Kieler Professor: “Das weibliche Gehirn färbt Schmerzen mit mehr Gefühl.“ Umdenken bei der Therapie.

Hamburg - Das Thema Schmerz trennt die Geschlechter. Frauen leiden im Alltag wesentlich häufiger unter schlimmen Schmerzen und sie erleben diese intensiver als Männer. Wissenschaftler haben dafür jetzt eine Erklärung gefunden: Die Hormone sind schuld an der unterschiedlichen Schmerzempfindung. Professor Hartmut Göbel, Direktor der Schmerzklinik in Kiel: "Testosteron scheint die Schmerzempfindlichkeit zu reduzieren, während das weibliche Hormon Östrogen sie steigen lässt." Der Nachweis gelang den Forschern, als im Rahmen von Geschlechtsumwandlungen Frauen sich mit dem männlichen Sexualhormon Testosteron behandeln ließen. Sie gaben zu Protokoll, dass sie - seit sie zum Mann geworden waren - weniger Schmerzen hätten.

Auch die Wahrnehmung von Schmerzen läuft bei Männern und Frauen unterschiedlich ab und aktiviert jeweils andere Hirnregionen. Das verblüffende Ergebnis: "Das weibliche Gehirn färbt Schmerzen mit mehr Gefühl", sagt Göbel. Männer hingegen ignorierten den Schmerz eher.

Frauen haben häufiger Kopf-, Nacken- und Schulterschmerzen. So leiden 70 Prozent von ihnen häufig unter Kopfschmerzen, bei Männern nur 52 Prozent. Auch gehen Frauen mit Schmerzen anders um. Sie sind eher bereit, für ihr Aussehen Schmerzen zu ertragen, etwa beim Zupfen von Augenbrauen oder durch unbequeme Schuhe. Und sie suchen eher ärztlichen Rat. 70 Prozent der Patienten in der Kieler Schmerzklinik sind Frauen.

Weitgehend unerforscht sind die Geschlechter-Unterschiede in der Schmerztherapie. Die Wirkung von Arzneien wurde lange Zeit meist an Männern getestet, obwohl Frauen auch beim Medikamentenverbrauch mit rund 80 Prozent überrepräsentiert sind.