Gärtner in der Metropolregion klagen: Schädlinge zerstören das Gemüse. Umweltschützer geben Tipps, wie man das verhindern kann.

Stade. Sie kommen ungebeten, leise und nackt zur großen Salatparty in die Gärten der Metropolregion Hamburg. Und das mit unmäßigem Appetit. Wo die umtriebigen Vertreter der Familien Arion rufus und Arion lusitanicus, im Volksmund Nacktschnecken genannt, einfallen, wird nahezu alles, was gepflanzt wurde, abgefressen. Ob zarte Setzlinge, knackiges Gemüse oder Blumen, vor dem breiten Maul und der Raspelzunge der schleimigen Schädlinge ist fast nichts sicher.

Der laue Regen nach den warmen Sommertagen im Norden macht die Roten Wegschnecken besonders agil und bringt Pflanzenfreunde in der Region derzeit zur Verzweiflung. Zum Beispiel Renate Kröger aus Timmerlade bei Oldendorf. Sie klagt über die Schneckenplage in ihrem Gemüsegarten. "Uns bleibt nichts anderes übrig, als morgens und abends alle Schnecken aus den Beeten abzusammeln", sagt die passionierte Gärtnerin. "Leider finden wir nie alle und wundern uns, dass jeden Tag neue Invasionen in die Rabatten kommen."

Besonders gefräßig ist die sogenannte Spanische Wegschnecke, die laut Umweltverbänden Nabu und BUND in den 1960er-Jahren mit Gemüseimporten aus Südeuropa eingeschleppt wurde. Äußerlich ist sie nicht von ihren in Deutschland heimischen Verwandten zu unterscheiden. Allerdings wurde die heimische Rote Wegschnecke von der gefräßigen Spanischen Arion vulgaris fast völlig aus dem Kulturland verdrängt und kommt heute nur noch in Wäldern und feuchten Wiesen vor.

Die Nahrung beider Roten Wegschecken besteht überwiegend aus frischem Grün, jedoch auch aus Aas, das mithilfe der Raspelzunge zerkleinert wird. Die Roten Spanier, die auch zu Kannibalismus an verletzten Artgenossen neigen, haben in unseren Breiten keine Fressfeinde. Anders als die heimischen Exemplare sondern sie bei Angriffen von Igeln, Kröten oder Vögeln derart viel Schleim ab, dass die Schneckenjäger beim Vertilgen meist daran ersticken und die Roten Spanier deshalb verschmähen. So ist die Spanische Wegschnecke inzwischen für etwa 90 Prozent der Schäden in Gemüsekulturen und Blumenrabatten verantwortlich, wo sie tagtäglich etwa die Hälfte des eigenen Gewichts vertilgt.

"Das Problem ist hausgemacht", sagt Rainer von Brook, Vorstandsmitglied im Nabu-Kreisverband Stade. "Der Mensch hat in das ökologische Gleichgewicht eingegriffen, nun müssen wir damit leben."

Etwa 400 Eier legt eine Nacktschnecke zweimal pro Jahr unter Steinen oder in Bodenspalten ab. Nachdem sie sich mit zwei neuen Generationen fortgepflanzt haben, sterben die Elterntiere, die etwa neun bis zwölf Monate leben. Ihr Nachwuchs überwintert in der Erde und schlüpft im Frühjahr.

Auch wenn Tausende Wegschnecken von geplagten Gartenfreunden mit Spaten zerteilt, mit Scheren zerschnitten, mit Salz bestreut oder heißem Wasser überbrüht werden, ist der Invasion kaum Herr zu werden, zumal Artgenossen sich über die Reste der getöteten Schnecken hermachen. "Sie kommen mit Blumenerde und Pflanzencontainern in unsere Gärten, wo sie sich intensiv vermehren, und auch die grausigen Mordmethoden werden daran kaum etwas ändern", sagt von Brook.

Von Bierfallen, die die gefräßigen Nacktschnecken zusätzlich scharenweise anlocken oder "Schneckenkorn" als chemische Keule halten weder Renate Kröger noch Rainer von Brook etwas. "Ein ausgewogenes natürliches Gleichgewicht im Garten, ohne Chemie, ist der bessere Weg."

Der Nabu und die Mitarbeiter des BUND im Hans-Kelm-Haus in Stade geben Tipps, wie die Schneckenplage im Garten eingedämmt werden kann. Wichtige Helfer sind unter anderem die streng geschützten Weinbergschnecken (Helix pomatia), weil sie die Gelege der Nacktschnecken bevorzugt vertilgen. Auch Igel und Kleinsäugetiere sollten zum ökologischen Gleichgewicht in den Gärten beitragen.

Zudem lassen sich mit kleinen Tricks die Schnecken in gewissem Maße vergrämen. So setzt von Brook zum Beispiel auf Kaffeesatz, den er um schützenswerte Anpflanzungen streut. "Den scheinen die Schnecken nicht zu mögen." Die Beete sollten möglichst offen und trocken gehalten werden, denn Schnecken meiden trockene Areale. Mit Holzwolle, Steinmehl, Asche oder ausgestreutem Kalk lassen sich die Schädlinge zeitweise fernhalten, ebenso mit Thymian, Salbei, Senf oder Pfefferminze am Beetrand.