Stolpernd auf die Zielgerade: Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin kämpft gegen Pädophilie-Debatte und sinkende Umfragewerte - auch bei einem seiner letzten Wahlkampfauftritte in Hamburg.

Hamburg. Es ist kein leichter Gang für Jürgen Trittin in diesen Tagen. In der entscheidenden Phase des Wahlkampfs hat die Pädophilie-Debatte nicht nur die Grünen eingeholt, sondern auch ihren Spitzenkandidaten. So ist dem 59-Jährigen die Kritik an seiner Person anzumerken, als er am Mittwochabend vor etwa 350 Anhängern im Hamburger Stadtpark eintrifft. Trittin wirkt angeschlagen und müde. Doch er kämpft vier Tage vor der Bundestagswahl, attackiert den politischen Gegner beinah wie eh und je. Er scherzt ein wenig, lächelt hin und wieder und sagt mit fester Stimme: „Sorgen Sie für ein sehr gutes Hamburger Grünen-Ergebnis. Sie helfen mir damit.“

Das traditionsreiche Landhaus Walter haben sich die Grünen für ihren Wahlkampfhöhepunkt ausgesucht. In einem Zelt im Biergarten sollte zum Endspurt bis zur Wahl am Sonntag aufgerufen werden – noch einmal alle Kräfte mobilisieren und gegen die ohnehin sinkenden Umfragewerte ankämpfen. Stattdessen müssen sich Trittin und seine Wegbegleiter seit der Veröffentlichung der Ergebnisse des Parteienforschers Franz Walter erklären: Für ein Göttinger Kommunalprogramm von 1981, in dem unter anderem Straffreiheit für angeblich einvernehmlichen Verkehr mit Minderjährigen gefordert wurde, zeichnete der heutige Fraktionsvorsitzende im Sinne des Presserechts verantwortlich.

Von der Hamburger Landeschefin Katharina Fegebank und der Direktkandidatin Anja Hajduk begrüßt, betritt Trittin um 19.32 Uhr die Bühne. Er weiß, was seine Anhänger hören wollen, und kommt schnell auf die Pädophilie-Debatte. „Wir haben viel zu lange die falsche Haltung eingenommen“, sagt Trittin und distanziert sich abermals von der Forderung von 1981. Sie sei falsch gewesen. Es gebe keine Form einvernehmlicher Sexualität zwischen Erwachsenen und Kindern, die kein Missbrauch sei. Die Grünen müssten sich vorwerfen lassen, solche Ansätze zu lange zugelassen zu haben. Mittlerweile jedoch vertrete man diese Positionen schon seit 25 Jahren nicht mehr. Zudem habe man mit Walter einen kritischen Wissenschaftler gefunden, der die Geschichte „schonungslos und rücksichtlos“ aufarbeiten werde.

Die eigentlichen Themen der Grünen, über die Trittin an diesem Abend auch spricht – wie Mindestlohn, Mietpreisbremse und Steuergerechtigkeit –, sind in den Hintergrund gerückt.