Der aus gesundheitlichen Gründen zurückgetretene Ministerpräsident und das Land brauchen den Neuanfang.

Viele Menschen halten sich an ihrem Arbeitsplatz für unentbehrlich. Für Politiker gilt das besonders. Dabei wissen alle, dass dem nicht so ist. Trotzdem wird weitergemacht – aus Pflichtgefühl, wegen des Selbstwerts, bei manchen vielleicht auch aus Eitelkeit und oft buchstäblich, bis der Arzt kommt. Wie jetzt bei Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck.

Warnsignale hatte es für den Sozialdemokraten in der Vergangenheit zur Genüge gegeben. Sie zwangen ihn immerhin nach 146 Tagen zum Rückzug vom SPD-Vorsitz. Aber ansonsten hat er in seinem Heimatland weiterregiert wie gewohnt. Denn einen geeigneten Zeitpunkt für Workaholic und Politjunkies aufzuhören, gibt es natürlich nie: Immer steht eine wichtige Entscheidung an, muss noch ein Projekt zu Ende geführt werden, steht die nächste Wahl vor der Tür. In Brandenburg sind es gleich zwei: die Bundestagswahl am 22. September und im kommenden Jahr die Abstimmung zum Landtag. Und tatsächlich galt der populäre und unprätentiös daherkommende Platzeck für die Sozialdemokraten als unentbehrlich. Selbst nach dem Debakel um den gemeinsam mit Berlin geplanten Flughafen BER blieb die SPD stärkste Partei. Auf so jemanden will man im Wahlkampf nicht verzichten – was den Betreffenden wiederum weiter anspornt.

Über Brandenburg wurde einmal gespottet, dass selbst ein Besenstiel für die SPD hätte antreten können, und er wäre gewählt worden. Dem war nie so. Die Erfolge der Partei waren immer eng an die Namen Manfred Stolpe und Matthias Platzeck geknüpft. Und hinter deren populärer Amtsführung gab es auch immer alte Seilschaften aus unseligen DDR-Tagen, Stasi-Verstrickungen und deren Bagatellisierung. Neben mühsamen wirtschaftlichen Fortschritten liegt die Last grandioser Fehlinvestitionen wie die Rennstrecke Lausitzring, die nie ein Formel-1-Rennen sehen wird, oder das Cargolifter-Projekt, unter dessen Kuppel sich heute Europas größtes Spaßbad befindet, auf dem Land.

Matthias Platzeck hat sich in der Politik aufgerieben und Erholung verdient. Seinem Land Brandenburg können neue Perspektiven auch nicht schaden.