Der stärkste Sonnensturm seit fünf Jahren trifft derzeit auf die Erde und könnte am Abend für Polarlichter sorgen. Stromausfälle drohen ebenfalls.

Hamburg/Katlenburg-Lindau/Berlin. Sollte es am Donnerstag zu Stromausfällen kommen, könnte der größte Sonnensturm der vergangenen Jahre diese verursacht haben. Denn der Sonnensturm, der die Erde am Donnerstag erreichte, ist nach Einschätzung von Werner Curdt vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) im niedersächsischen Katlenburg-Lindau, noch stärker als der aus dem vergangenen Januar. Der Experte warnte, erste schnelle Teile seien bereits bereits eingetroffen. US-Experten zufolge kann der Sonnensturm Stromausfälle verursachen und Satellitennavigationssysteme beeinträchtigen. Wie Meteorologen der US-Wetterbehörde NOAA mitteilten, habe unser Planet diese Auswirkungen des stärksten Sonnensturms seit fünf Jahren, bereits in der Nacht zum (morgigen) Donnerstag (MEZ) zu spüren bekommen können.

Nach Einschätzung der Forscher solle der Sonnensturm den gesamten Tag andauern. Mit etwas Glück könnte im Norden Europas ein seltenes Naturschauspiel zu sehen sein. Bunte Polarlichter könnten am Abend den Nachthimmel zieren. Dem Deutschen Wetterdienst zufolge stehen die Chancen dafür zumindest nördlich der Mittelgebirge „gar nicht schlecht“.

Ein relativ schwacher Sturm sei schon am Mittwochabend messbar gewesen, erklärte Paolo Ferri vom Raumflugkontrollzentrum Esoc der europäischen Raumfahrtagentur Esa. „Wir haben jetzt Warnungen vor einem Sturm, der am Abend kommen soll.“ Erwartet werde, dass dieser fünffach stärker ausfalle. Bislang seien keine Schäden an Satelliten bekannt, sensible Geräte seien vorsichtshalber schon am Mittwoch abgeschaltet worden. Schwierig sei es derzeit, die Lageregelung der Raumsonde „Venus Express“ zu kontrollieren.

+++Sonnensturm rast zur Erde - Gefahr für Satelliten+++

+++Gigantische Explosion auf der Sonne+++

Die Eruption in der Nacht zum Mittwoch habe in der linken Sonnenhälfte gelegen, der Hauptsturm fliege deshalb wohl links an der Erde vorbei, sagte Curdt. „Er wird uns also vermutlich nicht voll treffen.“ Der Sturm im Januar habe die Erde rechts passiert. Das Gebiet auf der Sonne, in dem die aktuelle Eruption erfolgte, sei aber weiter aktiv. Es liege jetzt etwa auf der Sonnenmitte – am kommenden Wochenende sei deshalb die Wahrscheinlichkeit für gewaltige Sonnenstürme, die die Erde direkt treffen, am höchsten.

Wie entstehen Sonnenstürme?

Sie könnten zum Ausfall von Flügen und Stromnetzen führen – und die Satelliten in der Erdumlaufbahn beeinträchtigen. „Es gibt zwei Probleme mit den Satelliten“, sagte Ferri. Manche Satelliten wie das Weltraumteleskop „Integral“ hätten sensible Geräte an Bord, die mit Hochspannung arbeiteten. „Und die reagiert sofort und sehr dramatisch.“ Die Geräte würden deshalb bei einer Sonnensturm-Warnung sofort abgeschaltet. „Das haben wir gestern schon gemacht mit „Integral“.“ Die Vorhersage von Sonnenstürmen, die auf die Erde zurasen, habe sich in den vergangenen Jahren sehr verbessert – und die Gefahr für Schäden an Satelliten damit verringert.

Das schlimmste Problem sei ohnehin ein anderes, erläuterte Ferri. Die Lage mancher Satelliten werde über spezielle Sternensensoren gesteuert. „Diese Sternensensoren werden praktisch blind, wenn dieser Sturm geladener Partikel kommt. Im Moment erleben wir das bei „Venus Express“.“ Die Raumsonde fliege um die Venus, die Intensität des Sonnensturms sei dort noch stärker. Ausweichend könnten Radiosignale zur Lagesteuerung genutzt werden – das sei aber sehr aufwendig und nicht so präzise.

Für Mitte 2013 rechnen Experten mit einem Maximum der Sonnenaktivität – aus ihren Außenschichten werden dann besonders oft große Gaswolken ins All geschleudert. Die Aktivität schwankt im Rhythmus von etwa elf Jahren und nimmt seit 2010 wieder zu.

Der aktuelle Sturm ist nach Nasa-Angaben der zweitstärkste des aktuellen Sonnenzyklus. In den nächsten eineinhalb Jahren wird es wohl noch mehrere Sonnenstürme geben, die stärker werden. Wie viele es sein werden, kann nicht vorhergesagt werden.

(abedblatt.de/dapd/dpa)