auch können wir durch dieses Projekt bestehende Feinstrukturen erhalten, die aus dem vorletzten Jahrhundert überdauerten und bei der Planung eines modernen Hafens durch Kaimauern ersetzt worden wären. Im Sandtor- und im Grasbrookhafen gibt es zum Beispiel Gewölbe mit Wasseranbindung. Diese weitgehend strömungsfreien Ruhebereiche bieten gute Voraussetzungen für die Entwicklung einer Unterwasserflora und sind gute Laichplätze für Fische.

ABENDBLATT: Wie wird die Energieversorgung des Stadtteils aussehen?

POLKOWSKI: Die Investoren sind verpflichtet, sich an das Fernwärmenetz anzuschließen. Wenn sie das nicht möchten, können sie ökologisch bessere Alternativen vorschlagen, zum Beispiel die Nutzung von Solarenergie.

ABENDBLATT: Die Firma Vattenfall hat den Wettbewerb um ein Energiekonzept für den Stadtteil gewonnen und plant 1800 Quadratmeter Solarfläche. Das ist nicht mehr als ein Sahnehäubchen.

POLKOWSKI: Doch, es ist mehr. Wir bauen hier zwar keine Solarsiedlung. Aber die Solaranlagen leisten einen wichtigen Beitrag dazu, daß die Wärmeversorgung für die HafenCity insgesamt einen deutlich geringeren Kohlendioxidausstoß haben wird als die herkömmliche Versorgung mit lauter Einzelanlagen, die fossile Brennstoffe einsetzen. Dazu tragen auch gasbetriebene Blockheizkraftwerke bei, die sehr effektiv Strom und Wärme produzieren, sowie eine bereits arbeitende Brennstoffzelle am Heizkraftwerk, die mit Wasserstoff arbeitet.

ABENDBLATT: Der Wasserstoff, mit dem bislang drei Busse durch Hamburg fahren, wird energieintensiv aus Strom hergestellt. Woher kommt er für die Brennstoffzelle?

POLKOWSKI: Das ist die Entscheidung von Vattenfall. Auch die Erzeugung von Strom wird sich verändern und hoffentlich die Umwelt künftig weniger belasten. Wir Stadtplaner setzen nur die Rahmenbedingungen, die den Einsatz innovativer Techniken fördern.

ABENDBLATT: Gibt es Vorgaben zum Wärmeschutz, die über gesetzliche Standards hinausgehen?

POLKOWSKI: Nein. Wir arbeiten mit einem Anreizsystem, stellen den Investoren umfangreiche Arbeitshilfen zur Verfügung, wie man über den gesetzlichen Standard hinaus sinnvoll, auch wirtschaftlich, Wärmeschutz betreiben kann. Zudem wird es ein Zertifizierungssystem für besonders vorbildliche Gebäude geben. Dabei geht es auch um Umweltschutz.

ABENDBLATT: Der Masterplan für die HafenCity fordert mit Blick auf die Klinkerbauten der Speicherstadt eine "Kontinuität der Verwendung von umweltschonenden Baustoffen". Zählen moderne Glasfassaden dazu?

POLKOWSKI: Umweltschonende Baustoffe ist ein weiter Begriff. Es geht mit Blick auf das Asbestproblem heutiger Altbauten zunächst darum, problematische Materialien auszuschließen. Das können bestimmte Kunststoffe mit hohen Ausdünstungen oder kaum recyclingfähige Verbundmaterialien sein. Wenn Sie die Gebäude von außen betrachten, werden Sie kaum Unterschiede sehen. Vorteile werden eher in den Gebäuden sichtbar und spürbar sein.

ABENDBLATT: Der Masterplan lobt die Speicherstadt mit ihrem "Klinkerwerk als Lebensraum für seltene Tiere und Pflanzen". Die werden es in der heutigen Architektur schwer haben.

POLKOWSKI: Wenn man eine solche Planung beginnt, versucht man bei der Formulierung der Planziele alle Aspekte abzudecken, die Stand der Diskussion sind. Im weiteren Prozeß muß man sehen, was man von dem realisieren kann. Niemand kann erwarten, daß ein Stadtteil dieser Größenordnung all diesen Anforderungen flächendeckend entspricht.

ABENDBLATT: Für die HafenCity ist eine "hafenbezogene Geräuschbelastung von 53 Dezibel (A) ermittelt worden. Der DIN-Richtwert für nächtlichen Lärm in gemischten Wohngebieten liegt aber bei 45 dB(A).

POLKOWSKI: Die DIN-Werte sind Ausdruck einer Planungsphilosophie, die auf Nutzungstrennung setzt und nur in Wohngebieten am Stadtrand einzuhalten - denn sie müssen bei geöffnetem Fenster eingehalten werden. In den meisten innerstädtischen Wohngebieten und in der HafenCity ist das nicht möglich.

Bei Standorten, die ruheliebende Bewohner anziehen, ist der Wert angemessen. Aber in einem Quartier, das seine Hauptattraktivität durch Zentralität, Urbanität und hohe Nutzungsmischung bezieht, muß man mit solchen Zielkonflikten anders umgehen und innerhalb der Gebäude dem Lärmschutz genügen. Dazu gehören die Ausrichtung der Wohnungen sowie Lärmschutzfenster, kontrollierte Lüftung, doppelte Fassaden, Wintergärten. Das heißt nicht, daß dem Lärm hier keine Grenzen gesetzt werden. Die Lärmbelastung durch den Hafen ist planungsrechtlich begrenzt, es dürfen nachts nur 53 Dezibel in den Wohngebieten der HafenCity ankommen.

ABENDBLATT: Der Senat rechnet mit 30 Prozent mehr Rad- und Fußgängerverkehr in der HafenCity gegenüber dem Hamburger Durchschnitt. Gleichzeitig werden die Straßen aber nach diesem Durchschnitt geplant. Wie paßt das zusammen?

POLKOWSKI: Das sind zwei paar Schuhe: zum einen der Verkehr innerhalb des Gebietes von den Bewohnern und den dort Beschäftigten, zum anderen der Verkehr von außen, zum Beispiel durch Touristen. Die HafenCity liegt dicht an der City, am Rathaus und an den Einkaufstraßen. Zusätzlich zu den Fuß- und Radwegen wird sie hochattraktive, auch für Radfahrer nutzbare weitläufige Promenaden haben. Die Erreichbarkeit von außen ohne Auto hat sich die Stadt relativ viel Geld kosten lassen, durch den Bau der U-Bahnlinie 4. Beides bietet ideale Voraussetzungen, um auf das Auto verzichten zu können.