Im Gegensatz zu Hamburg ist der Volksentscheid zum Stromnetz in der Hauptstadt gescheitert. Wie in der Hansestadt hatten die Regierenden vor einer Neuordnung gewarnt.

Berlin. Der Volksentscheid zur Neuordnung der Stromversorgung in Berlin ist am Sonntag nur äußerst knapp gescheitert. Zwar beteiligten sich 29,1 Prozent der rund 2,48 Millionen Stimmberechtigten – mehr als das mindestens notwendige Viertel der Wähler. Und es wurden 83 Prozent Ja-Stimmen bei 16,8 Prozent Nein-Stimmen gezählt. Dennoch erreichten die Initiatoren des „Berliner Energietisches“ das notwendige Zustimmungsquorum von 25 Prozent Ja-Stimmen damit nicht. Es lag schließlich bei 24,1 Prozent.

In dem abgelehnten Gesetzentwurf ging es um zwei zentrale Punkte: der Gründung von kommunalen Stadtwerken, um Strom aus erneuerbaren Energien zu produzieren und zu verkaufen sowie um die Gründung einer landeseigenen Netzgesellschaft, die das Stromnetz vom schwedischen Energieerzeuger Vattenfall zum 1. Januar 2015 übernehmen soll. Der Hamburger Volksentscheid am 22. September zu dieser Frage war erfolgreich gewesen.

Stefan Taschner, der Sprecher des Berliner Energietischs, sprach trotz der nicht ausreichend großen Zustimmung von einem „großen Erfolg“. Allein schon die Wahlbeteiligung habe gezeigt, dass den Berlinern die Energiepolitik sehr wichtig sei. Der Energietisch werde „in jedem Fall erhalten bleiben und weiter Druck machen“. Das vom Senat bereits gegründete Stadtwerk müsse jetzt weiterentwickelt werden und unter die Kontrolle eines Senators kommen, der sich wirklich darum kümmere. Die Initiative sei nur sehr knapp gescheitert. Er erwarte vom Senat jetzt, die Rekommunalisierung der Energieversorgung „mit aller Kraft voranzutreiben“.

Das Berliner Abgeordnetenhaus hatte zehn Tage vor dem Volksentscheid ein Konzept der SPD/CDU-Koalition beschlossen, wonach ein eigenes Stadtwerk gegründet werden soll. Die Opposition aus Grünen, Linken und Piratenfraktion stimmte geschlossen dagegen. Auch der Energietisch sieht dieses Stadtwerk als unzureichend an. Es sei zu klein und finanziell zu schlecht ausgestattet, so die Kritik. Zudem fehlten eine Bürgerbeteiligung im Verwaltungsrat und soziale Aspekte wie eine Energieberatung für Einkommensschwache.

Ähnlich wie in Hamburg hatten auch in der Hauptstadt SPD und CDU, Senat und Wirtschaftsverbände an die Wähler appelliert, beim Volksentscheid mit Nein zu stimmen. Sie halten den Gesetzentwurf des Energietischs in wesentlichen Teilen für überflüssig, in anderen für falsch.

Der Berliner Senat verwies darauf, dass das Land Berlin bereits ein Stadtwerk gegründet habe und es für das vom Energietisch geforderte Unternehmen keine Kontrollmechanismen gebe, obwohl die Steuerzahler für sämtliche Risiken haften müssen. Überflüssig ist laut Senat auch die Gründung einer landeseigenen Netzgesellschaft. Das Land Berlin beteilige sich mit dem Landesbetrieb „Berlin Energie“ bereits am laufenden Vergabeverfahren für das Stromnetz. Eine neu gegründete Netzgesellschaft hätte sich an der Ausschreibung nicht beteiligen können.

Größte Zustimmung in Friedrichshain-Kreuzberg

Die größte Beteiligung und Zustimmung wurde am Sonntag in Friedrichshain-Kreuzberg registriert, die niedrigste Beteiligung in Marzahn-Hellersdorf und Spandau. Die geringste Zustimmung gab es in Spandau, gefolgt von Marzahn-Hellersdorf und Reinickendorf. Landeswahlleiterin Petra Michaelis-Merzbach sprach von einer sehr spannenden Abstimmung. Das Ergebnis sei nicht absehbar gewesen.

Im Februar 2011 hatten rund 679.000 Berliner oder 27,5 Prozent aller Wahlberechtigten am Volksentscheid über die Offenlegung der Verträge zum Verkauf der Berliner Wasserbetriebe teilgenommen. 98,2 Prozent stimmten damals mit Ja. Davor waren zwei Volksentscheide zur Offenhaltung des Flughafens Tempelhof und zu einem Wahlpflichtfach Religion gescheitert.