Im Süden Afrikas zwingt anhaltende Dürre auch Elefanten zu verzweifelten Maßnahmen. Naturschutz ist umso wichtiger.

Wir hörten das Donnern schon kilometerweit entfernt. Eine Herde Afrikanischer Elefanten näherte sich dem kleinen Dorf in Namibia, in dem ich während meiner Forschungsaufenthalte lebe. Normalerweise meiden Elefanten die Dörfer. Doch wir ahnten, was die Tiere an diesem Nachmittag suchten. Sie konnten es über große Distanzen bei uns riechen: Wasser.

Warum überfallen Elefantenherden immer häufiger die Dörfer, wie mir viele Menschen in der Region Kunene berichten? Mit meinem Mitarbeiter Richard Dimba Kiaka untersuche ich als Ethnologe im Exzellenzcluster für Klimaforschung an der Universität Hamburg Fragen wie diese. Dazu leben wir regelmäßig längere Zeit unter möglichst ähnlichen Bedingungen wie die Damara-Familien der Region, ohne fließendes Wasser und Strom, in einfachen Hütten.

Wasserreservoirs locken die Elefanten in Not an

Die Sprache meiner Nachbarn, die ich mittlerweile relativ gut verstehen und sprechen kann, enthält die typischen Klicklaute. Die Menschen leben meist von der Viehzucht, sie halten Ziegen und Rinder. Für ihre Tiere legen sie große Wasserreservoirs an – die Elefanten in Not magnetisch anziehen können. Namibia liegt ganz im Süden des Kontinents und ist eines der trockensten Länder Afrikas. Es regnet viele Monate lang keinen einzigen Tropfen.

Nur rund 60 Tage im Jahr fällt überhaupt Niederschlag, in Hamburg sind es dagegen durchschnittlich rund 180 Tage. Die Elefanten sind das aber eigentlich gewohnt. Sie graben in ausgetrockneten Flussbetten bis zu einen Meter tief und gelangen so an versickertes Wasser.

Doch in den letzten Jahren ist der Grundwasserspiegel gesunken. Die Elefanten finden nicht mehr ausreichend Wasser. Hinzu kam von 2013 bis 2017 eine ungewöhnlich lange Dürre, die das Wasser weiter verknappte. Notgedrungen gehen die Tiere nun in die Dörfer. Wie auch an jenem Nachmittag, an dem wir uns nur noch in den Hütten verschanzen konnten.

Weltklimarat IPCC: Afrika am stärksten betroffen

Wir hörten die Wucht der Zerstörung, bis die Herde nach einigen Stunden wieder abzog. Sie hatten das große Wasserreservoir eingerissen, weil die Rüssel ihrer Babys nicht über dessen Rand reichen. Pumpen und Tränken, Wasserkanister und Gemüsegärten waren zerstört – die komplette Infrastruktur des Dorfes beschädigt.

Ist der Klimawandel schuld, dass die Überfälle zunehmen? Das würde zu den Prognosen des Weltklimarats IPCC passen. Demnach wird Afrika als Kontinent am stärksten von Klimaveränderungen betroffen sein. Die mittleren Temperaturen werden hier stärker als im Rest der Welt ansteigen. Die Niederschläge könnten in Zentralafrika etwas zunehmen, in Nord- und Südafrika jedoch noch weiter abnehmen. Doch das ist nur das halbe Bild. Elefanten gelten weltweit als stark gefährdet. Um 1900 wurde ihr Bestand auf mehrere Millionen Tiere geschätzt, heute ist es nur noch ein Bruchteil davon. Ganz anders in der Region Kunene: Die Zahl der Tiere hat sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt – eine gute Nachricht für den Artenschutz!

Die Regierung hatte Naturschutzgebiete eingerichtet, in denen sich die Elefanten vor Wilderern geschützt in Ruhe vermehren konnten. Die exotischen Tiere locken viele Touristen an, die Branche boomt. Doch das Geld fließt hauptsächlich in Unternehmen in der Hauptstadt Windhuk. Der Staat profitiert von den Steuereinnahmen, die ländliche Bevölkerung dagegen kaum.

Als Gegenmaßnahme könnte der Staat zum Beispiel den Tourismus stärker besteuern, um damit die Schäden der lokalen Bevölkerung auszugleichen. Dies wäre ein erster Schritt, damit Naturschutz in Zeiten des Klimawandels die vorhandenen Ungleichheiten nicht noch verstärkt.

Die Forschung zum Klimawandel in Hamburg

Prof. Dr. Michael Schnegg
Prof. Dr. Michael Schnegg © Privat

Exzellenzcluster: Die Klimaforschung in Hamburg genießt internationales Renommee. Das Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit der Universität Hamburg (CEN), das Max­-Planck-­Institut für Meteorologie, das Institut für Küstenforschung des Helmholtz-­Zentrums Geesthacht und das Deutsche Klimarechenzentrum bilden gemeinsam den Exzellenzcluster für Klimaforschung (CliSAP).

Präsentation Einmal im Monat präsentieren CliSAP-Forscher den Lesern des Hamburger Abendblatts Ergebnisse aus ihren Gebieten. Heute: Prof. Dr. Michael Schnegg, Ethnologe.