Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will am Montag seine Maut-Pläne vorstellen. Einige Details sind schon bekannt. Zweifel an der Umsetzbarkeit aber bleiben.

Berlin. Mehrfach schon war der Termin angekündigt und dann doch immer wieder verschoben worden. Am heutigen Montag soll es nun endlich so weit sein: Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will in Berlin seine mit Spannung erwarteten Maut-Pläne vorstellen. Um 13 Uhr ist eine Pressekonferenz geplant, um 17 Uhr soll ein Treffen mit der zuständigen Arbeitsgruppe seiner Fraktion folgen. Dobrindt will mit seinen ersten Eckpunkten zeigen, wie er die Vorgaben des Koalitionsvertrags umsetzen will: Autofahrer aus dem Ausland zur Kasse bitten, ohne sie zu diskriminieren und damit gegen EU-Recht zu verstoßen. Gleichzeitig will er die deutschen Autofahrer nicht zusätzlich belasten und unterm Strich noch einen nennenswerten Betrag einnehmen, um damit die Verkehrsinfrastruktur zu finanzieren.

Das Vorhaben gleicht aus Sicht der Maut-Kritiker einer „Quadratur des Kreises“, und auch eher wohlgesonnene Koalitionskollegen haben ihre Zweifel, ob es am Ende gelingen kann, das scheinbar Unmögliche möglich zu machen. Sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte den Minister aufgefordert, seine Maut-Pläne zunächst mit EU-Verkehrskommissar Siim Kallas abzusprechen, um Ärger mit Brüssel zu vermeiden. Bedenken an der Umsetzbarkeit sind auch nicht ausgeräumt, nachdem am Wochenende erste Details der Mautpläne bekannt wurden. Der CDU-Verkehrsexperte und frühere Verkehrsminister von Nordrhein-Westfalen, Oliver Wittke, sagte: „Es bleiben noch eine Vielzahl von Fragen.“ Das betrifft etwa die Staffelung der Vignettenpreise als auch die Ausweitung der Maut auf das gesamte Straßennetz.

„Spiegel“ und „Bild am Sonntag“ hatten übereinstimmend gemeldet, dass Dobrindt die Einführung von drei Arten von Vignetten plane. Unabhängig vom Fahrzeugtyp soll eine Vignette für zehn Tage zehn Euro kosten, für eine Zwei-Monats-Vignette sollen Autofahrer 20 Euro zahlen – egal, welches Auto sie fahren. Beim Preis für die Jahresvignette sollen dann die Schadstoffklasse des Fahrzeugs und der Hubraum eine entscheidende Rolle spielen. Besitzer großer und alter Autos, die hohe Emissionen verursachen, sollen deutlich kräftiger zur Kasse gebeten werden als die Eigentümer moderner Öko-Flitzer.

Der Besitzer eines VW Polo 1,2 TSI (knapp 1200 Kubikzentimeter Hubraum), der im vergangenen Jahr zugelassen wurde, müsste demnach eine Jahresmaut von 24 Euro entrichten. Für einen ab 2012 gebauten VW Passat 5 Diesel (knapp 2000 Kubikzentimeter), wären 104,50 Euro fällig. Noch etwas teurer wäre es mit 108,08 Euro für die Fahrer des älteren VW Golf 5. Dobrindt rechnet in seinem Konzept vor, dass am Ende im Jahr 625 Millionen Euro Mehreinnahmen für die Infrastruktur bleiben.

Damit die Autofahrer durch die Maut nicht zusätzlich belastet werden, sollen die Ausgaben für die Vignette mit der Kfz-Steuer verrechnet werden. Dafür muss das Kfz-Steuersystem entsprechend angepasst werden. Auf diese Art und Weise soll der Eindruck vermieden werden, dass die Maut direkt mit der Kfz-Steuer verrechnet wird – eine Verknüpfung, die das EU-Recht strikt verbietet. Wittke mahnt eine sorgfältige Prüfung an, ob eine solche Staffelung der Maut-Tarife rechtlich möglich ist. Was ihn jedoch am meisten überrascht hat, ist der Plan Dobrindts, die Maut auch auf Landestraßen und kommunale Straßen auszudehnen. Damit soll verhindert werden, dass Autofahrer wegen der Vignetten-Pflicht auf Autobahnen auf andere Straßen ausweichen. Der Minister habe damit zwar einen Konflikt gelöst, aber zugleich einen neuen geschaffen. Denn wenn die Maut auch Landestraßen und damit die Länder betrifft, muss bei dem Gesetzgebungsverfahren auch der Bundesrat beteiligt werden. Und damit kommen auf Dobrindt neue Probleme zu. Im Bundesrat haben Union und SPD keine eigene Mehrheit, und die Grünen haben ein Wörtchen mitzureden.

Und Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat stets deutlich gemacht, was er von der Maut hält: nämlich nichts. „Die EU-Kommission meldet Bedenken an, die Nachbarländer drohen mit juristischen Schritten. Und auch finanziell lohnt es sich nicht“, sagte Hofreiter am Wochenende. „Der Großteil der Mehreinnahmen durch die Maut wird am Ende vom neu geschaffenen dobrindtschen Bürokratiemonster verschlungen.“ Für die Zukunft der Infrastruktur in Deutschland wäre das aus Sicht der Grünen fatal. Vielerorts sei der Zustand von Straßen, Brücken und Eisenbahnstrecken schon heute inakzeptabel, sagte Hofreiter. Ländern und Kommunen aber fehlt oft das Geld für die Sanierung ihrer Infrastruktur.

Daher könnte den Ländern die geplante Ausweitung der Maut auf das gesamte Straßennetz und die damit verbundenen Ansprüche ganz gelegen kommen. Reinhard Meyer (SPD), Verkehrsminister von Schleswig-Holstein und derzeit Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz von Bund und Länder, stellte bereits erste Forderungen, Länder und Kommunen an den Erlösen zu beteiligen. „Es muss einen Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Kommunen geben“, sagte Meyer. Schleswig-Holstein etwa könnte entsprechende Maut-Einnahmen nutzen, um damit sein Sondervermögen zur Verkehrsinfrastruktur-Sanierung in Höhe von derzeit 30 Millionen Euro aufzustocken. Die SPD kündigte an, sie werde Dobrindts Konzept „wohlwollend, aber kritisch“ prüfen. Dabei komme es auf jedes Detail an, erklärte Fraktionsvize Sören Bartol.

Geplant ist, dass die Maut ab 1. Januar 2016 erhoben wird. Die erhofften Mehreinnahmen sollen in einen neuen Topf fließen, aus dem Infrastrukturprojekte finanziert werden sollen. CSU-Chef Horst Seehofer forderte von CDU und SPD jetzt „Koalitionstreue“ bei den weiteren Schritten. „Jetzt erwarten wir, dass unsere Koalitionspartner auch unseren Verkehrsminister unterstützen – und nicht neue Hürden aufbauen“, sagte Seehofer.