Hamburg. Spanische Wegschnecken fallen über Gärten her. Wie bekämpft man sie? Zum Beispiel mit “Todesstreifen“ und Scheren.

„Iiieh.“ Der spitze Ruf meiner Frau Anke trieb mich neulich morgens endgültig aus den Federn. Als ich in die Küche kam, deutete sie auf fünf braune Nacktschnecken, die ein Stück weit die verglaste Tür an der Rückseite unserer kleinen Mühle im Wendland heraufgekrochen waren. Dann sagte sie: „Tu was, das ist dein Garten.“ Also, „mein“ Garten ist es immer dann, wenn es etwas Unangenehmes zu tun gibt.

Ab in die Biotonne!

Diskutieren ist zwecklos. Gartenhandschuhe habe ich immer griffbereit, ich entsorgte die Schnecken in die Biotonne – nicht ohne sie vorher mit der Gartenschere einmal durchschnitten zu haben. Ekelhaft? Schon, aber als ich zurückkam, hatten es drei weitere schleimige Kriecher bereits über die Schwelle geschafft. Ich hatte die Tür offen gelassen. Schnecken-Invasion, das nackte Grauen, ein Albtraum wie Hitchcocks Vögel? Anke war im Badezimmer. Dass Schnecken schon auf dem Weg in die Küche waren, habe ich ihr nicht gesagt.

Noch am selben Abend habe ich die Jagdsaison auf Arion vulgaris eröffnet. Das ist der lateinische Name für die Spanische Wegschnecke, die vor gut 50 Jahren als mutmaßlich blinder Passagier in Gemüsekisten von der Iberischen Halbinsel oder Südfrankreich illegal bei uns eingewandert ist. Seitdem haben sie sich massenhaft vermehrt. Bis zu 400 Eier legt jeder dieser Kriecher im Herbst unter Laub, Steinen oder in Erdspalten ab. Danach sterben sie. Die brauchen nicht mal Sex zur Vermehrung. Zur Not befruchten sie sich selber. Natürliche Feinde haben sie nicht. Kröten, Igel und Vögel machen einen Bogen um Arion vulgaris: zu bitter.

Laufenten im Einsatz

Nur für die Indische Laufente ist die Nacktschnecke offenbar eine Delikatesse. 40 bis 50 Stück schaffen die pro Tag. Aber Vorsicht: Sie haben dann Haustiere, können nicht mal einfach so verreisen und müssen die neuen Gartenbewohner artgerecht halten. Am besten ist ein Pärchen. Es braucht eine Wasserstelle, Zusatzfutter und eine Art Stall für die Nacht. Und ihr Garten sollte ausbruchssicher sein. Mittlerweile kann man das Federvieh sogar mieten, übers Internet etwa unter „rent an ent“, zu Preisen von 30 bis 40 Euro im Monat.

Lediglich anhaltender Kahl-Frost kann den Eier-Gelegen der Schnecken im Winter erheblich schaden, unter einer schützenden Schneedecke fühlt sich die Brut dagegen pudelwohl. Wenn es dann wie dieses Jahr im März sehr warm ist und im Sommer viel regnet, hat Arion vulgaris ideale Lebensbedingungen. 208 Tiere hatte eine Nachbarin an einem Abend eingesammelt und getötet. Da lachte ich kurz. Bei 300 hatte ich aufgehört zu zählen.

Schneckenkorn ist teuer

Wo ein Bedarf auftaucht, ist die Gartenindustrie nicht weit. Schneckenkorn ist effizient, aber teuer. Nach jedem Regen lässt die Wirkung nach, und man muss nachstreuen. Das gilt auch für Kalk, der zusätzlich den ph-Wert erhöht und somit das Gleichgewicht im Boden verändert – oder sogenannte Todestreifen um Beete, zum Beispiel aus Kaffeemehl, Sägespänen oder Streifen von Schafswoll-Matten, welche die Öko-Industrie am laufenden Meter anbietet. Auf ihnen sollen die Plagegeister regelrecht austrocknen. Allerdings nur, wenn sie nicht durch Regen nass geworden sind.

Schneckenzäune aus Blech sehen nicht sehr schön aus, die scharf abgeknickten Ränder sind aber ein guter Schutz für Stauden- und Gemüsebeete. Aber mal abgesehen von der Optik – um unseren kleinen Mühlenpark von mehr als 6000 Quadratmetern schneckensicher zu machen, müsste ich Hunderte von Metern Zaun verlegen. Oder Dutzende von Brettern auslegen, unter denen sich die lichtscheuen Gesellen tagsüber gern verstecken, um sie einzusammeln, bevor sie in der Abenddämmerung zu ihren Fress-Attacken aufbrechen. Bierfallen locken auch – Stadtgärtner aufgepasst! – Schnecken aus Nachbargärten an. Wenn sie die Falle nicht erreichen, haben Sie den Salat. Und wenn der Alkohol in den Schalen verflogen oder der Gerstensaft von Regen verwässert ist, saufen sich die Schnecken nicht zu Tode, sondern haben erst richtig Appetit bekommen.

Salz auf Schnecken?

Verbreitet ist auch die Methode, Salz auf die Schnecken zu streuen. Wirklich fies. Die Tiere sterben qualvoll – wie zum Tode Verurteilte in den USA nach einer Giftspritze. Rasch und wirkungsvoll ist der „mechanische Mord“, den Thomas Wagner vom Bundesverband Deutscher Gartenfreunde empfiehlt: „Einfach mit der Gartenschere durchschneiden.“ Am besten mit einer Heckenschere, dann müsse man sich nicht so tief bücken. Übrigens, Schnecken sind Kannibalen. Wo eine tote Artgenossin ist, sind bald andere da – um sich über den Leichnam herzumachen.