Ein deutscher Hersteller hat einen Laser entwickelt, der Farbteilchen zersplittern lässt, ohne Narben zu hinterlassen. Ärzte reagieren begeistert, Tätowierer verweisen auf mögliche Farbablagerungen im Körper.

Bochum. Ein bisschen nervös ist Sascha Niemand schon auf dem Weg in den Behandlungsraum. Dort warten eine Liege und ein Laser namens „PicoSure“ auf ihn, ein neues medizinisches Gerät zum Entfernen von Tätowierungen. Der stämmige blonde Versicherungsfachmann will sein Tribal, ein geschwungenes Ornament, auf der Brust loswerden, das er sich vor über zehn Jahren stechen ließ. „Das ist eine Jugendsünde gewesen - und mit der Zeit immer unförmiger geworden. Jetzt sieht es mehr wie ein Batman-Symbol aus.“ Ab und an zeichnen sich die Umrisse durch das dünne, blaue Hemd ab. Niemand befürchtet, das könne seine Kunden verschrecken.

Das Zentrum für Lasermedizin des Landes Nordrhein-Westfalen an der Klinik der Ruhr-Universität im Bochumer St.-Josef-Hospital ist die erste Klinik in Europa, die die neue Technologie „PicoSure“ einsetzt und ihre Wirkung erforschen will. Erst seit Mai ist das 300.000 Euro teure Gerät auf dem Markt. Das Versprechen des deutschen Herstellers Cynosure: Die ungeliebten Motive verschwinden nahezu spurlos - ohne Negativabdrücke, ohne Narben. Außerdem soll es schneller gehen, mit weniger Sitzungen zu machen sein und vor allem: fast schmerzfrei.

„Ich habe mir einige Videos im Internet angesehen, die gezeigt haben, wie Tattoos mit der alten Laser-Technik entfernt wurden. Das sah schon ziemlich brutal aus“, sagt Niemand. „Die Schmerzen sollen schlimmer sein als beim Tätowieren selbst.“ Als der Mediziner Klaus Hoffmann sich über Niemands entblößten Oberkörper beugt und beginnt, den Laser über die Tätowierung zu bewegen, ist dieser angenehm überrascht. „Fühlt sich an wie kleine elektrische Schläge“, sagt er. Nach etwa zehn Minuten ist die Sitzung vorüber. Zwei bis vier weitere im Abstand einiger Wochen werden folgen. Früher wären 15 bis 20 etwa einstündige Behandlungen notwendig gewesen.

Tätowierer sind nicht begeistert

Die Kosten sind gleichgeblieben: 1500 bis 2000 Euro kostet die Entfernung. Krankenkassen zahlen die Behandlung nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes nicht - das gilt allerdings auch für alternative Methoden, wie dem Einspritzen von Lösungen oder dem Wegschneiden der betroffenen Hautfläche. Die Entfernung von Körperschmuck gelte nicht als Aufgabe der Solidargemeinschaft, sagte GKV-Sprecher Florian Lanz.

Hoffmann ist Leitender Arzt der ästhetisch-operativen Medizin an der Unihautklinik Bochum. Bislang ist er begeistert von dem Gerät. Der energiereiche Laserpuls mit einer extrem kurzen Dauer im Picosekundenbereich lasse die Farbteilchen einfach zersplittern. Den Rest erledigten die Fresszellen des Körpers. Die Pigmentzellen der Haut würden nicht geschädigt. Der Effekt: keine Vernarbung des Gewebes. „Seit wir PicoSure verwenden, gehen täglich Patientenanfragen ein“, sagt Hoffmann. Erstmals könnten auch bunte Tattoos mit grüner Farbe entfernt werden - früher sei das hingegen sehr schwer gewesen.

Nicht ganz so begeistert reagiert der Verband der Deutschen Organisierten Tätowierer (DOT), angesprochen auf „PicoSure“. „Wir sind nicht glücklich über die Laserei“, sagt Sprecher Maik Frey. „Unter Laserbeschuss wissen wir nicht, was für Spätfolgen die Tätowierfarben haben können, wenn sie sich im Körper ablagern.“ Der DOT beruft sich bei seiner Haltung auch auf das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR).

Datenlage ist schlecht

Anfang Juni diskutierten Forscher, Mediziner und Tätowierer auf einer BfR-Konferenz mögliche Zusammenhänge zwischen Tätowierungen und Allergien, Krebs und weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Gesichert ist bislang: Vollkommen risikofrei ist es nicht, sich tätowieren zu lassen. Da die verwendeten Farben nicht zulassungspflichtig sind, ist häufig unklar, welche Stoffe sie enthalten.

Somit seien auch die Risiken des Laserns nicht ausreichend geklärt: „Wir wissen nicht, wohin die Farbpartikel abwandern“, sagt Peter Laux aus der BfR-Abteilung für die Sicherheit von verbrauchernahen Produkten. Die Datenlage sei schlecht: Was für Stoffe entstehen bei der Laserung? Wie groß sind die verbleibenden Partikel? „Es kommt zu Spaltprodukten, die potenziell toxisch oder krebserregend sein können. Das gesundheitliche Risiko durch das Lasern ist daher momentan schwierig abzuschätzen.“

Hoffmann hält die Bedenken gegen die Lasertechnik für übertrieben. „Sie basieren auf Hypothesen, es gibt kein bekanntes Risiko.“ Beim Tätowieren selbst hingegen wanderten 80 Prozent der Farbe bereits in den Körper ab - wenn es also ein Risiko gebe, dann schon bei diesem Prozess.

Er und das Team um Prof. Peter Altmeyer an der Ruhr-Universität Bochum werden bald auch testen, ob sich das Gerät für die Therapie von Kollagenschäden oder Pigmentstörungen eignet. Besonders für Tätowierungen scheint die Nachfrage aber derzeit groß. Zwei weitere medizinische Standorte in Frankfurt und Hamburg wollen das Gerät nun ebenfalls nutzen.