Absturz: Experten beraten nach dem Unglück über Weltraumschrott

Wie Weltraumschrott zu vermeiden ist, darüber beraten am 24. und 25. Februar die Mitglieder des Weltraumausschusses der UNO in Wien. Seit neun Jahren können sich die 60 Mitglieder nicht einigen, was zu tun ist. Der Absturz der Raumfähre Columbia könnte sie wachrütteln. Denn Weltraumschrott könnte das tragische Unglück ausgelöst haben. "Es ist durchaus möglich, dass die Kacheln des Hitzeschilds von zwei bis drei Zentimeter großen Schrottteilchen so beschädigt wurden, dass Hitze und hoher Luftdruck ihn zerstören konnten", bestätigt Walter Flury vom Satellitenkontrollzentrum ESOC der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA in Darmstadt die Vermutungen der NASA. Der Mathematiker und Physiker ist Experte für Weltraumschrott. Die größte Quelle des Weltraummülls sind die Explosionen von Raketenoberstufen und Satelliten. Die bei Reparaturen und Experimenten im All weggeworfenen oder verlorenen Teile machen zwölf Prozent des Schrotts aus. Der Mensch hat bereits rund zwei Millionen Kilogramm Abfall im Weltall hinterlassen. Bilder aus dem All zeigen ein Band aus weißen Punkten rund um die Erde - es ist ein gigantischer Schrottplatz. Radaranlagen kontrollieren die Wrackteile, die größer als zehn Zentimeter sind und im erdnahen Weltraum fliegen. Ihre Bahnen sind in einem Katalog notiert, so dass die Fähren oder die Raumstation ihnen ausweichen können. Etwa 10 000 dieser "Brocken" sind erfasst. Ständig rasen zudem 150 000 bis 300 000 kleinste Müllteilchen um die Erde. Sie sind unberechenbar. "Ihre Zerstörungskraft ist immens, weil die Teilchen mit hohen Geschwindigkeiten - bis zu 50 000 Kilometern pro Stunde - durchs All sausen", erläutert Walter Flury, der seit fast 30 Jahren den Weltraum beobachtet und erforscht. Der einzig natürliche Reinigungsprozess ist der Luftwiderstand. Der Schrott verliert durch die Reibung allmählich an Höhe und verglüht schließlich in den dichteren Luftschichten. Da mit zunehmender Höhe die Luftdichte stark abnimmt, verbleibt der Schrott dort wesentlich länger. In Höhen zwischen 800 und 1500 Kilometern dauert es mindestens hundert Jahre, bis der Müll verglüht ist. "Ein Aufräumen ist technisch machbar, aber nicht finanzierbar", so Walter Flury. "Daher ist es nötig, sich darauf zu konzentrieren, dass nicht immer noch mehr Müll entsteht." Flury nennt zwei konkrete Maßnahmen: Raketen sollten nach Ablauf ihrer Lebenszeit nicht mehr gesprengt werden. Denn damit vermehrt sich der Schrott. Vielmehr sollten sie so aus dem Verkehr gezogen werden, dass sie in der Erdatmosphäre verglühen. Außerdem sollten kein Handwerkszeug oder andere Teile von Exkursionen oder Reparaturen mehr im All landen. Diese Vorschläge sind Teil des Paketes, das das "Inter-Agency Space Debris Coordination Commitee (IADC)" für die Beratungen der Weltraumkommission der UNO Ende Februar erarbeitet hat. Das IADC wurde 1993 in Darmstadt gegründet, und ihm gehören die Weltraumorganisationen von elf Ländern - darunter USA, Russland, Indien, China und Japan - an. Doch Walter Flury ist skeptisch, dass die Vorschläge schnell verwirklicht werden. Denn bislang lehnen einige Weltraumnationen jede verbindliche Regelung über ihren Müll, den sie im All hinterlassen, ab.