Berlin. Forschende haben eine neue Hirnhautschicht entdeckt, die wichtig für den Immunschutz sowie den Flüssigkeitstransport im Gehirn ist.

Dank des technologischen Fortschritts war es Wissenschaftlern in den vergangenen Jahren möglich den menschlichen Körper weiter zu erforschen. Mit Hilfe innovativer Analysemethoden konnten bislang unbekannte anatomische Strukturen entdeckt werden, berichtet das Magazin "Forschung und Wissen". Darunter seien Muskeln und Drüsen gewesen.

Ein Team aus Forschenden des University of Rochester Medical Centers aus den USA sowie der Universität Kopenhagen in Dänemark hat eine weitere Entdeckung gemacht. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift "Science" veröffentlicht. Es geht dabei um die Struktur des Gehirns.

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Erforschung des Gehirns: Wissenschaftler finden neue Hirnhautschicht

Bislang ist die Wissenschaft davon ausgegangen, dass das menschliche Gehirn von drei Hirnhautschichten umgeben ist: der Dura, der Arachnoidea und der Pia Mater. Doch die Forschenden entdeckten bei einem Experiment zufällig eine vierte Hirnhautschicht: die "subarachnoidale lymphatische Membran", auch als "SLYM" bezeichnet.

Sie befindet sich zwischen der mittleren Hirnhaut (Arachnoidea) und der innersten Hirnhaut (Pia mater). Der Spaltraum zwischen diesen beiden Schichten wird als "Subarachnoidalraum" bezeichnet, in dem die Hirnflüssigkeit zirkuliert. Die SLYM teilt diesen Spaltraum in zwei verschiedene Bereiche.

Die vierte Hirnhautschicht ist nur wenige Zelllagen dick und ähnelt von der Struktur einer sogenannten Mesothelmembran. Diese Membran stellt die äußerste Schicht der "Organe und Körperhöhlen" im menschlichen Körper dar, erklären die Forschenden in ihrem Bericht. Zudem umschließe die SLYM Blutgefäße und enthalte Immunzellen.

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    Vierte Hirnhautschicht entdeckt: Diese Funktionen hat die SLYM

    Die Struktur der vierten Hirnhautschicht liefere "grundlegende Erkenntnisse über die Immunbarriere des Gehirns und den Flüssigkeitstransport", heißt es in dem wissenschaftlichen Bericht. Die Forschenden vermuten mehrere Funktionen der SLYM:

    • Trennfunktion: Es sei denkbar, dass die neuentdeckte Hirnhautschicht saubere, frische Hirnflüssigkeit von alter Hirnflüssigkeit trenne, berichtet das Magazin "Forschung und Wissen". Der Fund belege die wichtige Rolle der Flüssigkeit für das Gehirn.
    • Barrierefunktion: Die SLYM umschließt Blutgefäße und hat dadurch eine wichtige Barrierefunktion beim Austausch von gelösten Stoffen zwischen dem Blut und der Hirnflüssigkeit. Stoffe, die eine bestimmte Masse (> drei Kilodalton) überschreiten, die also zu groß sind, können die vierte Hirnhautschicht nicht passieren. Wohingegen ein direkter Austausch "kleiner gelöster Stoffe zwischen Liquor und venösem Blut", also der Hirnflüssigkeit und dem Blut, möglich ist, erklären die Forschenden.
    Neue Hirnhautschicht entdeckt: Ein Team von Forschenden hat herausgefunden, dass das menschliche Gehirn nicht von drei, sondern von vier Hirnhautschichten umgeben ist. Die vierte Hirnhautschicht, auch
    Neue Hirnhautschicht entdeckt: Ein Team von Forschenden hat herausgefunden, dass das menschliche Gehirn nicht von drei, sondern von vier Hirnhautschichten umgeben ist. Die vierte Hirnhautschicht, auch "SLYM" genannt,verhindert, dass zu große Stoffe ins Gehirn transportiert werden. © Møllgård et al./Science

    • Schutzfunktion: Die neu entdeckte Hirnhautschicht enthält Immunzellen. Und zwar sogenannte "myeloische Zellen, deren Zahl als Reaktion auf Entzündungen und Alterung zunimmt", heißt es in dem Bericht. Die Forschenden gehen deshalb davon aus, dass es sich bei der SLYM um "eine Nische des angeborenen Immunsystems" handelt, "die ideal für die Überwachung des Liquors geeignet ist".

    Wird die SLYM beschädigt, werden die Trenn-, Barriere- und Schutzfunktion eingeschränkt. So könnten laut den Forschenden Verunreinigungen aus der alten Hirnflüssigkeit weiter ins Gehirn vordringen oder wichtige Strömungsmuster unterbrochen werden, heißt es im Magazin "Forschung und Wissen". Die Forschenden vermuten zudem, dass eine Verletzung der SLYM das Risiko für Alzheimer oder neuroentzündliche Komplikationen nach einer schweren Gehirnerschütterung erhöht. In Tierversuchen konnten sie bereits den Zusammenhang zwischen Schäden der vierten Hirnhautschicht und Entzündungen nachweisen, berichtet "Forschung und Wissen".