Bei seiner Reise durch Algerien, Marokko und Tunesien wurde der deutsche Außenminister immer wieder auf Pegida und eine anti-islamische Stimmung in seiner Heimat angesprochen. Auch der Terror war für Steinmeier Thema.

Algier. Algeriens Präsident Abdelaziz Bouteflika ist ein kranker Mann. 78 wird er demnächst. Einen Bürgerkrieg gegen die Islamisten mit schätzungsweise 150.000 Toten hat er hinter sich, vier Wahlen, unter merkwürdigen Umständen gewonnen, und einen Schlaganfall, seit dem er sich nur noch selten sehen lässt. Wenn Bouteflika Gäste empfängt, was auch nicht mehr so häufig der Fall ist, sitzt er meist schon da. Und meist bleibt er auch sitzen, mit glasigem Blick und zitternden Händen.

Am Sonntag nun hatte Frank-Walter Steinmeier seinen Termin bei dem greisen Präsidenten. Das Gespräch in Bouteflikas Residenz mit Blick aufs Mittelmeer war letzte Station einer viertägigen Reise durch die Maghreb-Länder Algerien, Tunesien und Marokko – drei Staaten, die seit dem „Arabischen Frühling“ eine sehr unterschiedliche Entwicklung genommen haben.

Im Vergleich zu Tunesien, das nun als arabisches Musterland für Demokratisierung gilt, und Marokko, wo König Mohammed VI. mit Reformen und Wirtschaftswachstum punktet, steht Algerien schlecht da. Afrikas größtes Land mit seinen 40 Millionen Einwohnern hat massiv an Einfluss verloren: durch Korruption, Bürokratie und auch durch das Machtvakuum wegen Bouteflikas Gesundheitszustand. Jetzt macht den Algeriern noch der gesunkene Ölpreis zu schaffen.

Gemeinsame Sorge vor neuem Terror

Was aber alle drei Länder eint: die Sorge vor neuem islamistischem Terror. Aus Tunesien sind nach offiziellen Zahlen mehr als 2000 junge Männer in den Dschihad gezogen. Aus Marokko haben sich mindestens 1200 radikale Muslime der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) oder dem Terrornetzwerk Al-Kaida angeschlossen, um in Syrien, in Libyen oder im Irak zu kämpfen. Aus Algerien gibt es darüber keine verlässlichen Zahlen. Dort hat man mit dem Terror im eigenen Land immer noch genug zu tun.

So bot Steinmeier auf allen drei Stationen der Reise eine engere Zusammenarbeit mit den deutschen Sicherheitsbehörden an – vor allem, um zu verhindern, dass islamistische Kämpfer nach der Rückkehr aus dem Krieg in ihrer Heimat zur Gefahr werden. Solche Pläne gab es schon länger. Aber nach den Terroranschlägen von Paris ist man sich einig darin, dass mit der Zusammenarbeit über das Mittelmeer hinweg nun endlich ernstgemacht werden muss.

Das Angebot gilt auch für Algerien. Nach Transportpanzern, Fregatten und Hubschraubern aus deutscher Produktion bekommt Algier jetzt auch eine eigene Panzerfabrik, geliefert von Rheinmetall. Wert des Auftrags: 2,7 Milliarden Euro.

Steinmeier wiederholt auf Pegida angesprochen

Alle drei Länder verbindet aber noch etwas. Überall wurde Steinmeier danach gefragt, ob es in Deutschland jetzt tatsächlich eine anti-islamische Stimmung gibt. Die Pegida-Kundgebungen wurden auch in Marrakesch, in Tunis und in Algier verfolgt. Steinmeier wurde in fast allen offiziellen Gesprächen darauf angesprochen, aber auch bei Begegnungen mit Studenten.

Aus Sicht des Außenministers haben die Pegida-Demonstrationen im Ausland jetzt schon Schaden angerichtet. Es gebe inzwischen große Sorge, ob sich in Deutschland „etwas in Richtung bekannter Parolen aus der Vergangenheit zurückentwickelt“. „Manchmal spürt man Skepsis, ob die Deutschen alle hinreichend gelernt haben.“ Steinmeier verwies dann stets darauf, dass viel mehr Menschen in Deutschland gegen Pediga auf die Straße gehen als dafür.

Seine grundsätzliche Sicht der Dinge hatte der SPD-Mann schon am Tag zuvor vor der Universität Tunis dargelegt. Dort warnte er in einer Rede vor allzu „einfachen Antworten“. Und davor, im Verhältnis zum Islam neue Feindbilder aufzubauen. „Wer mit Religion Feindbilder schafft, liegt genauso falsch wie derjenige, der gegen Religion Feindbilder schafft. Wer mit Religion aufhetzt, tut genauso falsch wie der, der gegen Religion aufhetzt.“