Raumfahrt: Ideen für bessere Raumtransportsysteme gibt es schon lange, doch bislang fehlt der Wille, sie zu entwickeln

Vor 40 Jahren ging alles noch sehr schnell. Auf die einsitzige Mercury-Kapsel folgte das Gemini-Raumschiff für zwei Personen und schließlich die Apollo-Kapsel, die drei Astronauten befördern konnte. In den siebziger Jahren wurde dann mit dem Space Shuttle das erste teilweise wieder verwendbare Raumfluggerät entwickelt, das am 12. April 1981 seinen Jungfernflug absolvierte. Und dabei ist es geblieben. Alle Versuche ein grundlegend neues Transportsystem zu entwickeln, versickerten ergebnislos. Nur wenige Tage vor dem Start der Columbia zu ihrem verhängnisvollen Flug forderte die amerikanische Space Frontier Foundation in einem Brief an den Kongress, zunächst die Gründe für dieses wiederholte Scheitern zu untersuchen, bevor Gelder für neue Entwicklungsprojekte bewilligt würden. "Seit dem Shuttle kann die NASA bei der Entwicklung neuer Transportsysteme eine perfekte Bilanz vorweisen", stichelte John Cserep, Vorstandsmitglied der nichtkommerziellen Organisation und Unterzeichner des Briefs. "Sie haben alle Projekte eingestellt." Dabei mangelt es nicht an Konzepten für die Nachfolge der Raumfähre. Noch vor knapp einem Jahr wurden im Rahmen der Space Launch Initiative Vorschläge für ein wieder verwendbares Raumfahrzeug der zweiten Generation gesichtet und 15 in die engere Auswahl genommen. Dennis Smith, Programm-Manager am Marshall Space Flight Center der NASA in Huntsville, Alabama, war zuversichtlich: "Wir werden in den kommenden fünf Jahren fast fünf Milliarden Dollar für die Prüfung und Entwicklung des Systems ausgeben." Im Jahr 2012 sollte der Shuttle-Nachfolger den Betrieb aufnehmen. Erst vor wenigen Wochen wurde die Space Launch Initiative jedoch ebenfalls eingestellt. Vorgesehen war ein zweistufiges, komplett wieder verwendbares System. Während bei der Raumfähre der externe Tank, der den Anfangsschub liefert, verloren geht, sollte er beim neuen Transporter zur Startbasis zurückkehren können. "Es wäre sehr elegant, innerhalb weniger Minuten einen Start und eine Landung zu sehen", schwärmte Smith. Ein Vorteil eines solchen Systems besteht darin, dass die erste Stufe wie ein Flugzeug den Sauerstoff der Luft atmen könnte, statt ihn in flüssiger Form mitzuführen, was das Startgewicht erheblich erhöht. Tatsächlich gibt es schon seit langem die Idee, Raumfahrzeuge von Flugzeugen zu starten. So entwickelte der deutsche Ingenieur Eugen Sänger zu Beginn der sechziger Jahre das Konzept, einen Raumgleiter von einem Überschallflugzeug zunächst auf 30 Kilometer Höhe zu bringen und von dort aus ins All zu feuern. Eine andere Möglichkeit besteht darin, den Anfangsschub am Boden mit Hilfe einer langen Startrampe zu erzeugen. Hiermit experimentierte Sänger bereits in den dreißiger Jahren: Ein raketengetriebener Schlitten sollte auf einer drei Kilometer langen Rampe, die am Ende in einem Winkel von 30 Grad anstieg, den Flugkörper auf 1850 km/h beschleunigen. In 1,5 Kilometer Höhe sollte dessen eigener Raketenmotor für acht Minuten feuern, bis eine Geschwindigkeit von 22 100 km/h und eine Höhe von 145 Kilometern erreicht war. Das Konzept der langen Startrampe wird heute wieder ernsthaft verfolgt. Beim Marshall Space Flight Center der NASA experimentiert man mit der so genannten Magnetic Levitation: Ähnlich wie der Transrapid wird der Schlitten mit der eigentlichen Rakete hierbei durch magnetische Kräfte beschleunigt. Billiger ist die Lösung, die an der Technischen Universität Berlin entwickelt wurde: Den Schub liefert hier Wasserdampf, der unter hohem Druck aus der Antriebsstufe austritt. Im Rahmen des "X-33"-Programms experimentierte die NASA auch mit Konzepten, mit einer einzigen Raketenstufe in den Orbit und wieder zurück zu kommen. Neben dem Aerospike-Antrieb, der ebenfalls auf Ideen aus den sechziger und siebziger Jahren zurückgeht, sollten auch neue Hitzeschutztechnologien und Leichtbaumaterialien getestet werden. Im März 2001 wurde das X-33-Programm jedoch - Überraschung! - eingestellt. Warum zeigt die NASA so wenig Entschlossenheit, das teure, umständliche und offenbar unzuverlässige Space Shuttle durch ein neues System zu ersetzen? Für das amerikanische "Time Magazine" hat das in der aktuellen Ausgabe einen einfachen Grund: Die beteiligten Firmen, namentlich Boeing und Lockheed Martin, verdienen zu gut an der komplizierten Raumfähre. 6400 Mitarbeiter seien allein mit der Startabwicklung beschäftigt. "Jedes neue Raumfahrtsystem, das die Kosten senkt", so "Time" "wäre für die Vertragspartner wie ein Mordanschlag auf die Gans, die goldene Eier legt." Informationen im Internet : Space Transportation (Überblick über verschiedene Konzepte): www.geocities.com/spacetransport/ Space Transportation beim Marshall Space Flight Center www.highway2space.com/