Brandenburgs Ministerpräsident zieht Konsequenzen aus seinem Schlaganfall im Juni und übergibt die Amtsgeschäfte am 28. August an SPD-Freund Dietmar Woidke.

Potsdam. Lange schien es, als wolle er die Alarmsignale nicht beachten. Jetzt aber hört er doch auf seinen Körper: Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hat wegen seines Schlaganfalls im Juni seinen Rücktritt angekündigt. Am 28. August will der 59-Jährige die Amtsgeschäfte an den bisherigen Innenminister Dietmar Woidke (SPD) übergeben. Sein Landtagsmandat möchte er behalten.

Platzeck sagte am Montagabend in Potsdam, sein Arzt habe ihm dringend zum Rückzug geraten. „40 bis 50 Stunden kannst du gut und gerne arbeiten, aber 80 – vergiss es“, habe der Mediziner gesagt. Die Entscheidung, so Platzeck, sei ihm gleichwohl sehr schwergefallen. Er habe nach dem leichten Schlaganfall „die ganzen sechs Wochen mit mir gerungen“. Ein Rücktritt von einem hohen Amt sei „eine Lebensentscheidung und nicht so einfach aus dem lockeren Handgelenk zu treffen“. Er habe Politik immer mit Lust und Leidenschaft gemacht, sagte er sichtlich bewegt. Aber man dürfe „nicht anfangen, irgendwelche Unersetzlichkeitsgedanken zu hegen“. Demokratie sei immer nur „Machtverleihung auf Zeit“.

Platzeck war mehr als 20 Jahre lang einer der populärsten Politiker Ostdeutschlands. Legendär ist seine Rolle als allgegenwärtiger „Deichgraf“ bei der Oderflut von 1997. Ein Jahr später wurde er Oberbürgermeister von Potsdam. Seit elf Jahren regiert er in Brandenburg als Ministerpräsident mit wechselnden Koalitionen, zuletzt in einem rot-roten Bündnis. Die für die SPD verlorene Bundestagswahl von 2005 brachte ihn auch an die Spitze der Bundespartei. Mit fulminanten 99,4 Prozent wurde Platzeck zum SPD-Chef gewählt, doch die in ihn gesetzten Hoffnungen erfüllten sich nicht. Nach nur fünf Monaten im Amt gab er den Vorsitz im April 2006 wieder ab – nachdem er mehrfach Hörstürze und einen Kreislaufzusammenbruch erlitten hatte.

Die angeschlagene Gesundheit beendet nun auch Platzecks Karriere als Landespolitiker früher als geplant. Er habe eigentlich bis 70 beruflich aktiv sein wollen, sagte Platzeck.

Verständnis aus Kollegenkreisen

Parteiübergreifend bekundeten Politiker ihr Verständnis. Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) sagte: „Ich habe die Entscheidung von Matthias Platzeck mit Respekt zur Kenntnis genommen.“ Er sei für sie nicht nur ein erfahrener Kollege, sondern auch ein Freund. Der schleswig-holsteinische Regierungschef Torsten Albig (SPD) sagte: „Der Rücktritt von Matthias Platzeck bedeutet einen großen Verlust an Menschlichkeit in der deutschen Politik. Er ist ein ganz besonderer Mensch, einer, der nie im Bermuda-Dreieck der Berliner Macht untergegangen ist.“

Platzecks designierter Nachfolger Woidke sprach von einem „bewegenden Moment“ und einer „sehr großen Herausforderung“. Der 51-Jährige war in den vergangenen Jahren einer der engsten Weggefährten Platzecks. Woidke sitzt seit 1994 im Brandenburger Landtag. Von 2004 bis 2009 war er Landesminister für Umwelt und Verbraucherschutz, von 2009 bis 2010 SPD-Landtagsfraktionschef. Seit Oktober 2010 ist er Innenminister.

Wer für Platzeck jetzt Nachfolger als Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg wird, ist noch unklar. Woidke sagte, er stehe dafür nicht zur Verfügung. Die milliardenteure Pannenserie um den BER hatte Platzeck zuletzt auch politisch belastet.