FDP-Abweichler Schäffler ist erfreut über Karlsruhe. Bundesverfassungsgericht unter Druck wegen Ende der Amtszeit von Richter Udo di Fabio.

Karlsruhe/Berlin. Nachdem das Bundesverfassungsgericht das Sondergremium zum Euro-Rettungsschirm EFSF vorläufig gestoppt hat, gibt es erste Zeitplanungen für die endgültige Entscheidung. Die Sprecherin des Gerichts sagte auf Anfrage, der Zweite Senat bemühe sich um ein Urteil noch vor der Weihnachtspause. Zwei SPD-Bundestagsabgeordnete haben Organklage gegen die Kompetenz des neunköpfigen Gremiums erhoben. Über Organklagen muss Karlsruhe mündlich verhandeln, es sei denn, die Antragsteller verzichten darauf. Das Gericht hat entsprechende Anfragen an die Abgeordneten Peter Danckert und Swen Schulz gerichtet, erklärte die Sprecherin. Die Amtszeit des Bundesverfassungsrichters Udo di Fabio endet im Dezember 2011. Er kann nur am Hauptsacheverfahren mitwirken, wenn die Entscheidung bis dahin beraten wurde.

Die Bundesregierung kommentiert den vorläufigen gerichtlichen Stopp des parlamentarischen Sondergremiums zur Euro-Rettung nicht. Es handele sich um ein laufendes Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Dazu die nehme die Regierung üblicherweise keine Stellung. Das gelte auch in diesem Fall.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler hat den Stopp der Entscheidungsbefugnis des neuen Neunergremiums zum Euro-Rettungsfonds begrüßt. „Die Eilentscheidung des Verfassungsgerichts ist eine Ohrfeige fürs Parlament“, sagte Schäffler zu „Handelsblatt Online“. Konsequenz müsse sein, dass die „Schuldenschirmpolitik nicht im Hinterzimmer entschieden werde, sagte Schäffler. „Das Haushaltsrecht ist das Königsrecht des Parlaments und nicht nur von neun Abgeordneten.“

In dem neunköpfigen Gremium sollen alle Entscheidungen mit besonderer Eilbedürftigkeit oder Vertraulichkeit getroffen werden. Der Bundestag hatte bei der Ausweitung der EFSF-Befugnisse darauf gedrungen, künftig in alle Entscheidungen der EFSF maßgeblich eingebunden zu werden. Deutschland bürgt mit bis zu 211 Milliarden Euro für die 440 Milliarden Euro, die dem vorläufigen Rettungsschirm für Euro-Schuldenstaaten zur Verfügung stehen. Dem Ausschuss gehören Mitglieder aller Fraktionen an.

Der Zweite Senat begründete seine Anordnung damit, die haushaltspolitischen Statusrechte der Bundestagsabgeordneten könnten anderenfalls irreversibel verletzt werden. Damit waren Schulz und Dankert in einem ersten wichtigen Schritt erfolgreich. Sie hatten am Donnerstag Eilantrag und Organklage gegen das Gremium eingelegt. Die beiden beriefen sich auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, das die Verfassungsmäßigkeit des Zusammenschlusses angezweifelt hatte. Anfang September erst hatte der Zweite Senat den Euro-Rettungsschirm ESFS und die Griechenland-Finanzhilfen in einem Grundsatzurteil zwar für verfassungsgemäß gehalten, gleichzeitig jedoch das Haushaltsrecht des Bundestages gestärkt.

Parallel zur Aufstockung des EFSF hatte der Bundestag daraufhin Ende September auch seine Mitspracherechte bei Entscheidungen des Rettungsschirms neu geregelt. Künftig müssen alle EFSF-Maßnahmen, bei denen deutsche Steuergelder eingesetzt werden, vorab vom Bundestag genehmigt werden.

Das Gericht entschied sich in einer Folgenabwägung dennoch erst einmal gegen das Gremium. Denn den Klägern entstünden schwere Nachteile, wenn der Sonderausschuss erst einmal Entscheidungen treffen dürfe, dann jedoch vom Gericht für verfassungswidrig erklärt würde, hieß es. So könnten die neun Abgeordneten in der Zwischenzeit einer EFSF-Notmaßnahme zustimmen, die nachträglich betrachtet dann verfassungswidrig wäre.

Die damit verbundenen Rechtsverletzungen für die Abgeordneten könne das Gericht aber nicht mehr rückgängig machen, da Deutschland nach außen hin an die Entscheidung des Gremiums gebunden wäre, hieß es in der Entscheidung unter Federführung von Verfassungsrichter Udo di Fabio. Der Bundestag bliebe auch bei dieser Entscheidung handlungsfähig. Denn das Parlament könne jederzeit im Plenum über entsprechende Anträge der Bundesregierung entscheiden. (abendblatt.de/dpa/dapd/rtr)