Berlin. Hat sich der Fraktionschef für Heckler&Koch starkgemacht? Die Firma liegt in seinem Wahlkreis. Er kann sich nicht erinnern.

Der heutige Unionsfraktionschef Volker Kauder hat laut „Spiegel“ vor gut 20 Jahren im Verteidigungsministerium interveniert, um die Auftragsvergabe für ein neues Sturmgewehr der Bundeswehr aufzuschieben. Kauder sei offensichtlich besorgt gewesen, dass sich die Bundeswehr gegen das G36 des in seinem Wahlkreis ansässigen Herstellers Heckler&Koch entscheiden und ein österreichisches Konkurrenzprodukt nehmen könnte, berichtete das Nachrichtenmagazin. Anfang 1994 war das heute wegen Präzisionsmängeln kritisierte G36 demnach bei Tests als „nicht truppenverwendbar“ eingestuft worden.

Nach Darstellung des „Spiegels“ setzte sich Kauder in einem Schreiben an den Abteilungsleiter Rüstung vom 11. August 1994 für den „Aufschub einer Vergabeentscheidung“ ein, damit sich die Arbeitsgruppe Verteidigung der Unionsfraktion noch einmal damit beschäftigen könne. Kauder sei es um „die Erörterung der Arbeitsmarktsituation in der Region Oberndorf“ gegangen, wo Heckler&Koch sitzt. So stehe es in einer Vorlage zur Auswahl des Gewehrs vom 2. September 1994.

Kauder, dessen Wahlkreis und Partei laut „Spiegel“ in der Vergangenheit insgesamt mehrere Zehntausend Euro Spenden von Heckler&Koch erhalten hat, will sich zu den Vorgängen nicht äußern. Eine Sprecherin sagte, er könne sich daran „nicht erinnern“.

Es ist nicht unüblich, dass Politiker aus Sorge um die Arbeitsplätze in ihrer Region die Interessen der dortigen Unternehmen im Blick halten – auch wenn das oft auf Kritik stößt. In diesem Fall ist nicht völlig klar, wie die endgültige Vergabeentscheidung zustande kam.

Die Linksfraktion überlegt, nun doch einen Untersuchungsausschuss anzustreben. „Die Seilschaft von Heckler&Koch reicht also nicht nur ins Verteidigungsministerium, sondern in die Spitze der CDU“, sagte der Hamburger Abgeordnete Jan van Aken. (dpa)