Berlin. Beschäftigte können ihre Arbeitszeit verkürzen und dann wieder zur Vollzeit zurückkehren. Die Neuregelung hat jedoch einige Lücken.

Einmal Teilzeit – immer Teilzeit? Dank der neuen Brückenteilzeit sollen Beschäftigte in diese Falle nicht mehr tappen. Ein genauer Blick in das zugrunde liegende Gesetz zeigt jedoch: Viele Arbeitnehmer haben nichts von der seit Januar geltenden Neuregelung – und viele andere müssen sich sputen, um davon zu profitieren.

Brückenteilzeit (BTZ) bedeutet: Der Beschäftigte verringert seine Arbeitszeit befristet für einen vorab festgelegten Zeitraum, mindestens ein Jahr und höchstens fünf Jahre. Anschließend kehrt er automatisch wieder zur alten, höheren Arbeitszeit zurück – womit er der sonst drohenden Teilzeit-Falle entgeht.

Anspruch darauf hat, wer mehr als sechs Monate im Unternehmen ist. Aber Vorsicht: Die Brückenteilzeit greift nur für Beschäftigte, die in Unternehmen mit mehr als 45 Mitarbeitern arbeiten (ohne Auszubildende). Wichtig auch: Die neue Stelle nach Ende der Brückenteilzeit muss nicht dieselbe wie die alte sein.

Vor allem Frauen sind oft im Nachteil

Zum Vergleich: Bis Ende 2018 sah das Gesetz nur den Anspruch auf unbegrenzte Teilzeitarbeit vor – verbunden mit dem Risiko, dauerhaft in Teilzeit zu bleiben. Vor allem Frauen, die wegen der Kindererziehung beruflich kürzertraten, steckten oder stecken in dieser Einbahnstraße fest.

„Sind die Kinder alt genug, um wieder in Vollzeit arbeiten zu können, war es bisher schwer möglich, in Vollzeit zurückzukehren. Es gab darauf zwar einen Rechtsanspruch, der aber in der Praxis fast nicht durchsetzbar war“, erläutert Regina Steiner, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Frankfurt am Main.

Die Brückenteilzeit soll aber nicht nur Frauen, sondern allen Belegschaftsmitgliedern helfen, berufliche und private Belange unter einen Hut zu bringen. Einen Grund für den Wunsch auf kürzere Arbeitszeit – etwa Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen – müssen sie nicht nennen.

Das Gesetz sieht gravierende Einschränkungen vor

„Der Anspruch auf Brückenteilzeit besteht unabhängig von der persönlichen oder familiären Situation des Antragstellers und von seinen Interessen“, sagt Christoph Hildebrandt, Fachanwalt für Arbeitsrecht in der auf Arbeitsrecht spezialisierten Kanzlei Hensche Rechtsanwälte in Berlin. Das bringt die Brückenteilzeit den Arbeitnehmern.

Aber Achtung: Das Gesetz sieht auch gravierende Einschränkungen vor.

Haken Nummer 1: Neben den genannten Kleinunternehmen mit bis zu 45 Beschäftigten können auch größere Arbeitgeber Anträge ablehnen, und zwar immer ab Erreichen gesetzlich definierter Zumutbarkeitsgrenzen. Konkret gilt für Unternehmen mit bis zu 200 Mitarbeitern: Sie müssen – gestaffelt nach Betriebsgrößen – nur jedem 15. Beschäftigten eine BTZ gewähren.

Praktisch bedeutet das: Falls in den nächsten Wochen viele Mitarbeiter in die befristete Teilzeit wechseln möchten, ist das Pflichtkontingent an betrieblichen Plätzen womöglich rasch ausgeschöpft.

„Daher sollten Beschäftigte, die den festen Wunsch nach Aufnahme einer Brückenteilzeit haben, mit der Antragstellung nicht unnötig zögern. Sie könnten sonst zu spät kommen und leer ausgehen, weil das Unternehmen die vorgegebene Anzahl an Brückenteilzeiten bereits erreicht hat und die Ablehnung nicht mit betrieblichen Gründen rechtfertigen muss“, sagt Hildebrandt.

Haken Nummer 2: Auch Großunternehmen können – unabhängig von ihrer Mitarbeiterzahl – einen BTZ-Antrag in bestimmten Fällen ablehnen. Laut Gesetz liegen betriebliche Gründe dafür vor, wenn die gewünschte Brückenteilzeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigen würde – aber auch dann, wenn sie mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden wäre.

„Es genügt aber nicht, dass der Arbeitgeber beispielsweise einfach die Vorstellung hat, in seinem Betrieb solle es nur Vollzeit-Arbeitsplätze geben“, betont Steiner.

Ein Beispiel für ein mögliches Veto aus Kostengründen: Der Arbeitgeber macht geltend, dass er bei Genehmigung fortan zwei teilzeitbeschäftigten Spezialisten (anstelle von bislang nur einem) teure Fortbildungen bezahlen müsse. Widerstandslos hinnehmen muss der Antragsteller das jedoch nicht. Im Streitfall müssten Arbeitsgerichte entscheiden.

Sonderregeln: Seit 2015 können Berufstätige eine zweijährige Familienpflegezeit einlegen, um sich etwa um kranke Angehörige zu kümmern. In dieser Zeit lässt sich die Wochenarbeitszeit auf bis zu 15 Stunden reduzieren. Der Anspruch gilt aber nur in Unternehmen mit mindestens 25 Beschäftigten.