Statt bis zu 24 Stunden könnte die Reise nach Australien in Zukunft weniger als zwei Stunden dauern - durch Flugzeuge mit Raketenantrieb.

Bremen. In weniger als zwei Stunden nach Australien fliegen - das sollen Flugzeuge mit Raketenantrieb künftig möglich machen. Auch die Umwelt könnte von den superschnellen Maschinen profitieren. Denn der Raketentreibstoff erzeuge keine schädlichen Treibhausgase, sagte der Projektleiter Martin Sippel vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Bremen in einem Interview. Er und seine Kollegen erforschen jetzt in einem von der EU mit mehr als drei Millionen Euro geförderten Projekt, wie flüssiger Wasserstoff in Flugzeugtanks gelagert werden kann.

Flugzeuge mit Raketenantrieb sollen künftig sehr viel schneller als der Schall fliegen. Wie könnten diese aussehen?

Sippel: „Der „Spaceliner“ könnte etwa so aussehen wie das Space Shuttle. Er startet senkrecht und landet später horizontal. Er hat eine Stufe für den Tank und eine Stufe für die Passagiere. Im Gegensatz zum Space Shuttle wird er aber nicht in den Orbit fliegen, sondern etwas langsamer bleiben und – nachdem die Raketentriebwerke ausgebrannt sind – in bis 80 Kilometern Höhe durch die Erdatmosphäre gleiten.“

Das hört sich vor allem gefährlich an...

Sippel: „Das ist zurzeit auch noch so. Raketentriebwerke sind heute nicht so zuverlässig wie die von Flugzeugen. Man muss für den Transport von Menschen die Technologie so weiter entwickeln, dass sie sicher ist. Darüber hinaus sind wir der Meinung, dass wir eine Rettungskapsel brauchen. Die Passagiere steigen nicht in den normalen Flugzeugrumpf, sondern in eine separate Kapsel. Diese wird kurz vor dem Start mit dem „Spaceliner“ verbunden. Im Notfall könnte die Rettungskapsel dann abgesprengt werden.“

Was sind denn die Vorteile dieses superschnellen Flugzeugs?

Sippel: „Die Reisezeit verkürzt sich erheblich. Für einen Flug nach Australien bräuchten die Passagiere statt 30 Stunden nur noch 90 Minuten. Außerdem ist der „Spaceliner“ umweltfreundlicher, weil er mit Raketentreibstoff – flüssigem Wasserstoff und Sauerstoff - fliegt. Während des Flugs entstehen keine klimaschädlichen Gase wie Kohlendioxid und keine Stickoxide.“

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Wie lange wird es noch dauern, bis die ersten Flugzeuge mit Raketenantrieb im Linienverkehr unterwegs sind?

Sippel: „Etwa 35 bis 40 Jahre. Es geht zunächst darum, das Ganze zuverlässig und sicher zu machen. Das ist eine Herausforderung. Prinzipiell sind Flugzeuge mit Raketenantrieb machbar, aber es muss auch von den Kosten her möglich sein. So etwas sollte natürlich auf private Initiative entwickelt werden. Es ist nicht vorstellbar, dass das allein staatlich finanziert wird.“

Welche technischen Probleme müssen Sie bis dahin noch lösen?

Sippel: „Es ist hauptsächlich die Zuverlässigkeit der Raketentriebwerke, die verbessert werden muss. Es wird keine neuen Triebwerke geben, sondern zum Teil ähnliche wie sie bei der Ariane-Rakete zum Einsatz kommen. Ein weiteres Problem ist die starke Aufheizung der Außenhaut. Es müssen Schutzsysteme entwickelt werden, die viele Flüge hintereinander überstehen. Außerdem müssen wir eine Lösung dafür finden, wie wir den flüssigen Wasserstoff in den Tanks lagern können. Das erforschen wir gerade in dem neuen EU-Projekt CHATT.“

Werden wir dann künftig innerhalb weniger Sekunden von Hamburg nach München reisen können?

Sippel: „Nein, für kurze oder mittlere Strecken lohnt sich das nicht, weil der „Spaceliner“ eine große Höhe erreichen muss. Wir müssen auch bedenken, dass ein so schnelles Fahrzeug viel Lärm macht. Deshalb wird es spezielle Startplätze geben, die weit von Wohngebieten entfernt sind und deren Zahl begrenzt ist. Einer wird vielleicht in Europa sein, einer in Australien, einer in Amerika und einer in Asien.“